Gewalt vermeiden

Präventions-Programm "Faustlos" startet in ERH

16.10.2021, 13:48 Uhr
Georg Ballmann, Geschäftsführer der Frederik und Luca Stiftung gGmbH, hat im Landkreis ERH eine Gewaltpräventions-Initiative gestartet.

© privat, NN Georg Ballmann, Geschäftsführer der Frederik und Luca Stiftung gGmbH, hat im Landkreis ERH eine Gewaltpräventions-Initiative gestartet.

Nun wurde im Landkreis Erlangen-Höchstadt das zweite Schwerpunktprojekt der Stiftung gestartet: "Faustlos" setzt in den Kindergärten, Kindertagesstätten und Horten an und wird von der Stadt- und Kreissparkasse Erlangen Höchstadt Herzogenaurach unterstützt. Georg Ballmann, Vater des gewaltsam ums Leben gekommenen Luca, wirkt als Geschäftsführer der "Frederik und Luca Stiftung" und erklärt die Hintergründe. "Die Zahl der Kriminalfälle geht zwar jedes Jahr zurück, die Gewalttaten bleiben aber auf einem hohen Niveau.

42 Prozent der Täterinnen und Täter sind 25 oder jünger", weiß Ballmann - und rechnet vor: "Unter dem Strich bedeutet das, dass zehn Prozent der Bevölkerung fast die Hälfte aller Gewalttaten hierzulande begehen." Aus diesem Grund gelte es, mit Präventionsmaßnahmen möglichst früh anzufangen. "Wir gehen mit dem Projekt 'Faustlos' in die Kindergärten und Kindertagesstätten, weil die Rückmeldungen der Betreuerinnen und Betreuer uns gezeigt haben, dass es auch hier bereits eine spürbare Zunahme der Gewalt gibt", führt Ballmann aus.

Kindheit so gewaltfrei wie möglich

Der Stiftung geht es darum, dass Kinder so gewaltfrei wie möglich aufwachsen, dass schon in den ersten Lebensjahren Ideale wie Toleranz und Akzeptanz vermittelt werden und dass das bürgerschaftliche Engagement gegen alle Formen der Gewalt aktiviert wird. Deshalb wollen Ballmann und seine Mitstreiter "prägend eingreifen", solange die Weichen noch nicht endgültig gestellt sind. "Ist ein Jugendlicher oder junger Erwachsener erst einmal straffällig geworden, dann ist erfahrungsgemäß die Rückfallquote sehr hoch", führt Ballmann aus.

Ursachen gebe es viele, darunter die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich oder die Beliebtheit gewaltverherrlichender Spiele ("Ego-Shooter") bei Kindern und Jugendlichen. Die Analyse von Amokläufen an US-amerikanischen Schulen belege dies.

Ursprung in den USA

Auch das Projekt "Faustlos", bei dem pädagogische Fachkräfte in Sachen Gewaltprävention geschult werden, kommt laut Georg Ballmann ursprünglich aus den USA, wo es den Namen "Second Step" ("zweiter Schritt") trägt und in den 1990er Jahren ins Leben gerufen wurde. "Anfang der 2000er adaptierte die Heidelberger Universität das Programm für deutsche Verhältnisse; in diesem Zusammenhang wurde auch das Heidelberger Präventionszentrum gegründet", erzählt Georg Ballmann.

Aus diesem Präventionszentrum rekrutieren sich auch die Trainerinnen und Trainer, welche die "Faustlos"-Workshops für das Personal der Kindertageseinrichrungen abhalten.

Untermain, ERH und Nürnberg als Schwerpunkte

Verortet sind Stiftung und zugehöriger Förderverein im mainfränkischen Elsenfeld, wo Georg Ballmann lebt und "vernetzt ist". Deshalb wird die Stiftung auch parallel in drei "Schwerpunktregionen", wie sie Georg Ballmann nennt, tätig: am bayerischen Untermain, im Kreis Erlangen-Höchstadt, weil Luca und sein Freund Frederik hier lebten, und in Nürnberg, wo die Tat geschah. In Elsenfeld und Umgebung liefen auch die ersten Aktionen der Stiftung. Ein sehr wichtiger Unterstützer der Stiftungsaktivitäten in Mittelfranken ist der 1. FCN.

Gemeinschaftsveranstaltung mit dem "Club"

Nachdem Corona die Aktivitäten der "Frederik und Luca Stiftung" zeitweise bis fast zum Stillstand herunterbremste, soll nun Anfang 2022 eine Gemeinschaftsveranstaltung mit dem "Club" auf dessen Vereinsgelände das Thema "Gewaltprävention" vermitteln und vertiefen. "Dass wir ein solches Zugpferd haben, ist mit Geld nicht zu bezahlen", betont Georg Ballmann. In Mainfranken laufen mittlerweile Präventions-Projekte auch an Gymnasien.

In anderthalb Jahren 100.000 Euro gesammelt

Mit Hilfe des Fördervereins konnte die "Frederik und Luca Stiftung" in den anderthalb Jahren ihres Bestehens schon gut 100.000 Euro sammeln. Mitglieder - mittelfristig sollen es 1000 werden - zahlen 50 Euro im Jahr, die sie auch beim Finanzamt geltend machen können. "Was über den Förderverein hereinkommt, fließt unmittelbar in die Stiftung und ihre Projekte", verspricht Georg Ballmann. Auch dank Sparkassen-Unterstützung steht für das "Faustlos"-Projekt nach Ballmanns Angaben ein Gesamtbudget von 60.000 Euro zur Verfügung, aus dem nicht nur das Workshop-Team, sondern auch die Lehrmaterialien wie Schulungskoffer bezahlt werden. Der Landkreis als Kooperation

"Auf einen Erziehenden kommen im Durchschnitt acht Kinder", erläutert Georg Ballmann. Mit 500 über Gewaltprävention informierten Pädagoginnen und Pädagogen erreiche man also mindestens 4000 Kinder. Langfristig hofft Ballmann, im Kreis ERH zwischen 10.000 und 15.000 junge Menschen vom Pfad der Gewaltlosigkeit überzeugen zu können.

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