Polit-Challenge

Sommerstraßen und mobiles Grün für Erlangen

13.7.2021, 10:20 Uhr
Autos raus aus der Stadt? Kein triviales Thema, wie die aktuelle Diskussion am Beispiel Obere Karlstraße zeigt.   

© Klaus-Dieter Schreiter, NN Autos raus aus der Stadt? Kein triviales Thema, wie die aktuelle Diskussion am Beispiel Obere Karlstraße zeigt.  

SPD, Grüne und Klimaliste liefern sich derzeit einen regelrechten Ideenwettstreit. Jüngster Vorschlag der SPD: "Geeignete" Straßen in "Sommerstraßen" umzuwandeln und zumindest für den motorisierten Individualverkehr zu sperren. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Andreas Richter erklärt hierzu: „Wir nehmen hier zum Beispiel die Stadt München oder unsere Nachbarstadt Fürth als Vorbild. Das schafft Platz zum Flanieren, Spielen, für die Außengastronomie und allgemein zum Aufenthalt der Menschen.“

Welche Straßen als Sommerstraßen infrage kommen könnten, dazu bleibt man bei der SPD bewusst vage. "Da muss man genau abwägen und analysieren. Daher haben wir im Antrag auch keine konkreten Straßen benannt, sondern die Verwaltung um Vorschläge gebeten. Aber um spontan Straßen zu nennen, die auf den ersten Blick in Frage kommen können: Am Röthelheim, die Fichtestraße oder die Lange Zeile", sagt Andreas Richter.

Bricht in Erlangen das Verkehrschaos aus?

Auf die Frage, ob er nicht Sorge habe, dass die Straßensperrungen zum einem Verkehrschaos in Erlangen führen könnten, antwortet Richter mit einem klaren Nein. "Es geht ja hier nur um Nebenstraßen und auch nur solche, in denen keine Busse fahren." Darüber hinaus solle die Auswahl geeigneter Straßen gemeinsam mit den Stadtteil- und Ortsbeiräten erfolgen, die sich vor Ort am besten auskennen und hier um Vorschläge gebeten werden. "Sofern in den ausgewählten Straßen Kfz-Verkehr unumgänglich ist, wollen wir die Sommerstraßen als verkehrsberuhigte Bereiche ausweisen."

Ob es noch in diesem Sommer spezielle Sommerstraßen in Erlangen geben wird ist noch vollkommen unklar. Richter ist zwar optimistisch, nachdem die SPD den Antrag schon vor ein paar Wochen gestellt hat, räumt aber ein, dass die Umsetzung des Projekts "sehr ehrgeizig" ist. "Daher kann es auch sein, dass es dann erst im nächsten Jahr etwas wird."

Statt Sommerstraßen favorisieren die Grünen temporäres Straßenmobiliar, mobiles Grün und autofreie Sonntage. Durch die Pandemie sei der Druck auf den öffentlichen Raum noch einmal gewachsen, da das Freizeitverhalten hauptsächlich in Wohnungsnähe stattfand, heißt es von den Grünen. Dabei sei auch sehr deutlich öffentlich wahrgenommen worden, wie einseitig öffentliche Flächen vom fahrenden und ruhenden Autoverkehr beansprucht sind.

Straßenraum in Begegnungs- und Erholungsraum umwandeln

"Insbesondere in dicht bebauten Stadtgebieten müssen die Verkehrsflächen in Zukunft stärker für verschiedene Nutzungen zur Verfügung stehen", fordert Kerstin Heuer, Grüne Sprecherin für Bauen. "Eine Möglichkeit wäre Anwohnern zu ermöglichen, Straßenraum zum Begegnungs- und Erholungsraum umzunutzen. Dabei bietet sich auch die Gelegenheit, mobiles Grün zu schaffen", ergänzt Tina Prietz, Grüne Sprecherin für Klimaschutz und Partizipation.

Dies trage zu einer besseren Aufenthaltsqualität bei und reduziere die Aufheizung durch Verschattung sowie die kühlende Wirkung von Pflanzen. Die Stadtratsfraktion Grüne/Grüne Liste hat nun beantragt, die notwendigen Voraussetzung für eine solche temporäre Umnutzungen zu schaffen: Die Stadtverwaltung soll geeignetes Straßenmobiliar in Kombination von Sitzgelegenheit und Bepflanzung anbieten und die notwendigen Gelder dafür bereitstellen.

Autofreier Sonntag einmal im Monat

Zusammen mit der Klimaliste fordern die Grünen darüber hinaus einmal im Monat einen autofreien Sonntag in der Erlanger Innenstadt. Bei Älteren werden Erinnerungen an 1973 wach. Klimaschutz oder lebenswerte Städte spielten damals allerdings keine Rolle.

"Alle Menschen wollen lebenswerte Städte", sagt Paulus Guter von der AG Verkehrswende der Klimaliste. Paulus Guter weiter: "Wie könnten unsere Städte aussehen, wenn nicht ein großer Teil der Fläche für Fortbewegungsmittel reserviert sind, die 23 Stunden am Tag nur rumstehen? Wie könnten wir diese Flächen mit der Kreativität der Bevölkerung anders gestalten, zumindest einmal im Monat? Wie wäre es, wenn wir ohne Abgase und Verkehrslärm Freunde und Nachbarn begegnen, gemeinsam Inliner fahren können oder wenn Kinder ohne Gefahr auf der Straße spielen können?"

Die Idee der autofreien Innenstädte wurde auch schon vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Deutschland gelobt. Sie animiert, so der ADFC, Menschen zu mehr aktiver Bewegung und macht das Fahrrad als Verkehrsmittel attraktiv.

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