Pionier der Produktions–Mechanisierung

4.2.2012, 00:00 Uhr
Pionier der Produktions–Mechanisierung

Auf dem Areal der heutigen Zahnklinik der Universität Erlangen-Nürnberg befand sich zwischen 1888 und 1939 die Bürstenfabrik Emil Kränzlein. Hier wurden kurioserweise unter anderem Zahnbürsten gefertigt.

Pionier der Produktions–Mechanisierung

© Bay. Wirtschaftsarchiv

Der Erlanger Bürstenmachersohn Emil Kränzlein (1850—1936) hatte 1873 seine im Vorjahr in Schwabach gegründete Bürstenfabrik nach Erlangen verlegt. Das größte Problem für das junge Unternehmen lag darin, Arbeitskräfte zu finden, die für die Arbeit in einer Fabrik geeignet waren. So war es gang und gäbe, zu spät oder tageweise gar nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen.

Doch Kränzlein gelang es mit einer durchdachten Kombination von Bestrafung und Belohnung, die Belegschaft unter Kontrolle zu bringen. Wer sein „Strafenkonto“ gering hielt, wurde am Jahresende finanziell belohnt.

Auf seinen Verkaufsreisen erkannte der Fabrikbesitzer, dass sich nur Qualitätsware gegen die französische und englische Konkurrenz durchsetzen würde und stellte daraufhin die Produktion um. Die Idee erwies sich als erfolgreich. Zehn Jahre nach der Betriebsgründung war er mit 60 Beschäftigten der größte Bürstenfabrikant Erlangens.

Widerstand der Handwerker

Um die Produktion effizienter zu gestalten und gleichzeitig den Qualitätsansprüchen Genüge zu tun, versuchte der Jungunternehmer schon früh, eine strenge Arbeitsteilung einzuführen. Dies stieß anfänglich auf den heftigen Widerstand der Handwerker im Betrieb, die es gewohnt waren, das Erzeugnis komplett herzustellen. Nur eine Teilarbeit zu verrichten, war für sie unter ihrer Würde, so dass einige die Fabrik verließen. Doch die Zerlegung in einzelne Arbeitsschritte war die Voraussetzung für die Mechanisierung der Produktion, die der Unternehmer zielstrebig vorantrieb. Auszeichnungen für die Qualitätsbürsten auf nationalen und internationalen Industriemessen gaben ihm Recht.

Dank des florierenden Geschäfts konnte Kränzlein 1888 an der Östlichen Stadtmauerstraße ein eigenes Betriebsgelände erwerben und bis 1893 ständig vergrößern. Man fertigte Kleider-, Schuh-, Haar-, Hunde-, Bade-, Sauna-, Hutkrempen-, Schnurrbart- und viele andere Bürsten, die man nicht nur in Europa, sondern auch in Übersee absetzte.

Im Jahr 1896 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft überführt. Man kaufte und entwickelte Patente zur Bürstenherstellung und erweiterte das Geschäft um einen Toilettenartikelhandel. 1904 erwarb man das Patent der „Ideal Hygienque“, eine Erfindung des polnischen Arztes Zielinsky. Die unter dem Namen „Ideal Zett“ vertriebene, anatomisch geformte Zahnbürste war der Verkaufsschlager der Fabrik.

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg erreichte das Unternehmen mit 527 Beschäftigten, darunter 135 Heimarbeiterinnen, den Zenit. Für seine Verdienste wurden Kränzlein die Ehrenbürgerwürde der Stadt Erlangen und der Titel „Geheimer Kommerzienrat“ verliehen.

1939 musste das inzwischen schwer angeschlagene Unternehmen das Betriebsgelände an die Firma Gossen verkaufen. Die letzte Bürste wurde 2007 in der ausgegliederten Ideal Zett GmbH gefertigt.

Öffnungszeiten des Stadtmuseums: Di./Mi. 9 bis 17 Uhr, Do. 9 bis 13 und 17 bis 20 Uhr, Fr. 9 bis 13, Sa. und So. 11 bis 17 Uhr.

 

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