Schätze des Stadtarchivs Baiersdorf sind gehoben

11.8.2019, 14:30 Uhr
Schätze des Stadtarchivs Baiersdorf sind gehoben

© Dieter Köchel

Nach zwei Monaten intensiver Arbeit ist es soweit, Gerd Berghofer hat das Archiv von 1530 bis 1936 durchforstet und ein durchsuchbares Verzeichnis erstellt. In den zwei Monaten hat er zusammen mit einer Mitarbeiterin die verstaubten Akten gereinigt . "Da war schon viel Staub dran", lacht er, "das ging gar nicht zu 100 Prozent runter." Zum Teil habe man die Dokumente erst lesen können, nachdem man sie abgesaugt habe.

Aber die Mühe hat sich seiner Ansicht nach gelohnt. Und Berghofer kann das beurteilen. Er ist selbst ehrenamtlicher Archivar in seiner Heimatgemeinde Georgensgmünd. "Es war der erste Schritt, die historischen Schätze im Baiersdorfer Stadtarchiv zu heben", sagt er; denn man habe nicht gewusst, was wo zu finden ist. Reiche Bestände vor allem polizeilicher Akten aus dem 19. Jahrhundert hat er aufgestöbert. Dabei ging es um Delikte wie handwerklichen Pfusch, alkoholbedingte Exzesse oder Konkubinat alias "Winkelehe", vor 50 Jahren noch als "Bratkartoffelverhältnis" tituliert, heißt: nichteheliches Zusammenleben. Je nach Fall sei das unterschiedlich geahndet worden, erzählt Berghofer.

Das Besondere in Baiersdorf: Wo man in anderen Archiven vielleicht auf einen Fall von Konkubinat stoße, seien es hier fünf, sechs sieben. Und das gelte nicht nur für die Polizeiakten, sondern für das gesamte gesellschaftliche Leben in der Meerrettichstadt im 19. Jahrhundert. Da sei er auf Meisterwerdungsgesuche gestoßen aber auch auf Legitimationsgesuche für Viehhandel und vieles mehr. Insofern könnte das Stadtarchiv in Baiersdorf eine Fundgrube für Sozialwissenschaftler, aber auch Historiker werden, mutmaßt er.

Auch wenn Berghofer kein einzelnes Dokument herausheben will — mehrfach habe er ein "boa" hervorgestoßen, weil er etwas sehr Interessantes entdeckt hatte — habe ihn ein Akt doch besonders beeindruckt. Ein Baiersdorfer, erzählt er, "ist wegen seines Verhaltens nach Dachau ins Konzentrationslager geschickt worden". Begründung: "Man muss ihn läutern." Das sei ihm aufgefallen, weil "wir ja Konzentrastionslager mit Tötungslager gleichsetzen", sagt er.

Da wäre es spannend herauszufinden, was aus dem Baiersdorfer geworden ist, ob er nicht doch ermordet wurde oder ob er aus dem KZ zurückgekommen ist. Dieser Art gibt es laut Berghofer viel Ansätze, um an anderer Stelle weiterzuforschen.

Natürlich finden sich auch einige ältere Dokumente, das älteste stammt von 1530. Besonders imponiert hat den Ordner des Archivs aber das breite Dokumentenangebot des 19. Jahrhunderts.

Jetzt geht es weiter mit der Geschichte ab 1937 bis zur aktuellen Registratur. Und auch sonst, so Jürgen Bauch aus dem Bauamt, wird sich etwas ändern. Man wird für ein geeignetes Raumklima im Archiv sorgen müssen. Und der Stadtrat wird wohl eine Archivsatzung beschließen müssen.

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