"StUB einfach eine Nummer kleiner bauen"

14.2.2016, 06:00 Uhr

© Alle Fotos: Horst Linke

Herr Beck, Herr Siegler. Sie stehen dem Projekt Stadt-Umland-Bahn eher kritisch gegenüber. Warum?

Patrick Siegler: Das IHK-Gremium ist nicht gegen die Stadt-Umland-Bahn per se. Wir sehen aber einige Punkte kritisch. Unsere Haltung ist dabei nicht neu. Bereits 2012 hat das IHK-Gremium in einem bis heute nicht beantworteten Schreiben an die Stadt Fragen zur Finanzierung des Projektes und zum laufenden Betrieb gestellt, sowie Alternativlösungen aufgezeigt. Auch den Umlageschlüssel haben wir damals hinterfragt sowie die fehlende Prüfung der Alternativen bemängelt. Nach wie vor gilt: Wir betrachten den Prozess kritisch, wollen uns aber auch weiterhin mit unseren Positionen einbringen. Das ist auch die aktuelle Beschlusslage des IHK-Gremiums vom vergangenen Jahr.

Siegfried Beck: Das Thema öffentlicher Personennahverkehr ist auch für uns, die Kreishandwerkerschaft, ein wichtiges Thema. Auch wir sind nicht für oder gegen die StUB. Wir betrachten das Projekt aber ebenfalls kritisch. So haben wir kein Problem mit der Gründung eines Zweckverbands, stellen aber die Zielsetzung des geplanten Zweckverbands in Frage. Der Zweckverband prüft zum Beispiel nicht, welche die beste Nahverkehrslösung für Erlangen ist. Er soll nur feststellen, ob die StUB gebaut werden kann oder nicht. Das ist uns aber zu kurz gesprungen. Uns geht es um den gesamten öffentlichen Nahverkehr und nicht nur um die StUB. Bedenken haben wir aber auch wegen der finanziellen Auswirkung auf die Stadt Erlangen. Dabei geht es uns nicht nur um die Bau und die Förderung, sondern auch um die Kosten für den Betrieb der StUB und um die Frage, ob wir das finanziell stemmen können.

Patrick Siegler: Wir fürchten, dass durch die StUB kein Geld mehr bleibt für andere wichtige Investitionen in der Stadt. Außerdem müssen wir befürchten, dass es zu einem Anstieg der Abgabenlast zum Beispiel durch die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer und Abgaben kommt.

Welche Alternativen zur StUB könnten Sie sich vorstellen?

Siegfried Beck: Warum baut man die StUB nicht eine Nummer kleiner? So könnte man die StUB in einem ersten Schritt von Nürnberg bis zur Erlanger Südkreuzung und von dort über die Paul-Gossen-Straße bauen, wo sie dann die S-Bahn kreuzt. Da hätte man schon was geschafft, was sich mit deutlich weniger Kosten für den Betrieb niederschlagen würde. Außerdem wären damit auch einige wesentliche Gewerbebetriebe wie Siemens, Areva und natürlich auch das Uni-Süd-Gelände angebunden. Mit dieser Lösung würden wir immens Kosten sparen.

Damit bliebe aber Herzogenaurach mit seinen drei Weltkonzernen Adidas, Puma und Schaeffler abgehängt.

Siegfried Beck: Wir wollen Herzogenaurach nicht abhängen. Warum nicht die alte Bahnverbindung von Erlangen nach Herzogenaurach reaktivieren? Das müsste halt geprüft werden.

Denken Sie möglicherweise nicht zu klein, wenn Sie das Projekt Stadt-Umland-Bahn nur auf die Finanzierung reduzieren?

Siegfried Beck: Nein, die StUB darf nicht nur auf das Finanzielle reduziert werden. Deswegen muss man aber trotzdem über Alternativen sprechen. Nürnberg hat auch nicht auf einen Schlag alle U- und Straßenbahn-Verbindung gebaut, sondern Stück für Stück. Nicht weniger als das schlagen wir vor. Alles andere ist für Erlangen finanziell einfach zu groß. Ja oder Nein StUB ist die verkehrte Frage. Wir müssen darüber sprechen, was für Erlangen die beste Lösung ist.

