Projekt für Erlangen und Umgebung: Mit Earthship für die Zukunft bauen

17.2.2021, 10:30 Uhr
Projekt für Erlangen und Umgebung: Mit Earthship für die Zukunft bauen

© Repro: privat

Jetzt sucht die Gruppe Gleichgesinnter gemeinsam ein Grundstück im Umkreis von bis zu 15 Kilometern um Erlangen, um ihr Vorhaben zu verwirklichen. Zwischen 5000 und 10.000 Quadratmeter, also einen halben bis einen Hektar, brauchen sie für die Umsetzung ihres Plans. Als Idee hinter dem Ganzen steht das Konzept der "Earthships" des amerikanischen Architekten Michael Reynolds.

Der baute 1971 in New Mexiko sein erstes Haus aus Bierdosen. Später stieg er um auf anderen Abfall, alte Autoreifen zum Beispiel. Energieautark sind seine "Erdschiffe", die längst nicht mehr nur in Amerika stehen, sondern in vielen Ländern der Welt errichtet wurden. Tausend sollen es inzwischen sein, das erste in Deutschland wurde 2016 von der Gemeinschaft Schloss Tempelhof in Baden-Württemberg gebaut.

Gleichgesinnte kamen ins Gespräch

Der Erlanger Michael Krell war fasziniert von dem Konzept. Und er hat Gleichgesinnte gesucht und gefunden. Über ein soziales Netzwerk für Nachbarn, über den Kindergarten, über eine Website, auf der sich Baugemeinschaften gründen – so kam man ins Gespräch.

Gemeinsam fuhr man nach Schloss Tempelhof. Dort im Schwäbischen, zwischen Crailsheim und Feuchtwangen, hat Ende 2010 eine Gruppe Menschen aus München ein verlassenes Dorf gekauft. 120 Bewohner hat Schloss Tempelhof mittlerweile, vielfach wurde in den Medien über die Gemeinschaft berichtet. Eine eigene Bäckerei, eine Käserei, Imkerei, Schreinerei gibt es hier, einen Waldkindergarten und ein kleines Café. Und mittlerweile zwei Earthship-Gebäude.

Das Wichtigste: ein Grundstück finden

In oder bei Erlangen wollen Michael Krell und seine "Mitstreiter" nun ihre eigene Vision einer Gemeinschaft verwirklichen. Seit 2018 ist ihr Plan gereift – "wir sehen uns als Kerngruppe, die ein Konzept erarbeitet für eine Baugenossenschaft oder einen Verein", sagt Holger Blüch. Jetzt muss das Feinkonzept ausgearbeitet und, das Wichtigste, ein Grundstück gefunden werden.

Die Bauphase, so das heutige Ziel, soll 2023 beginnen. Bis zu 80 Personen sollen einmal zusammenleben, zwei Earthship-Häuser und mehrere kleine Häuser entstehen. Neben Gemeinschaftsbesitz ist auch Wohnraum im Privatbesitz vorgesehen.

Alle zwei Wochen treffen sie sich seit ein paar Jahren, derzeit allerdings nur auf digitalem Weg. Über ein Video-Tool läuft auch das Treffen mit den Erlanger Nachrichten ab. Wir kommunizieren via Bildschirm, jeder in seinem Haus oder seiner Wohnung, alles so ganz anders als das, was die künftige Gemeinschaft einmal sein soll.

Gemeinschaftsräume für alle

"Wir wollen alle mehr und enger zusammenleben, als das Nachbarn normalerweise tun", sagt Michael Krell. "Wir stellen uns das vor wie eine große Familie." Mit Gemeinschaftsräumen, also einem großen Wohn- und Esszimmer, wo sich alle begegnen. Gemeinsam genutzte Werkstätten soll es geben, vielleicht auch eine Sauna. Relativ klein hingegen soll der privat genutzte Rückzugsraum sein, zirka 20 Quadratmeter pro Person sind vorgesehen.

"Teilen ist ein großer Gedanke bei uns", sagt Michael Krell. Und Holger Büch verweist darauf, dass die Klimaziele, wie sie inzwischen auch von der Stadt Erlangen angestrebt werden, den Schluss nahelegen, "dass man mehr teilen muss, auch was Wohnraum angeht".

Alle, die an diesem Abend an der Videokonferenz teilnehmen, betonen, dass sie weder politisch noch religiös motiviert sind. Sie seien keine Sekte – diese Aussage vereint sie mit den Bewohnern von Schloss Tempelhof, die anfangs ebenfalls nach ihren Beweggründen gefragt worden waren.

Nachhaltig leben, ohne dogmatisch zu sein

"Es hat uns einige Zeit gekostet herauszuarbeiten, was uns verbindet", räumt Holger Büch ein.

Projekt für Erlangen und Umgebung: Mit Earthship für die Zukunft bauen

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Es sei der Wunsch, nachhaltig zu leben, "das Ganze aber nicht so dogmatisch zu machen, dass man keinen Spaß daran hat". Es grün und bunt zu haben, sei eine Quelle für Freude. Der Ort, an dem man lebt, solle es einem außerdem leicht machen, gemeinsam aktiv zu sein. "Wir wollen eine Struktur schaffen, die es ermöglicht, dass es zu möglichst vielen Begegnungen kommt, ohne dass es erzwungen wirkt."

"Wir wollen den Leuten zeigen, dass es jetzt schon möglich ist, die Klimaziele zu erreichen", sagt Karin Depner, die sich bei der Initiative "Klimaentscheid Erlangen" engagiert. Für Gerdi Düthorn, die beim Bund Naturschutz aktiv ist, ist wichtig, "dass wir schauen, was da draußen mit der Natur los ist, und dass wir uns danach richten". Oder anders ausgedrückt: "Wir bauen zwar, aber es bleibt Natur" – zwar nicht ganz, aber es sei eben doch etwas anderes als ein herkömmlicher Wohnblock. Und Manfred Schrenk ergänzt: "Wir wollen offen, inklusiv sein".

Offen für unterschiedliche Menschen: Sie selbst jedenfalls sind eine Gruppe Menschen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund – vom Safety Manager in der Automobilindustrie über den Belüftungsingenieur bis hin zur ehemaligen, inzwischen in Rente befindlichen Sozialarbeiterin. Ein Architekt allerdings ist (noch) nicht dabei.

Flankiert durch Forschung

"Wir hoffen auf eine Gemeinde, die das Potenzial in unserem Vorhaben sieht und uns unterstützt", sagt Michael Kress. "Auch beim Genehmigungsweg." Der ist bei experimentellem Wohnen nicht immer ganz unkompliziert. "Undogmatisch orientieren wir uns am Earthship, behalten uns jedoch Anpassungen und Diversität der Gebäude vor", schreiben die Erlanger auf ihrer Homepage.

Und: "Unsere Bauvorhaben sollen von der Planungsphase an durch Forschungskooperationen flankiert und öffentlich zugänglich dokumentiert werden." Am 23. Februar erhalten sie Gelegenheit, sich dem Bau- und Verkehrsausschuss des Baiersdorfer Stadtrats vorzustellen.

www.elomaa.de 

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