Studenten in Erlangen: Wohnheim oder Luxus-Bude

4.8.2015, 14:00 Uhr
Studenten in Erlangen: Wohnheim oder Luxus-Bude

© Erich Malter

Junge Menschen, die auf dem Schlossplatz campieren, direkt vor dem Sitz der Hochschulleitung – in einer kleinen improvisierten Zeltstadt. Diese Szene könnte – mit Blick auf den gerade in der Universitätsstadt Erlangen angespannten Wohnungsmarkt – durchaus Realität sein. Noch aber ist es eine Foto-Kampagne, mit der die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) zum Wintersemester potenzielle Vermieter von Studentenzimmern gezielt ansprechen will.

Einen Schritt in diese Richtung hat die Universitätsleitung bereits mit einer Anzeige in den Erlanger Nachrichten und der Nordbayerischen Zeitung am vergangenen Wochenende getan:Hilfe“, heißt es in dem Mietgesuch, „Viele Studierende noch ohne Zimmer! Laufend möblierter Wohnraum bevorzugt in Erlangen/Nürnberg gesucht! Möblierte Zimmer, Wohnungen gerne auch für WGs für internationale Studierende und Gastwissenschaftler aus der ganzen Welt.“ Der Text endet mit dem Appell „Bitte helfen Sie uns!“

Dieser Aufruf ist bei etlichen Lesern aus Erlangen und dem Umkreis angekommen. Die Resonanz am gestrigen Montag war groß, allein bis zum Mittag hatten sich rund 30 Immobilienbesitzer im zuständigen Referat für internationale Angelegenheiten der Universität gemeldet, um einzelne Räume, WG-Zimmer oder auch Appartements anzubieten.

„Wir haben viele Rückmeldungen“, berichtet eine Mitarbeiterin, die die Anfragen am Telefon entgegennimmt. Die potenziellen Vermieter zeigten sich der Aufnahme ausländischer Studierender gegenüber durchaus weltoffen, erläutert sie. Die Preisvorstellungen, so die Sachbearbeiterin, hätten dabei dem freien Wohnungsmarkt entsprochen und im Schnitt bei 350 Euro aufwärts für ein WG-Zimmer oder ein Appartement (warm) gelegen.

Allerdings hätten die Angebote nicht immer auf Austauschstudenten und Gastwissenschaftler aus der ganzen Welt gepasst, erläutert Susanne Langer, leitende Pressesprecherin der FAU.

Ausländische Studierende hätten oft Berührungsängste, mit dem Bus zu fahren und wollten daher möglichst zentral wohnen, meint Langer. Das „Leben in der Provinz“ komme für sie kaum in Frage: „Wenn jemand aus Neu Delhi stammt, wird er sich in Langensendelbach nicht zurechtfinden.“ Die Eigentümer seien an die private Zimmervermittlung des Studentenwerkes verwiesen worden, betont die FAU-Sprecherin.

Denn auch deutsche oder in Deutschland lebende Studierende brauchen dringend Wohnraum. Zwar entstehen im Stadtgebiet immer mehr (schicke) private Gebäude mit Studentenwohnungen. Die Miete reiche bei diesen meist nicht öffentlich geförderten Appartements allerdings bis ins „Hochpreissegment“, berichtet Uwe Scheer, der Sprecher des Studentenwerkes Erlangen-Nürnberg. In der Hugenottenstadt gebe es auf dem Wohnungsmarkt für Studenten durchaus „Extremfälle mit beachtlichen Quadratmeterpreisen“.

Ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft sei kaum unter 300 Euro zu finden. Es gebe aber offenbar genug Väter und Mütter, die ihren Kindern teure Studentenwohnungen ermöglichen könnten: „Wenn Sie sich ansehen, welche Fächer in Erlangen studiert werden, sehen Sie: Da gibt es viele, die später als Juristen oder Ärzte die Praxis ihrer Eltern übernehmen.“

Gerade kleine Wohnungen für Studierende, aber auch für Universitäts- oder Siemensmitarbeiter, die nur vorübergehend in der Stadt leben, sind also oft sehr teuer, wie ein Blick in den Mietspiegel 2013 belegt. So betrug die monatliche Netto-Basismiete für 20 Quadratmeter Wohnfläche für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern pro Quadratmeter 12,38 Euro. Bei 50 Quadratmetern Wohnfläche waren es 7,37 Euro und bei 100 Quadratmetern 6,85 Euro.

Das Studentenwerk hingegen versucht, mit seinen Wohnheimen der sich stetig nach oben drehenden Preisschraube entgegenzuwirken. Einzelne Zimmer sind bereits unter 200 Euro (warm) zu haben, komplette Appartements kosten nicht viel mehr als 200 Euro. Die Reihenfolge der Vergabe richtet sich nach dem Einkommen des studentischen Bewerbers bzw. seiner Eltern. Bafög-Empfänger werden bevorzugt, aber auch Nicht-Bafög-Empfänger können einen Antrag stellen.

Mit dem städtischen Projekt „Wohnen für Hilfe“ könnten Studierende ebenfalls billig oder kostenlos eine Bleibe finden, sagt der Studentenwerkssprecher. Anstatt Miete zu zahlen, unterstützen Studierende ihre älteren Vermieter bei Haushalt und Einkauf. Erst kürzlich wurde seit dem Start 2011 die 100. Wohnpartnerschaft vermittelt — und das Programm zur Dauereinrichtung erklärt.

Die von der Stadt forcierten Nachverdichtungen in den Anlagen der eigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobau schafften ebenfalls unter anderem Wohnraum für Studenten, sagt Grünen-Fraktionschef Wolfgang Winkler, der Vorstandsmitglied und Rechtsberater des Mieterinnen- und Mietervereins ist. So könnten kleinere Wohnungen nicht nur, aber auch an Studenten vermietet werden, betont er. Zudem sei geplant, nach den Umbauten größere Wohnungen an Studenten-WGs zu vergeben.

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