Kunst, Geschenke und knallige Farben

So sieht das Büro von Erlangens Oberbürgermeister aus

11.8.2021, 06:00 Uhr
Pop-Art auf knallroter Wand: Diese Bilder hängen sozusagen im Rücken des Oberbürgermeisters.

© Harald Sippel Pop-Art auf knallroter Wand: Diese Bilder hängen sozusagen im Rücken des Oberbürgermeisters.

Am Freitagnachmittag, wenn das Rathaus wie leergefegt ist, da schaltet Florian Janik den riesigen Flachbild-Fernseher ein, auf dem sonst nur seine Videokonferenzen laufen. Wo an anderen Tagen Referenten sich mit ihm beraten, wo Balkendiagramme laufen und Diskussionen mit dem Corona-Krisenstab, da öffnet der Oberbürgermeister dann einen Musiksender. Er dreht die Lautsprecher laut und lehnt sich zurück. „Meistens läuft dann deutscher Hiphop, irgendwas, was gute Laune macht“, sagt er. Das erste Album von Seeed zum Beispiel. Dann geht es mit Musik ins Wochenende.

Möbel vom Vorgänger

Die ersten sechs Jahre im Amt saß Janik noch auf der anderen Seite seines Büros im ersten Stock des Rathauses am Schreibtisch. Der Blick auf die Bäume und den Rathausplatz war derselbe, aber die Büromöbel nicht. Sie waren schwarz gehalten, übernommen vom Amtsvorgänger. „Ich empfand es als falsch, als erste Amtshandlung das Büro umzugestalten.“ Pragmatismus war wichtiger, das Signal anzupacken – welche Farbe die Wand, welches Material der Stuhl hatten, war zweitrangig. „Aber es ist mir aufgefallen, dass die Möbel abgenutzt waren.“ Das Holz hatte Kratzer, die Stühle aus dem Besprechungsraum blieben, so Janik, an warmen Tagen fast am Rücken hängen, wenn man sich erhob.

Im Kopfstand

Florian Janik, ein junger Oberbürgermeister Bayerns, einer, der die Ärmel hochkrempelt oder, wenn es eine Yogagruppe von ihm wünscht, einen Kopfstand macht, auf den Stühlen seines CSU-Vorgängers? Das passte nicht. Ex-Oberbürgermeister Siegfried Balleis war auf den Stühlen schon gesessen, als Janik noch für die Jusos für den Stadtrat kandidierte. Der Wahlkampf-Flyer von damals, man erkennt ihn auf dem Foto kaum mehr, steht heute gerahmt auf dem neuen Schreibtisch. Und doch vergingen sechs Jahre und eine Wiederwahl, bis sich Florian Janik, mittlerweile 41 Jahre alt, aus dem Rathaus-Möbelkatalog die Tische und Schränke aus hellem, gemaserten Holz heraussuchte.

„Nicht so wichtig“, fand er das lange, „aber nach der Wiederwahl, da war es irgendwie an der Zeit.“ Neue sechs Jahre wird er diesen Arbeitsplatz nutzen, einen, bei dem die Tür, das ist ihm wichtig, für seine Mitarbeiter nicht nur symbolisch immer offen steht.
Janik sitzt nun vor einer knallroten Wand, „ich mag Farben, ich mag das Helle“, die Idee kam vom Kunstpalais. Von dort sind auch die zwölf Bilder Popart-Kunst, die in Reih’ und Glied hinter seinem Rücken hängen. Oft angesprochen werde er auf diese Wand, sagt Janik, es ist das erste und einzige, was man außer ihm in Videokonferenzen sehen kann.

Blick auf die Familie

Worauf er blickt, wenn er den Blick nur leicht vom Monitor wendet, ist seine Familie. „Wenn es später wird und ich weiß, die Kinder werden schon im Bett sein, dann hilft mir das.“ Eher nach Hause gehen und im Homeoffice noch ein paar Akten durchsehen – das will er nicht. Eine klare Linie, so gut das in diesem Beruf möglich ist, versucht er zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen. Immer wieder weisen vor allem die Kinder ihn trotzdem zu Hause darauf hin, doch endlich das Handy wegzulegen. „Ich bin froh darüber, denn das hilft, sich selbst zu reflektieren.“ Ein Büro, einen Arbeitsplatz hat Janik zu Hause nicht.

Hier, im Rathaus-Büro, sind die Decken im ersten Stock aufgrund des Sitzungssaals besonders hoch – der Wunsch von Alt-OB Lades angeblich, der das Rathaus einst so erbauen ließ. „Ich bräuchte gar nicht so viel Platz“, sagt Janik, „mein Büro ist größer als unser Wohnzimmer.“

Gastgeschenke überall

Dafür ist viel Raum für Kunst und Gastgeschenke wie den bunten Holz-Papagei oder den weißen Schwan aus der Partnerstadt San Carlos. Ein Buntstift-Bild von einem kugelrunden Papa mit Brille, Bart, Schmetterling und Katze („Dabei haben wir gar keine Katze“) seiner Tochter steht prominent im Raum, ein Pappmaschée-Monster des Noether-Gymnasiums lässt seine Tentakel davor gleiten, eine Quietschente der IG Metall, ein gehäkeltes Tierchen liegen davor. „Alles in diesem Raum hat seine kleine Geschichte.“ Janik kann, wenn Zeit bleibt, mit einem Blick darauf geistig davongleiten. Wie wichtig solche Momente sind, wenn man eine Großstadt durch die Pandemie manövrieren muss.

Der Tochter ist es ein wenig peinlich

Glücklich seien Frau und Töchter gewesen, als sie sein neues, helles, farbenfrohes Büro das erste mal gesehen haben. Ein bisschen peinlich, sagt der Papa, ist es der Tochter das mit ihren Bildern, „aber da geht es ja um viel mehr, als um den gemalten Papa“. Janik holt sich so ein wenig Familie ins Rathaus. Platz genug ist ja – nur teilt der OB auch sein Büro. Der große Konferenztisch vor dem riesigen Fernseher ist aufgrund des Mangels an Besprechungsräumen häufig von anderen Ressorts belegt.

Einen Geheimgang direkt ins Parkhaus, einen Zugang in einen im Schrank versteckten „Panic room“ aber gibt es nicht, versichert Janik. Nicht einmal ein Bett zum herausklappen, falls es mit dem Krisenstab mal wieder länger gedauert hat. „Eine Liege, die bräuchte es vielleicht noch. Dass man zwischendurch mal verschnaufen kann.“ Ansonsten, sagt Florian Janik, hat sein neues Büro alles, was es haben muss: Licht, Wärme, Liebe, Funktionalität und Gemütlichkeit. „Und wenn ich mal meine Ruhe möchte“, sagt er, „dann mache ich die Tür einfach zu.“

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