Patrick Siegler: Die Gefahr, zu klein zu denken, besteht natürlich. Mit Sicherheit würden wir auch gerne größer denken, aber das überschreitet einfach unsere finanziellen Möglichkeiten. Wenn wir uns das ohne Probleme leisten könnten, dann wäre das genau der richtige Weg, diesen Zweckverband zu gründen. Dem stehen allerdings dringende Investitionen gegenüber, die Erlanger Wirtschaft direkt betreffend, der Campus „Berufliche Bildung“, dieser muss dringend realisiert werden. Außerdem sind zahlreiche Fragen offen. Wird es eine 90-Prozent-Förderung geben? Und mit 1,1 ist der Kosten-/Nutzenfaktor auch nicht gerade überragend. Der kann relativ schnell unter 1,0 sinken, womit wiederum die Förderfähigkeit des Projekts nicht gegeben wäre. Alles Voraussetzungen, die an der Sinnhaftigkeit einer Zweckverbandsgründung zweifeln lassen.

Sie wären also nicht traurig, wenn sich die StUB-Gegner durchsetzen würden?

Siegfried Beck: Nein.

Patrick Siegler: Wir sind uns einig, der ÖPNV muss verbessert werden – in welcher Art und Weise auch immer. Es kann nicht sein, dass alle Alternativpläne zu Grabe getragen, wenn sich die Bürger am 6. März gegen die StUB aussprechen.

In einem Interview mit den Erlanger Nachrichten, hat das Siemens-Vorstandsmitglied Prof. Siegfried Russwurm jüngst auch das IHK-Gremium kritisiert. Es werde zum Beispiel übersehen, dass lokale Unternehmen vom Bau einer Stadt-Umland-Bahn profitieren würden.

Patrick Siegler: Das lokale Unternehmen möglicherweise vom Bau einer Stadt-Umland-Bahn profitieren, wird von uns nicht übersehen. Solche Projekt müssen aber europaweit ausgeschrieben werden. Es ist also nicht gesagt, ob Aufträge hier bei Erlanger Betrieben landen.

Siegfried Beck: Bei solchen Großprojekten kommen beim Handwerk meist nur geringe Summen an. Auch haben wir in der Region gar nicht die Firmen, die solche großen Aufträge übernehmen können. Unser mittelständisches Baugewerbe profitiert erfahrungsgemäß von solchen Projekten wie der StUB nicht.

Verspielen Sie mit dieser Haltung nicht die Zukunftsfähigkeit der Region?

Siegfried Beck: Natürlich schauen wir in die Zukunft und natürlich sind wir der Überzeugung, dass es dafür auch eine entsprechende Infrastruktur braucht. Doch eine StUB, wie sie jetzt geplant ist, überfordert Erlangen. Wir wollen einen Schritt nach dem anderen machen. Das wäre für alle gut, für die Stadt, für die Industrie, für Siemens und auch für die Universität.

Patrick Siegler: Wir verschließen uns nicht Innovationen und neuen Wegen. Ich denke aber auch nicht, dass sich die Zukunftsfähigkeit der Region daran festmachen lässt, ob wir eine schienengebundene Lösung von Nürnberg nach Erlangen und Herzogenaurach haben. Im Umkehrschluss würde das ja bedeuten, dass es Nürnberg wirtschaftlich besser als Erlangen und Herzogenaurach gehen müsste, da Nürnberg längst über eine Straßenbahn und eine U-Bahn verfügt. Ich denke allerdings auch, dass die Zukunftsfähigkeit einer Region damit zusammenhängt, dass es für die Kommunen finanzielle Spielräume gibt. Eine Stadt muss sich auch außerhalb eines solchen Projektes noch handlungsfähig bleiben.

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