Über 100 Millionen Flut-Schaden

25.8.2007, 00:00 Uhr
Über 100 Millionen Flut-Schaden

© Reinhold, Schreiter

Bei einer Pressekonferenz in Erlangen sagt Irlinger, dass der Landkreis Erlangen-Höchstadt «so eine Katastrophe noch nicht erlebt hat». Insgesamt habe es in dieser Nacht 167 Liter pro Quadratmeter geregnet, weiß der Baiersdorfer THW-Beauftragte Michael Haas, «mehr als beim Elbehochwasser im Jahr 2002». Irlinger: «Oben in Marloffstein fing es an, dann floss das ganze Wasser den Berg hinunter».

Christian Pfeifer hat es erlebt, wie die Sturzflut plötzlich seinen Keller 35 Zentimeter unter Wasser gesetzt hat. Pfeifer wohnt oben in Marloffstein. Auf 10 000 Euro schätzt er den Schaden an seinem Haus. Sicherheitshalber hat er jetzt die Lichtschächte erhöht. «Man weiß ja nie, was noch kommt».

Landrat Irlinger sagt, dass die Hochwassergeschädigten pauschal mit 750 Euro entschädigt werden. Es genüge eine schriftliche Anerkennung, dass der Schaden mindestens 5000 Euro betrage. Auf 6000 bis 7000 Euro schätzt Manfred Jaschik in der Bussardstraße in Bubenreuth seinen Wasserschaden. Eine wertvolle Enzyklopädie sei auch vernichtet worden. «Mir wurde gesagt, dass die Anträge der Reihe nach bearbeitet werden», sagt Jaschik. Geld habe er bis jetzt noch nicht gesehen.

Nachweis «unmöglich»

Insgesamt waren in beiden Landkreisen 2443 Privathaushalte und 123 Betriebe vom Hochwasser betroffen. Die Staatsregierung versprach kurz nach der Katastrophe schnelle Hilfe - und musste von beiden Landräten hören, dass diese Hilfen nicht greifen. Wie auch?, fragt Irlinger: «Die Staatsregierung verlangt vor einer Auszahlung den Nachweis, dass die gemeldeten Schäden nicht versicherbar gewesen seien». Diesen Nachweis zu erbringen sei aber für die Betroffenen «praktisch unmöglich».

Auch der Hotelbesitzer Karl-Heinz Hofmann in Langensendelbach ärgert sich über die Politiker. 120 000 Euro Schaden habe die Sturzflut verursacht, im Keller stand das Wasser 1,60 Meter hoch. «Und dann steht Umweltminister Werner Schnappauf vor meinem Hotel und verspricht vor laufenden Fernseh-Kameras schnelle Hilfe», sagt Hofmann. «Nachdem die Kameras aus waren, wollte ich dem Minister den völlig zerstörten Keller zeigen. Schnappauf zeigte kein Interesse.»

Der Langensendelbacher THW-Beauftragte Michael Haas berichtet von «Schrotthändlern», die sich nach der Katastrophe bei zum Trocknen ins Freie gestellten Waschmaschinen «bedienten». Diese Beobachtung wird von Hochwasseropfern bestätigt, Waschmaschinen oder Wäschetrockner verschwanden.

Beim Seniorenheim Senivita im Baiersdorfer Stadtteil Igelsdorf fanden sogar drei Rollstühle «Liebhaber». «Die Plünderer haben sogar getrocknete Möbel gestohlen», sagt Heimleiter Carsten Repenning. Ihn erinnere das an «Leichenfledderei», wenn andere vom Leid der Hochwasseropfer profitieren wollen. Im Seniorenheim sei insgesamt ein Schaden von rund 87 000 Euro entstanden. «Und es wird noch etwa zwei Monate dauern, bis alles wieder in Ordnung ist.

Im Igelsdorfer Baugebiet «In der Hut» hat die Sturzflut besonders schlimm gewütet. In vielen Häusern stehen Trocknungsgeräte in den Kellern, die rund um die Uhr laufen. Christian Merz von einer Trocknungsfirma aus Wendelstein bei Nürnberg bohrt gerade in den Kellerboden eines Hauses ein etwa 15 Zentimeter tiefes Loch, damit die Schläuche der Trocknungsgeräte das Wasser aus dem Boden saugen können. Es ist unerträglich heiß.

Seit drei Wochen laufen die Trocknungsgeräte bereits ununterbrochen. Merz schätzt, dass dies noch eine Woche länger dauert, dann dürfte das im Keller und Erdgeschoss zerstörte Haus soweit trocken sein, dass die Eigentümer renovieren können. Im Landkreis Forchheim wurden 250 Trocknungsgeräte an die Sturzflut-Opfer verteilt.

Insgesamt wurden in den beiden Landkreises rund 1,3 Millionen Euro für die Flutopfer gespendet (Landkreis Erlangen-Höchstadt knapp 810 000 Euro, Landkreis Forchheim rund 500 000). Die Landräte Irlinger und Glauber freuen sich auch über die Hilfe, die aus der Bevölkerung für die Betroffenen kommt. «Dadurch wird das Spendenaufkommen noch steigen», sagt Irlinger. Glauber erklärt, dass sogar der 1. FC Nürnberg helfen will.

Von einer positiven Zusammenarbeit über Landkreisgrenzen hinweg, berichten Michael Haas und ERH-Kreisbrandrat Harald Schattan in der Katastrophennacht. So seien bei einer zentralen Anlaufstelle die Notrufe aus beiden Landkreisen eingegangen und wurden entsprechend verteilt. Insgesamt waren rund 2300 Hilfskräfte bis zu 24 Stunden im Einsatz, um den von den Wassermassen Eingeschlossenen zu helfen.