Puckenhof: Wie in einer Familie

19.12.2020, 15:29 Uhr
Puckenhof: Wie in einer Familie

© privat

Doch wie das Fest in diesem Corona-Jahr in der Anlaufstelle ausfällt, weiß Leiter Martin Burda noch nicht so ganz genau. Sein Team und er müssen nach Verkündung des neuerlichen harten Lockdowns aber nur kurz auf entsprechende Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung warten. Beim letzten Herunterfahren des öffentlichen Lebens im Frühjahr galt die Einrichtung des Evangelischen Jugendhilfeverbundes für mehr als 100 Schützlinge als systemrelevant und musste nicht schließen. Diesmal ist es genauso. Eine Notbetreuung ist sichergestellt.

Weitläufige Anlage

Denn die weitläufige Anlage in Buckenhof (Landkreis Erlangen-Höchstadt), zu der unter anderem ein Förderzentrum und eine Extra-Schule gehören, ist für die meisten jungen Bewohner und Bewohnerinnen mehr als eine Bildungseinrichtung oder ein Kinderhort. Manche sind tagsüber in den heilpädagogischen Stätten untergebracht, andere wiederum wohnen dort und fahren nur alle paar Wochen nach Hause.

Vielschichtige Gründe

Die Gründe, weshalb die Kinder in den "Puckenhof" kommen, sind vielschichtig: Sie haben Eltern, die mit der Erziehung überfordert sind oder an psychischen oder physischen Erkrankungen leiden. Manche wurden zu Hause missbraucht oder körperlich misshandelt, andere vernachlässigt. "Wir können die Kinder nicht einfach nach Hause schicken, sie sind ja aus schwerwiegenden Gründen bei uns", sagt daher der Sozialpädagoge, "es geht nicht nur um die Betreuung, sondern um die Entwicklung und die Abwendung von größeren Gefahren, die eventuell im Elternhaus drohen."

Kontakt ist wichtig

Dass Kinder gar nicht nach Hause fahren wollen oder dürfen, sei aber eher die Ausnahme. Der Kontakt zwischen Kindern und Eltern ist wichtig, vor allem an Familienfesten wie Weihnachten. "Wir gehen schon davon aus, dass etliche Kinder an den Feiertagen trotz Pandemie heimfahren, die Eltern sind ja ihre Bezugspersonen", erläutert Burda, "wir ersetzen die Familie nicht, sondern ergänzen sie." Es sei absolut notwendig, dass sie Mutter, Vater und auch ihre Geschwister sehen.

Falls aber das Infektionsgeschehen im schlimmsten Fall den Kindern, die eigentlich über die Feiertage nach Hause fahren wollen und sollen, doch in diesen unsicheren Zeiten einen Strich durch die Rechnung macht, wäre das für sie "sehr schwierig", so Burda.

Pandemie ist zusätzliche Belastung

Die Pandemie-Ausnahmesituation ist schon für Kinder aus sogenannten geregelten Verhältnissen schwierig. "Für unsere Kinder ist das eine zusätzliche Belastung, die man ganz deutlich merkt, sie sind grundsätzlich verunsichert und auch nicht so stabil in ihrer ganzen Einordnung der Umwelt. Die jetzige Lage bringt sie noch mehr durcheinander", sagt er, "umso mehr sind sie jetzt angewiesen auf klare Angaben." Man müsse ihnen ganz deutlich sagen, wie gefährlich das Coronavirus ist und wie man sich davor schützen könne. Wenn man sie mit Informationen versorgt, halten sie die Regeln auch alle gut ein und reagieren voller Verständnis, erläutert der 54-Jährige. Wie es aber mit der Beachtung der Corona-Maßnahmen aussieht, wenn die Kinder heimfahren, will Burda nicht verallgemeinern: "Es gibt sicher Eltern, die die Hygienevorschriften laxer nehmen, aber ebenso welche, die das streng handhaben."

Sicherheitsmaßnahmen strikt umgesetzt

Im "Puckenhof" selbst werden die Sicherheitsmaßnahmen strikt umgesetzt, Kinder aus unterschiedlichen (Wohn-)Gruppen spielen zu unterschiedlichen Zeiten auf dem Fußballfeld vor dem ehemaligen Schloss, die Kinder tragen Maske, überall stehen Desinfektionsspender.

Bislang hat die Umsetzung der Hygieneregeln auch gut geklappt: Klar musste der eine oder andere Lehrer oder Erzieher schon einmal in Quarantäne und ist damit ausgefallen. Doch mit dem Sars-CoV-2-Virus habe sich seit Beginn der Pandemie erst eine Mitarbeiterin nachweislich infiziert, sagt Burda. Bei diesem Fall im Frühjahr sei es auch zu keinen weiteren Ansteckungen gekommen.

Zuletzt hat Burda am vergangenen Montag von einem positiv getesteten Kind aus der Tagesstätte erfahren, das allerdings zum Zeitpunkt des Testergebnisses ohnehin bereits bei seiner Familie war. "Das hat keine großen Auswirkungen auf den Betrieb."

Was der nun verschärfte Lockdown beispielsweise für Besucher bedeutet, kann der "Puckenhof"-Leiter Mitte Dezember noch nicht sagen. Auch Schnelltests hat die Einrichtung bisher noch keine kostenfrei (vom Landkreis) erhalten: "Die müssten wir selber bezahlen", sagt Martin Burda und ergänzt: "Selbst wenn wir welche hätten, würde uns doch das medizinische Personal für die Testungen fehlen."

Bescherung unter dem Baum

Doch zumindest eines soll in diesem Jahr möglichst so sein wie bisher: nämlich das Weihnachtsfest in der Einrichtung selbst. Die Kinder, die im "Puckenhof" bleiben, feiern mit ihren Betreuern den Heiligen Abend (fast) wie immer: mit Christbaum, besinnlichen Liedern und Geschichten, gemeinsamem Essen und Bescherung.

Besondere Hygienevorschriften sind da nicht nötig. Gilt doch eine Wohngruppe nach den Infektionsschutzbestimmung wie eine Hausgemeinschaft - oder eben wie eine richtige Familie.

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