Süße Sachen: Endorphine aus Eschenau

20.11.2020, 18:15 Uhr
Süße Sachen: Endorphine aus Eschenau

© Isabel Krieger

Es ist kein Zufall – und dann vielleicht doch –, dass in diesem Haus die Erinnerung an Dürer lebendig wird. Denn die patentierten Dürer-Kugeln, die die "Lebküchnerei & Chocolaterie Dornauers" seit 2017 in Handarbeit produziert, verleihen nicht nur dem Genießer (Dürer-) Flügel. Das liegt vielleicht am Rum beziehungsweise Whisky darin, aber auch an ihrem Schöpfer, Chocolatier Thomas Dornauer, der mit seiner Kreation so etwas wie die "perfekte" Praline für sich gefunden hat.

Das Rezept ist streng geheim, wie alle Rezepte, die Dornauer zusammen mit seinem Sohn Leonardo und den gut einem Dutzend Mitarbeitern des Familienbetriebs entwickelt hat und die ihn in wenigen Jahren in die erste Riege der Chocolatiers in Deutschland gehoben haben. Produziert wird inzwischen an zwei Orten. Die Kunden, die sogar aus Übersee kommen, können in zwei weiteren Läden in Nürnberg einkaufen oder im Internet bestellen.

In München ausgebildet

Endorphine made in Eschenau: Dass es einmal so kommen würde, hatte Thomas Dornauer lange selbst nicht gedacht. Dem Süßen zugetan war der 48-Jährige schon immer, deshalb ließ er sich vor über 20 Jahren in München zum Bäckermeister ausbilden. Doch erst 2016 wagte der gebürtige Nürnberger zusammen mit seiner Frau Bettina die Gründung der Lebküchnerei und Chocolaterie Dornauer.

Das unternehmerische Risiko war nicht klein. Denn der Markt ist durchaus gesättigt. "Aber ich habe von Anfang an daran geglaubt, dass es laufen wird", sagt er. Spätestens das Jahr 2020 gibt ihm Recht: Die Dürer-Kugel hat sich zum Verkaufsschlager entwickelt, und trotz – oder vielleicht sogar wegen Corona kam das junge Unternehmen mit der Produktion kaum hinterher.

Über 40 Pralinensorten

Über 40 verschiedene Pralinensorten hat Dornauer schon kreiert, heuer kamen noch einige Neue dazu. Daneben umfasst das Sortiment feinste Tafelschokolade, Florentiner, Elisenlebkuchen, Stollen und, seit neuestem, auch Macarons. "Probieren, probieren und dann tun" sagt Dornauer. "Ich verkaufe nur, was mir selbst auch schmeckt."

Süße Sachen: Endorphine aus Eschenau

© Isabel Krieger

Ans Verschnaufen war in den letzten Monaten nicht zu denken, denn vor allem die Nachfrage nach Schokoladen und Pralinen stieg in Zeiten des Lockdowns deutlich an: Wer sich nicht sehen und umarmen kann, schickt den Liebsten wenigstens einen süßen Gruß. Auch Firmen spendeten ihren Mitarbeitern so ein bisschen Aufmerksamkeit.

Nicht nur die Geschichte des Unternehmens erinnert ein bisschen an ein modernes Märchen. Auch der Verkaufsraum in der Eschenauer Herrengasse und die Filialen in Mögeldorf und im Nürnberger Handwerkerhof sind märchenhaft dekoriert und schon deshalb einen Besuch wert.

Ausgebildeter Fotograf

Holz, Brokat, Gold und Lüster: Das Interieur hat Thomas Dornauer zusammen mit seiner Frau Bettina selbst entworfen. "Wir machen alles im Team", betont der 48-Jährige, der nicht nur Chocolatier ist, sondern auch ausgebildeter Fotograf.

Während sich Bettina Dornauer um die Ausstattung der Läden, um Vertrieb und Personal kümmert, steuert Thomas Dornauer neben der Produktion der Süßwaren auch das Marketing. Gut möglich deshalb, dass Kunden ihn gelegentlich hinter einer der Verkaufstheken finden, vertieft ins Fotografieren von neuen Leckereien.

In der ehemaligen Backstube im Hinterhaus des Anwesens in der Herrengasse, wo über Jahrzehnte fränkisches Brot produziert wurde, sind an diesem Tag gerade die Bleche mit Elisenlebkuchen aus dem Ofen gekommen. Sohn Leonardo Dornauer hat schon eine frische Mischung aus Nüssen, Gewürzen und Schokolade für die nächste Produktion angesetzt.

Die runden Spezialitäten verkaufen sich mittlerweile das ganze Jahr über, doch wenige Monate vor Weihnachten wird die Stückzahl nach oben gefahren. Viele hundert Kilo Rohware hat Dornauer geordert, mit seinen Lieferanten aus Deutschland und der Schweiz arbeitet er seit Jahren zusammen, kennt die Herkunft der Produkte und die Lieferketten. "Wir verwenden nur beste Zutaten und schauen da erst einmal auch nicht auf den Preis. Denn die Qualität ist das, was man schmeckt", sagt der Chocolatier.

Zwölf Stunden muss die Masse auf den Oblaten trocknen, damit sie das volle Aroma entfaltet. Erst dann werden die Lebkuchen gebacken. Um die steigende Nachfrage zu bedienen, hat Dornauer eine eigene Maschine entwickelt, die die Handarbeit ergänzt: "Anfangs haben wir jeden Lebkuchen noch selbst in Form gebracht, das würden wir heute nicht mehr schaffen."

Von Hand eingepackt

Tochter Letizia, die neben ihrer Ausbildung regelmäßig im elterlichen Betrieb aushilft, schiebt den Wagen mit den Backblechen in ein Zimmer mit Dekoware, wo sie jeden einzelnen von Hand in ein Tütchen packt und mit einer Schleife versieht. Das Auge isst schließlich mit.

Nebenan dreht in der Backstube eine ebenfalls selbst entworfene Maschine Schokoladenweihnachtsengel vom Kopf auf den Fuß und wieder zurück, während Leonardo mit der Auszubildenden Rebecca Kohler Schokoladenplatten, Eierlikörpralinen und Florentiner verziert. Kohler stieß nach einem abgeschlossenen Studium durch Zufall auf die Chocolaterie und warf kurzerhand ihre Pläne für ein Leben als Lehrerin über Bord: "Mir macht die Arbeit als Konditorin mehr Spaß", sagt sie. Auch Thomas Dornauer hat die Entscheidung nicht bereut. "Wir arbeiten viel und hart. Aber es macht Freude".

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