Diagnose Blutkrebs

Rüdiger Reichow will leben: Erlanger braucht dringend Stammzellenspende

Marcel Staudt

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19.3.2022, 17:58 Uhr
Rüdiger Reichow bei einer Radtour in der Nähe des Großglockners im September 2020.

© privat, NN Rüdiger Reichow bei einer Radtour in der Nähe des Großglockners im September 2020.

Rüdiger Reichow sieht gut aus. Er fühlt sich auch gut. In ein paar Wochen wird er 58 Jahre alt sein, hat auffällig wenige Falten, eine Glatze, drahtigen Körper und ein herzliches Lachen. Beim Gespräch mit dieser Redaktion tippt er sich mit zwei Fingern auf den Oberarm: "Das sind noch richtige Muskeln", sagt er, "als einer der wenigen Männer in meinem Alter habe ich immer noch Idealgewicht".

Man sieht es Reichow nicht an, dass er zwei Chemotherapien hinter sich hat. Er fühlt sich auch nicht so. Aber es ist ihm immer bewusst. "Ich würde lieber etwas älter aussehen, wenn ich dafür gesund wäre", sagt der Erlanger.

Ehrgeiz in Sport und Beruf

Bis zu seiner Erkrankung hatte Reichow seine Lebensqualität aus zwei Säulen gezogen. Der promovierte Elektrotechniker war als Projektmanager für Framatome tätig, und zwar rund um die Welt. Alleine in Brasilien blieb er dreieinhalb Jahre. Reichow hatte ein Faible für die besonders schwierigen Fälle. Wenn die anderen nicht mehr weiterwussten, kam er. Er koordinierte Teams mit bis zu 100 Mitarbeitern, arbeitete wöchentlich auch mal 60 Stunden. "Dort, wo es richtig knallt, will ich die Anerkennung haben", sagt Reichow.

Die zweite Säule ist der Sport. Egal ob Volleyball, Klettern, Surfen, Laufen und vieles mehr - für jede Sportart ist Reichow zu begeistern. "Ich habe schon immer Sport gemacht", sagt er. Den ersten Marathon lief er in Brasilien Anfang des neuen Jahrtausends, darauf folgten diverse weitere Lauf-Wettkämpfe bis hin zum Triathlon. „Rüdiger ist andauernd in Bewegung“, sagt sein Freund und über zehn Jahre jüngerer Sportkollege Joachim Morbach über ihn, „er ist immer motiviert, sich im Wettkampf sportlich zu vergleichen. Aber gleichzeitig motiviert er andere mitzumachen und das auch mit viel Freude".

Diagnose: Blutkrebs

Doch im November vergangenen Jahres brechen die beiden Säulen und Reichows Körper zusammen. Der sonst so fitte 57-Jährige wirkt auf einmal schlapp, hat kaum Kondition. Nach einigen Untersuchung die schockierende Diagnose: Rüdiger Reichow hat Blutkrebs. Und dann ging es schnell: Die Ärzte leiten Chemotherapien ein. Schnell machen sich Nebenwirkungen wie Appetitslosigkeit bemerkbar. Eine zusätzlich auftretende Hirnblutung führte dazu, dass er über Weihnachten in der Klinik bleiben musste.

Anfangs hadert Reichow mit der Diagnose. "Es war furchtbar, ich war emotional in einer Sackgasse. Warum passiert das ausgerechnet mir, habe ich mich gefragt. Ich habe doch nie geraucht, trinke wenig Alkohol und mache viel Sport." Doch genau dieser gesunde Lebensstil sehen die Ärzte als Reichows große Chance: "Sie haben mir gesagt, dass andere Ende 50-Jährige deutlich schlechtere Aussichten hätten."

Reichow lebt weiter. Seinen Freunden gelingt es, ihn bei Treffen auf andere Gedanken zu bringen - Reichow geht raus, obwohl eine Corona-Infektion gerade für ihn und sein geschwächtes Immunsystem eine große Gefahr darstellt. "Aber ich kann mich doch nicht die ganze Zeit daheim verkriechen", sagt Reichow. Denn die Nächte sind schlimm genug: "Dann beginnen die Gedanken zu kreisen. Man fragt sich, was die Zukunft bringen wird."

Aufruf der DKMS

Im besten Fall bringt die nahe Zukunft einen Stammzellenspender. Rüdiger Reichow kann nur überleben, wenn es - irgendwo auf der Welt - einen Menschen mit nahezu gleichen Gewebemerkmalen gibt, der zur Stammzellspende bereit ist. Um die Suche nach einem „genetischen Zwilling“ für Reichow und andere Patienten zu unterstützen, ruft die DKMS zusammen mit Reichows Angehörigen auf, sich als potenzieller Stammzellspender zu registrieren. „Er hat den Kampf gegen den Blutkrebs erst mal angenommen. Es ist eine neue Herausforderung für ihn. Eine völlig andere als die bisherigen, aber gegen die stellt er sich. Und wir unterstützen ihn dabei,“ so Freund Joachim Morbach.

Reichow ist optimistisch. "Ich gehe davon aus, dass es jemanden geben wird. Aber zu 100 Prozent passt es nie. Je besser der Spender passt, desto besser sind die Aussichten, lange und ohne starke Medikamente zu leben." Momentan hält er sich mit einem Indoor-Fahrrad fit, Blutdruck und Puls werden während der Belastung stetig überwacht. Und er berät die Firma für ein paar Stunden pro Woche - was für Reichow eigentlich viel zu wenig Sport und Projektmanagement ist. "60 Stunden pro Woche arbeiten wird nicht mehr gehen", ist er sich bewusst. Aber die wichtigsten Routen der Tour de France mit Joachim radeln oder die Alpen überqueren, am besten mit seinen Kindern - das soll hoffentlich wieder möglich sein.

Rüdiger Reichow sieht gut aus. Er fühlt sich auch gut. Und vielleicht wird es ihm durch den Aufruf zur Stammzellenspende auch wieder gut gehen.

Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, kann Rüdiger Reichow und anderen Patienten helfen und sich mit wenigen Klicks über www.dkms.de/ruediger die Registrierungsunterlagen nach Hause bestellen.

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