Siemens will Krankenhaus-IT an Cerner verkaufen

7.8.2014, 06:00 Uhr
Bildgebende Diagnoseverfahren und klassische Krankenhaus-IT wachsen immer mehr zusammen, daraus ergeben sich neue Geschäftsfelder.

© Bertrand Langlois/afp Bildgebende Diagnoseverfahren und klassische Krankenhaus-IT wachsen immer mehr zusammen, daraus ergeben sich neue Geschäftsfelder.

Siemens hat das früh erkannt und Milliarden in Krankenhaus-Software investiert. Ein lukratives Geschäft wurde daraus aber nie. Jetzt wird der Bereich an den US-Konkurrenten Cerner abgestoßen.

Siemens hat das vermeintlich lukrative Geschäftsfeld der Krankenhaus-IT noch zu Zeiten von Konzernchef Heinrich von Pierer im Jahr 2000 mit dem Kauf des amerikanischen Unternehmens Shared Medical Systems aufgebaut. Kaufpreis: 2,1 Mrd. Dollar - es war damals für Siemens die teuerste Neuerwerbung seit über einem Jahrzehnt. Zusätzlich wurden in den vergangenen 14 Jahren erhebliche Summen investiert.

Doch der Erfolg ließ sehr zu wünschen übrig, wie Insider sagen. Das erhoffte Wachstum stellte sich nicht ein, die Profitabilität blieb weit hinter den Erwartungen zurück.

Und so räumt denn auch der heutige Medizintechnik-Vorstand Hermann Requardt ein: "Wir mussten feststellen, dass der Geschäftserfolg unserer Krankenhausinformationssysteme nicht immer mit dem der Wettbewerber Schritt halten konnte." Zukünftig wolle man sich auf den Ausbau von Informationssystemen konzentrieren, "die unser Labor-, Bildgebungs- und Therapiegeschäft stützen".

Zu den deutlich erfolgreicheren Wettbewerbern gehört eben auch US-Konkurrent Cerner, für den die Krankenhaus-IT der Kernbereich des Geschäfts schlechthin ist. Das Unternehmen wurde 1997 gegründet und beschäftigt fast 13.000 Mitarbeiter, davon über 2000 außerhalb der USA. Der Umsatz lag 2013 bei 2,9 Mrd. US-Dollar, das sind umgerechnet rund 2,15 Mrd. Euro.

In dem im US-Staat Pennsylvania angesiedelten Siemens-Bereich arbeiten weltweit 6000 Menschen, davon rund 600 in Berlin und an den bayerischen Standorten St. Wolfgang und Erlangen - allein in der Hugenottenstadt sind es nach Cerner-Angaben rund 150 Beschäftigte. Sie alle müssen sich nach Darstellung beider Unternehmen keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Für die Mitarbeiter in Deutschland wurden für die kommenden drei Jahre Vereinbarungen zur Beschäftigungs- und Standortsicherung abgeschlossen.

Garantie für Mitarbeiter

Holger Cordes, Cerner-Geschäftsführer für Zentraleuropa, bekräftigt, dass angesichts des weltweiten Wettbewerbs um Talente ein "ganz wesentlicher Aspekt des Deals war, uns die hohe Qualität der engagierten, loyalen und fähigen Siemens-Mitarbeiter in diesem Bereich zu sichern".

Die Strategie des US-Unternehmens, das seit 1992 auf dem deutschen Markt aktiv ist, sei eindeutig auf nachhaltiges Wachstum angelegt. Deswegen werde es eher zum Beschäftigungsaufbau kommen. "Es gibt definitiv keinen Plan, an den Standorten etwas zu verändern", unterstreicht Manager Cordes.

Der Verkauf steht vorerst unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Behörden, er soll im ersten Quartal 2015 abgeschlossen sein. Die Aufsichtsräte beider Konzerne haben bereits grünes Licht gegeben. So ganz will Siemens die Finger aber doch nicht vom Daten-Geschäft lassen. Bestandteil der Vereinbarung mit Cerner ist auch eine weitergehende Kooperation beider Unternehmen: Die Logik dahinter: Digitale Patientendaten aus Medizingeräten - das bleibt eine Domäne von Siemens - vermengen sich zunehmend mit den IT-Daten der Kliniken, da sind die Amerikaner stark.

Beide Unternehmen haben daher vereinbart, in dem Bereich gemeinsam in innovative Projekte zu investieren. "Die Projekte sollen Gesundheits-IT und Medizintechnik gezielt verbinden und somit dazu beitragen, dass Arbeitsabläufe und klinische Ergebnisqualität erheblich verbessert werden", erklärt Cordes. Siemens und Cerner bringen dazu jeweils bis zu 50 Mio. US-Dollar in diese Allianz ein, die vorerst auf drei Jahre ausgelegt ist.

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