Ohne Erlanger Berg: Schausteller an Pfingstsonntag

2.6.2020, 11:00 Uhr
Ohne Erlanger Berg: Schausteller an Pfingstsonntag

© Foto: Harald Sippel

Vorstellen konnte sich das niemand. Als die Absage der Bergkirchweih wahrscheinlicher wurde, stellte ich erstmals die undenkbare Frage: Was würdet ihr machen an Pfingsten ohne Berg? Daraufhin waren alle sprachlos, verzweifelt. Schausteller, Wirte und Musiker standen mitten in der Coronakrise vor einer ungewissen Zukunft. Jetzt ist sie Wirklichkeit. Hinter uns liegt ein Pfingstwochenende ohne Bergkirchweih. Es fühlt sich unwirklich an, falsch, als würde einen das schöne Wetter verhöhnen. Meinen Gesprächspartnern von damals geht es nicht anders. Ich habe sie am Pfingstsonntag besucht.

Es ist dieser wohlig-süße Duft, den jeder sofort mit einer Kirchweih verbindet. Aktuell weht er durch den Ebereschenweg. Direkt an einem Gartenzaun steht die bunte Bunde "Willis Mandeln", zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen Leute vorbei. Pfingstsonntag war ein guter Tag. "Aber natürlich ist das nicht mit einer Bergkirchweih zu vergleichen", sagt Nadja Kunstmann.

Sie betreibt eigentlich den Autoscooter neben dem Riesenrad. Momentan aber steht sie mit ihrer Schwester Jutta in der Süßwaren-Bude auf einem Privatgrundstück in Erlangen-Bruck. Noch hat die Stadtverwaltung den Schaustellern nicht erlaubt, ihre Geschäfte auf öffentlichen Plätzen aufzubauen. "Uns bleibt keine andere Wahl, als hier zu verkaufen", sagt Nadja Kunstmann. "Doch wir sind ganz glücklich, dass wir etwas zu tun haben."

In Bruck verbreiten die Kunstmanns damit ein bisschen Bergkirchweih-Flair, vor allem am Pfingstsonntag. "Das haben wir ganz oft gehört, wenn die Leute sich Mandeln oder Lebkuchenherzen bei uns geholt haben. Das bestätigt unsere Arbeit, das ist schön." Kinder aus der Nachbarschaft kommen fast täglich vorbei. "Die kennen wir schon."

Die Erlanger Schausteller-Familie Kunstmann ist froh, nicht mehr jeden Tag zu Hause sitzen zu müssen. Seit dem Muttertag steht das Süßwaren-Geschäft in Bruck. Sich zu Pfingsten trotzdem freie Tage zu gönnen, wäre Nadja Kunstmann im Traum nicht eingefallen. "Ich habe keinen Bezug zu Feiertagen."


Hommage an die Bergkirchweih: Wir werden dich vermissen


Pfingsten ist auch für die Schausteller das Haupt-Wochenende der Berg-Zeit, hier läuft das Geschäft. "Nach ein paar Tagen ist man fix und fertig", sagt Jutta Kunstmann. "Ich habe sonst während der zwölf Tage immer fünf Kilo abgenommen", sagt Schwester Nadja. "Als Chef bist du an vorderster Front."

Seltsam sei es nun, so früh Feierabend zu haben. "Wir kommen aus dem Geschäft raus, wenn es noch hell ist." Die Schausteller sind das nicht gewohnt, zur Kirchweih kommen sie morgens um 8.30 Uhr zu ihrem Stand und verlassen ihn erst nach Mitternacht wieder. Nadja Kunstmann lebt während der Saison in ihrem Wohnwagen, jetzt ist sie die gesamte Zeit daheim.

"Wir machen jetzt viel im Garten, ich habe Erdbeeren angepflanzt, das habe ich noch nie in meinem Leben gemacht." Die Schausteller entdecken ihr Zuhause neu, vermissen aber auch ihr normales Leben und ihre Schausteller-Kollegen, die sie seit Jahrzehnten auf den Festen treffen. Seit 100 Jahren gibt es den Schaustellerbetrieb der Kunstmanns, 72 Jahre "Willis Mandeln". Finanziell, glaubt Nadja Kunstmann, wird die Familie die Krise überstehen.

Fast wie am Berg: Infos und Öffnungszeiten

Willis Mandeln: Donnerstag bis Sonntag, 14 bis 19 Uhr im Ebereschenweg 3 in Erlangen-Bruck.

Steinbach Bräu: Biergarten-Betrieb täglich von 17 bis 22 Uhr, Vierzigmannstraße 4 in Erlangen.

Entlas Keller: Biergarten-Betrieb 11 Uhr bis 22 Uhr, An den Kellern 5-7 in Erlangen.

Abschluss mit den Moskitos: Zweistündiges Konzert mit "Lili Marleen" per Livestream aus dem Klimperkasten. Dabei sammelt die Band Spenden für die "Elterninitiative krebskranker Kinder in Erlangen": Montag, 8. Juni, 21 Uhr unter diesem Link.

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