Experte aus Höchstadt warnt

Tödlicher Giftzwerg sprießt: Saison bringt besonders viele Knollenblätterpilze in Franken

14.9.2021, 14:06 Uhr
Hier ist der olivgrüne Hut gut zu erkennen: Grüne Knollenblätterpilze (Amanita phalloides) stehen auf dem Waldboden.

© Dr. Matthias Theiss, NN Hier ist der olivgrüne Hut gut zu erkennen: Grüne Knollenblätterpilze (Amanita phalloides) stehen auf dem Waldboden.

Mehrere Kaiser sollen ihm zum Opfer gefallen sein, eine Zarin und ein Papst: Der Grüne Knollenblätterpilz bringt es auf eine rekordverdächtige Bilanz. Laut Ärztezeitung ist er in Europa für rund 90 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen verantwortlich.

Weil der Giftzwerg in diesem Jahr besonders häufig aus dem Boden schießt, schlägt der Höchstadter Pilzexperte Hans Krautblatter jetzt Alarm. "Viele erfahrene Pilzfreunde kommen zu mir und bringen ihre Funde mit - der Grüne Knollenblätterpilz ist momentan auffällig oft vertreten", sagt der Biologe.

Der Grünliche Gift-Wulstling, wie er auch genannt wird, liebe Mischwälder mit Eiche und Kiefer wie zum Beispiel das Gebiet "Birkach", in der Nähe vom Trimm-Dich-Pfad. Die Wetterbedingungen seien dieses Jahr perfekt gewesen - "ohnehin ist es kein seltener Pilz, er kommt an vielen Stellen vor". Aus Krautblatters Sicht braucht es eigentlich "kriminelle Unkenntnis", um den Grünen Knollenblätterpilz zum Beispiel mit einem Champignon zu verwechseln.

Trotzdem kommt es immer wieder vor. Deshalb rät auch die Deutschen Leberstiftung in einer aktuellen Pressemitteilung zu Vorsicht. "Nur, wenn Sie sich nach langjähriger Erfahrung und mit fundiertem Wissen absolut sicher sind, dass die gesammelte Ware essbar ist, sollten die Exemplare verspeist werden. Unerfahrene Sammler sollten in jedem Fall einen Pilzsachverständigen konsultieren."

Der Grüne Knollenblätterpilz wächst unter Laubbäumen, besonders unter Eichen. Diese Exemplare wurden auf einer Pilzausstellung in Rostock im September 1998 aufgenommen.

Der Grüne Knollenblätterpilz wächst unter Laubbäumen, besonders unter Eichen. Diese Exemplare wurden auf einer Pilzausstellung in Rostock im September 1998 aufgenommen. © Bernd Wüstneck, NN

Denn das Gift des kleinen Massenmörders ist besonders heimtückisch. "Die enthaltenen Amatoxine sorgen dafür, dass schon kleinste Mengen lebensbedrohlich sein können", meint Michael Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung. Doch was das Gift vor allem gefährlich macht, ist die verzögerte Wirkung: Symptome zeigen sich erst sechs bis 20 Stunden nach dem Verzehr mit Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und krampfartigen Bauchschmerzen.

Gift breitet sich langsam im ganzen Körper aus

"Zu diesem Zeitpunkt hat sich das Gift bereits im gesamten Körper ausgebreitet. Leber- und Nierenversagen können drohen." Eine Vergiftung lässt sich behandeln - vorausgesetzt sie wird schnell erkannt. "Im besten Fall klingen die Beschwerden dann innerhalb von sieben bis zehn Tagen komplett ab", meint Manns, der von Hausmittelchen abrät. „Das Leberversagen aufgrund der Vergiftung kann so akut verlaufen, dass Patienten innerhalb weniger Tage daran versterben könnten."

So lässt sich der tödliche Doppelgänger entlarven

Hans Krautblatter kennt ein paar Tricks, um den tödlichen Doppelgänger vom harmlosen Speisepilz zu unterscheiden, rät aber "aus Überlebensgründen" im Zweifel immer dazu, bei ihm in Höchstadt vorbeizukommen. Von dieser Möglichkeit machen in der Pilzsaison jedes Jahr rund 100 Sammler auch Gebrauch (weitere Kontaktmöglichkeiten für Pilzsachverständige bietet zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Mykologie). Erstes Indiz, um den Knollenblätterpilz zu entlarven, ist die grünliche Farbe, die allerdings auch ausbleichen kann. Bei einem wichtigen Hinweis kommt es auf die Ernte an. Wer den Pilz vorsichtig aus der Erde dreht statt ihn abzuschneiden, entdeckt unten eine zwiebelknollige Basis mit einer Wulstscheid, die anliegen oder abstehen kann. Am Stiel befindet sich außerdem eine weiß-gelbliche Manschette

Auch beim Fundort gibt es Unterschiede. Der Champignon wächst hauptsächlich auf Wiesen, Knollenblätterpilze vor allem im Wald. Die Sporenfarbe ist laut Krautblatter auch ein wichtiger Indikator. Er rät dazu, den Hut abzutrennen und über Nacht auf einer weißen, nicht saugfähigen Unterlage liegen zu lassen. Am nächsten Morgen zeigen sich darauf die Sporen. Sind sie weiß, ist das ein schlechtes Zeichen - sind sie schokobraun, könnte es ein Champignon sein.

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