Streit um Inszenierung im Theater Erlangen

18.10.2020, 15:37 Uhr
Streit um Inszenierung im Theater Erlangen

© Jochen Quast

Skandal, Gedankenlosigkeit, Ignoranz, Arroganz – die Vorwürfe sind massiv, die Ute Rüppel-Leverrier gegenüber der Intendanz des Theaters Erlangen hinsichtlich des Saisoneröffnungsstücks "Bartholomäusnacht – ein Requiem" in einem Leserbrief (erschienen am 7. Oktober auf unserer Seite "Ihre Meinung") äußert. Doch nicht die bei Presse und Publikum durchaus ambivalent diskutierte Inszenierung von Thomas Krupa ist die Zielscheibe der in deutlichen Worten formulierten Anfeindungen, sondern etwas ganz anderes – nämlich die Mitwirkung des Erlanger "CoroCantiamo" unter der Leitung von Marco Schneider, eines international bekannten, sehr regen und engagierten Chores, bestehend aus – und das ist der Stein des Anstoßes – Amateuren.

"Faktisch Berufsverbot"

Ute Rüppel-Leverrier, selbst Künstlerin in Nürnberg, moniert, "dass Laiensänger in dem Stück ,Bartholomäusnacht‘ über einen längeren Zeitraum ohne Entgelt (abgesehen von einer Aufwandsentschädigung) beschäftigt werden, während Corona-bedingt Profikünstler faktisch Berufsverbot haben und ihrer Lebensgrundlage beraubt sind." Sehr fragwürdig finde sie es zudem, "die Naivität von Laien auszunützen, mit dem Wissen, dass es Künstler gibt, die einfach nicht wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen und ihre Miete bezahlen sollen."

Das Theater Erlangen bezeichnet nun in seiner Stellungnahme die angeführten Vorwürfe als "unqualifiziert", und dies gleich in mehrfacher Hinsicht: "Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Erlanger Bürger*innen ist bereits seit Jahren ein wichtiger Bestandteil vieler Inszenierungen. Sie befördert unser Bestreben, der Stadtgesellschaft ein Forum zu bieten und dies auch auf der Bühne sichtbar zu machen. Wer dem Theater Erlangen die Einsparung von Künstlergagen vorwirft, verkennt den partizipativen Ansatz, der diesen Entscheidungen zugrunde liegt."

"Komplexes Genre"

Der Chorleiter des "CoroCantiamo", Marco Schneider, sei bereits Ende 2019, lange vor dem Ausbruch der Pandemie, angefragt worden und hätte sofort mit der Einstudierung begonnen. "Der ,CoroCantiamo‘ wurde vor 31 Jahren an der FAU gegründet. Seine Mitglieder und Leitung ,naive Laien‘ zu nennen, ist angesichts der Spezialisierung auf ein komplexes Genre, der künstlerischen Qualität und der zahllosen Auftritte im In- und Ausland ebenso unhaltbar wie der Vorwurf an das Theater, diese ,Laien‘ auszunützen."

In jeder Vorstellung habe sich zudem gezeigt, so das Theater weiter, dass man mit der Zusammenarbeit mit dem "CoroCantiamo" musikalisch und künstlerisch die richtige Wahl getroffen habe. Ein Engagement einzelner Profisänger*innen sei nie im Raum gestanden, da es hier um ganz andere Kriterien gegangen sei und gehe. Ein eingespielter Chor mit Chorleitung auf diesem hohen Niveau sei niemals durch einzelne Profisänger*innen künstlerisch, qualitativ und finanziell ersetzbar.

Die Vorwürfe der Leserbriefschreiberin empfinde man daher als unqualifizierte Einmischung in die künstlerische Freiheit, als Abwertung der partizipativen Ausrichtung des Programms und als unqualifizierte Äußerungen über die finanziellen Möglichkeiten des Theaters.

Nun ist also wirklich viel, hoffentlich sogar alles, gesagt worden.

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