,Sich als Petrus oder Judas fühlen‘

10.3.2010, 00:00 Uhr
,Sich als Petrus oder Judas fühlen‘

© Weigert/oh

»In dem Werk spielt das Volk ja eine besonders tragende und treibende Rolle», sagt Antje Langnickel, Gründerin und künstlerische Leiterin des Ensembles Belcanto. »Das versuchen wir umzusetzen und durch Bewegung zu veranschaulichen.» Statt auf einem Podest statisch zu verharren, bewegen sich die rund 40 Sängerinnen und Sänger nach dem Konzept, das sich die Kirchenmusikerin und Stimmbildnerin mit Regisseur Helmut Konrad ausgedacht hat, mitten im Publikum, also vor, zwischen und hinter den Bänken. »Das ist eine mehrfache Herausforderung», erklärt die studierte Kirchenmusikerin, »denn hier kann sich keiner mehr in den Reihen seiner Stimmlage verstecken; alle kommen den Zuhörern sehr nahe.» Das weicht die Grenze zwischen Hörer und Sänger zumindest auf. Dank des veränderten Höreindrucks und der buchstäblichen »Chor-eografie» soll auch der Besucher fiktiv mit der aufgebrachten Menge verschmelzen. Und die fordert in der »Johannespassion» in aller Wucht den Tod des scheinbar anmaßenden und doch so ergebenen Messias.

Widerstreitende Interessen

»Jeder im Raum kann sich so leichter als Pilatus, Petrus oder gar Judas fühlen», erwartet Langnickel und setzt darauf, dass mit dem gesellschaftlichen Kontext in der Aufführung auch die Mechanismen von widerstreitenden Interessen, Angst, Versagen, Mut, Selbstüberschätzung und Erkenntnis plastischer hervortreten. »Bachs dichte Musik zeichnet all das dramatisch nach», betont die Chorleiterin. Aus der Musik heraus entwickele sich auch die Form chorischen und solistischen Agierens. Die vier Gesangssolisten sind in ihrer Deutung dann diejenigen, die von der Menge immer wieder mitgerissen werden, aber noch zur Reflexion fähig sind. Umgekehrt wird auch die Menge zum Spielball widerstreitender Interessen. woh/en

Weitere Informationen unter Tel. 09 11/5 80 85 20 oder im Internet unter www.ensemble-belcanto-nuernberg.de, Karten im Vorverkauf bei »erlangen ticket».