So kämpfen Einzelhändler in Erlangen ums Überleben

23.10.2016, 10:00 Uhr
So kämpfen Einzelhändler in Erlangen ums Überleben

© Harald Sippel

Eines hört Brigitte Wullenweber immer wieder. "Das ist aber toll hier. Sind Sie neu?" Anfangs hat es die Unternehmerin noch überrascht, denn ihr Geschäft "Sine" in der Fahrstraße gibt es bereits seit dreieinhalb Jahren. Mittlerweile aber hat sich die 48-Jährige damit abgefunden. "Viele sagen mir, ich sei zu weit ab vom Schuss." Dabei ist die Fahrstraße gerade einmal fünf Gehminuten vom Hugenottenplatz entfernt. 2Zur Innenstadt gehört das für viele nicht mehr dazu. Warum, verstehe ich nicht."

Insgesamt hat Wullenweber schlicht zu wenig Kunden, muss auf ein gutes Weihnachtsgeschäft hoffen. "Diejenigen, die den Laden finden, sind begeistert. Aber viele wissen gar nicht, dass es uns gibt." Das liege auch daran, dass bei Aktionen wie der Sternennacht die Fahrstraße beispielsweise gar nicht eingezeichnet war. Erst auf Nachfrage wurde das nachgeholt. "Das City-Management und die Politik der Stadt lassen uns fallen."

Zwar ist Wullenweber Mitglied beim City-Management, fühlt sich gut betreut. Allerdings gebe es zu wenig Aktionen, die wirklich weiterhelfen. Es fehle zwar auch ein großer Parkplatz im Osten der Stadt, aber in der Fahrstraße seien die Bewohner-Parkplätze hinderlich für die Unternehmen. "Im oberen Teil sitzen alle draußen, können flanieren, weil die kein Auto vor der Nase haben."

Dort feiern am 26. November Hubert Nägel und das Team seines Ladens in der Oberen Karlstraße Geburtstag - mit den Kunden, künftigen und solchen, die es schon sind und den Veranstaltungskalender des Ladens per Mail erhalten. Zwei Jahre gibt es das Geschäft, das mit seiner Ecklage irgendwie auch zur Fahrstraße gehört. Dekoration und Veranstaltungen, so etwas muss sein, findet Nägel, "die Möbelhändler machen es uns vor".

Erlangen habe großes Potenzial, das bestätigen ihm auch die Gäste, die von weit her in die Ladeshalle kommen. "Sie lieben Erlangen." Um sie und auch Erlanger Kunden dazu zu bringen, in die Läden in der Fahr- und Oberen Karlstraße zu kommen, müsse man Anreize bieten. Wichtig sei, dass man dies fortlaufend mache.

Dies setze keine hohen Investitionen voraus, manchmal reiche auch die Idee, beispielsweise eine Hopfenlimo auszuschenken. Und noch etwas sei klar: "Wir werden es nur miteinander schaffen", sagt er mit Blick auf die anderen Geschäfte in der Oberen Karl- und der Fahrstraße.

Besonders bleiben, das ist auch das Rezept von Ellen Denner und ihren Gummibärchen-Fachhandel. "Man muss immer interessant sein und sich selbst neu erfinden." Seit 15 Jahren führt sie die "Villa Zuckerbunt" in der Fahrstraße. "Für mich ist das wie eine Spezialisten-Meile. Was man hier bekommt, kann man nicht mit dem Internet oder großen Einkaufsstraßen vergleichen." Dennoch gebe es Auf und Abs. Der Laden hat zwar viele Stammkunden. "Manche bleiben aktuell aber wegen der Baustellen weg."

Trödelmarkt schreckt ab

Bei großen Veranstaltungen wie dem Erlanger Herbst steht Denner zum Beispiel mit einem Stand in der Hauptstraße, anstatt ihren Laden zu öffnen. "Ich habe bei dem Eck hier hinten schon ein wenig resigniert." Ideen hat die Unternehmerin trotzdem. "Ein Wochenmarkt oder ein Foodtruck-Festival am Bohlenplatz." Was hingegen keine Kunden anlockt, sei der Trödelmarkt.

Das sehen viele Händler so. Ganz besonders betroffen sind Unternehmer direkt am Bohlenplatz. Rike Ott vom "Perlenmarkt" zum Beispiel. "Während des Flohmarkts parken alle in zweiter oder dritter Reihe, die Straßen sind dicht. Unsere Kunden bleiben da lieber weg." Kontrolliert werde selten.

Vor zehn Jahren war Ott noch Mitglied beim City-Management. "Wir haben viele Vorschläge gemacht, die sind abgeprallt. Große Aktionen finden nur in der Hauptstraße statt." Um zu zeigen, wie viele Geschäfte in dieser Ecke Probleme haben, hat die 49-Jährige eine Unterschriften-Aktion gestartet. 66 Unternehmer haben unterschrieben und bemängeln unter anderem, dass auf den bezeichneten Flächen der "Hierlang"-Kampagne bislang ihre Straßen gar nicht auftauchen würden. Das soll nun nachgeholt werden.

Zwar stimme es, dass der Unternehmer für sich selbst verantwortlich ist. "Aufgabe der Stadt sollte es aber auch sein, eine gewisse Kultur zu erhalten, eine Vielfalt und Einzigartigkeit." Ott weiß aus vielen Gesprächen mit anderen Ladenbesitzern: "Wenn das Weihnachtsgeschäft nichts einbringt, müssen sie schließen. Auch bei uns darf es nicht weniger werden." Das City-Management müsse "in die Pötte kommen. Hier hinten gibt es viele interessante, schnuckelige Läden", sagt Ott. Die Frage ist nur, wie lange noch.

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