Reicht Schutz vor Spionage in Hochschulen und Firmen aus?

28.7.2015, 11:30 Uhr
Reicht Schutz vor Spionage in Hochschulen und Firmen aus?

© F.: Fuchs

Die Sicherheitsvorkehrungen bei Siemens sind den meisten bekannt — spätestens an den roten Schranken ist für Außenstehende die Reise vorbei. Schon die Zufahrt zum Gelände ist nur mit Anmeldung möglich, für den Zutritt zum Gebäude braucht man entweder einen Mitarbeiter-Ausweis oder eine Einladung. Besucher werden daraufhin an der Pforte abgeholt.

„Unsere Kontrollen beginnen schon am Zugang zum Areal“, sagt Regionalleiter Heinz Brenner. Auch jedes einzelne Büro muss nach Dienstschluss zu- und jeder Laptop in einem Schrank weggesperrt werden. Darüber hinaus sind die mobilen Computer mit mehreren Firewalls besonders geschützt.

Zudem ist zum Einloggen in den PC neben einem persönlichen Passwort auch die Mitarbeiter-Card notwendig. Akten und Schriftstücke müssen als Vorsichtsmaßnahme vor Diebstahl und Spionage am Abend ebenfalls von den Tischen verschwinden und gut verstaut werden.

Diese Vorkehrungen, sagt Brenner, seien allerdings Standard und hätten nichts zu tun mit den jüngsten Spionage-Vorwürfen gegen einen russischen Physiker. Er soll am Erlanger Max-Planck-Institut (MPI) für die Physik des Lichts im Auftrag des russischen Geheimdienstes SWR gearbeitet haben.

Dass der Beschuldigte offenbar ausgerechnet auf Siemens-Boden (das MPI befindet sich noch am Forschungszentrum an der Günther-Scharowsky-Straße) aktiv gewesen ist, sorge bei dem Elektronikunternehmen nicht für übertriebene Unruhe. „Wir haben keine Kenntnis darüber, dass die Person auch bei uns war“, erläutert Brenner. Allein die Tatsache, dass er sich auf Siemens-eigenem Gelände befunden hat, hätte ihm für den Zugang zu anderen Büros oder Gebäuden überhaupt nichts genutzt. Das betriebseigene Internet (Intranet) hätte er nicht einsehen können: „Das Netz bei uns ist ein völlig anderes als beim MPI.“

Werkstudenten und Siemens-Mitarbeiter selbst haben in ihren jeweiligen Abteilungen nicht uneingeschränkten Zugang zu allen Informationen. Jeder Siemensianer durchläuft ein so genanntes Sicherheitstraining, klassifiziert nach verschiedenen Sicherheitsstufen: „Wer Zugang zu welchen Informationen hat, hängt natürlich größtenteils von der Funktion ab“, sagt Brenner. Auch er wisse nicht, wie die Modelle des modernsten Generators oder des neuesten Computertomographen aussehen.

Für zeitlich befristete Mitarbeiter wie Werkstudenten sind die Zugänge noch beschränkter. „Sie können nur die allgemeinen Laufwerke ihrer Abteilungen abrufen — und meist diese nicht in vollem Umfang“, erklärt der Regionalleiter für die Standorte Erlangen/Nürnberg.

Für ausländische Mitarbeiter gelten in dem weltweit agierenden Konzern keine speziellen Einstellungskriterien: „Potenziell kann jeder ein Spion sein — das sind nicht immer Amerikaner oder Russen“, betont Brenner.

Ähnlich sieht das auch die Friedrich-Alexander-Universität (FAU), die derzeit etwa 650 ausländische Gastwissenschaftler aus 70 Ländern befristet beschäftigt.

Zwar warnen die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern in einer extra Broschüre vor möglichen Spionen aus besonders heiklen Ländern (wie Iran, Syrien, Pakistan oder Nordkorea). Als Forscher getarnte Spitzel könnten an deutschen Hochschulen versuchen, an Wissen etwa zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen zu gelangen. Besonders gefährdet sind der Broschüre zufolge unter anderem die Bereiche Biologie, Chemie, Informatik, Physik und Verfahrenstechnik.

Befürchtungen aber, dass es an der FAU zu einem ähnlichen Fall wie am MPI kommt, hat die Universität nicht, heißt es aus der Pressestelle. Gäste erhalten ohnehin nur begrenzten Zugang zu Informationen. Für eine Verschärfung der Kontrollen sieht die Universität daher keinen Grund.

Auch das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts will nach dem Zwischenfall die vorhandenen Vorkehrungen nicht verschärfen. „Unsere Sicherheitsmaßnahmen beinhalten den restriktiven Umgang mit vertraulicher Information und eine Passwort geschützte Ablage, zu der nur ausgewählte Mitarbeiter Zugang haben“, betont der Geschäftsführende Direktor, Professor Gerd Leuchs.

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