USA = Unfassbar schwierige Anreise

23.11.2017, 19:37 Uhr
USA = Unfassbar schwierige Anreise

© F.: AFP

Die Geschichte geht so: Unsere Goldene Hochzeit wollten wir mit einer Karibik-Kreuzfahrt krönen, die in einem US-Hafen starten sollte. Weil ich bestimmt schon zehnmal in den USA war und die Einreiseprozedur bestens kenne, ließ ich mir mit der Online-Visumsbeantragung Zeit bis wenige Tage vor Antritt der Reise (kann ja was dazwischen kommen).

Der Antrag ESTA ist schnell gemacht und man erhält noch in der gleichen Online-Sitzung das Genehmigungsergebnis. Doch diesmal sind wir, ohne es ahnen zu können, zu Opfern von Präsident Trumps paranoidem Feindbild geworden.

Wir wussten natürlich von der schwarzen Liste von Staaten, deren Besuch im ESTA-Verfahren abgefragt wird, und in denen man besser nicht gewesen sein soll: Afghanistan, Irak, etc. Doch entgegen dem positiven Nuklearvertrag mit Iran seitens der Obama-Administration ließ Trump klammheimlich den Iran in die Liste der "Schurkenstaaten" (US-Jargon) aufnehmen.

Das bemerkten wir aber erst im ESTA-Dialog - vier Tage vor unserer Abreise. Wir hatten tatsächlich im Jahre 2013 eine Besichtigungstour durch den Iran absolviert - hoch interessant und rein touristisch.

Weil jedoch der iranische Reisestempel im aktuellen Pass zu sehen wäre, blieb nichts anderes übrig, als dies wahrheitsgemäß anzugeben.

Vorsichtshalber mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es eine Kulturreise im historischen Kontext war. Wer die Rigidität amerikanischer Einreisebehörden kennt, weiß, dass es zwischen "Schwarz & Weiß" keine Grautöne gibt, entsprechend wurde das Urteil zu unseren Ungunsten gefällt.

In der durch nur noch wenige verfügbare Tage geprägten Zwangssituation rief ich die US-Botschaft in Berlin an und mailte parallel das Problem in Deutsch und Englisch. Das Telefonat lief ab wie im Comic "Asterix als Legionär" (römischer Verwaltungsirrgarten). Egal, was ich der zunächst menschlichen Telefonvermittlung zu sagen versuchte, sie leitete mich sofort in das vollautomatisierte Dialog- und Weiterleitungssystem, in dem ich dann im Kreis geführt wurde: "Geht es um ein Visum, drücken sie die 1" / "Geht es um ein touristisches Visum, drücken sie..."

In der fünften Vermittlungsschal- tung wendet sich das Blatt und es geht nur noch rückwärts: "Wenn sie einen Schritt zurück wollen, drücken sie die Raute-Taste". Ein totes Rennen. Ich versuchte dieses Teufelsspiel noch mit den Generalkonsulaten in München und Frankfurt, die mich aber unisono demselben Automaten auslieferten.

Doch irgendwann besinnt man sich auf Taktik, also drückte ich beim neuerlichen Anruf in Frankfurt der menschlichen Erst-Person unser drängendes Problem auf - bevor sie mich in den Vermittlungs-Dschungel schicken konnte - und hängte ohne Punkt & Komma die Frage an, ob sie persönlich etwas raten könne.

In überraschender Eigenständigkeit nannte sie die Möglichkeit eines Emergency-Visums. Aber: Zuvor müsse ein (aufwendigeres) Online-Formular ausgefüllt werden, das wegen der Dringlichkeit statt 14 Dollar ESTA-Gebühr satte 170 Dollar je Person kosten solle. Anschließend könne es ein bis drei Tage dauern, ehe man mich zum persönlichen Interview nach Frankfurt einladen würde, worauf dann Tage der Bearbeitung folgten. Auf gezielte Nachfrage erklärt sie, dass in dem uns verbleibenden Zeitrahmen noch nie ein solches Visum erteilt wurde.

Na Prost Mahlzeit! Nachdem darüber fast der ganze Montag verloren ging, dachten wir nach, welche Auswege und Ersatzlösungen es gebe.

Am Dienstag startete Plan B: Prüfen, ob vielleicht eine der Inseln angeflogen werden kann, die auf der Fahrtroute des Schiffes liegen und die nicht zu den USA gehört. Dito für die Rückreise. Resultat: Zu kompliziert und mit enormen Zusatzkosten verbunden, da es keine Umbuchung wäre (andere Fluggesellschaft) und kurzfristig gebuchte Flüge stark überteuert sind.

Vom Pessimismus schon niedergedrückt, ließen wir nur noch halbherzig Plan C anlaufen, der darin bestand, innerhalb des Familien- und Freundeskreises Ersatzreisende zu finden, die dem investierten Geld noch einen Nutzen abtrotzen könnten.

Kein leichtes Unterfangen, wenn alle in Beruf, Ausbildung oder sonstwie eingebunden sind. Dieser Organisationsschritt, der ausschließlich in Eigenverantwortung lag, schien zu gelingen! Doch zu früh gefreut.

Neben den grassierenden Umbuchungsgebühren für die Namensänderung der Flug- und Schiffspapiere stellte sich zum Schreck heraus, dass die Reisepässe unseres Hochzeitsreisen-Ersatzes bereits abgelaufen waren. In Panik wurde im Rathaus nachgefragt, ob Behelfs- oder Express-Reisepässe beantragt werden könnten, die in den verbleibenden drei Tagen verfügbar wären. Die verblüffende Antwort lautete: "Ja, es müsste soeben zu schaffen sein". Für den Mehrpreis hatten wir nur ein wissendes Lächeln übrig. Immerhin, anders als die unerbittlichen amerikanischen Behörden bemühten sich sowohl das Höchstadter Amt als auch die Berliner Passbehörde, unseren Vorgang in der notwendigen Eile zu bearbeiten.

Man erkannte sogar das Erfordernis an, uns die entscheidenden Passdaten (Passnummer, Ausstellungs- und Ablaufdatum) vorab mitzuteilen, damit das ESTA-Verfahren parallel verlaufen kann. So bekamen wir die Einreisebewilligung in die USA schon mal in "trockene Tücher" und hatten nur noch abzuwarten, dass die Pässe eintrudelten.

Freitagmorgen begann der Countdown, alle hatten großes Herzklopfen und in der Nacht kaum geschlafen. Als die erste Postlieferung für das Rathaus hätte da sein müssen, ca. 9.30 Uhr, riefen wir besorgt an. Nein, es seien keine Pässe eingetroffen, aber nach 11 Uhr gäbe es eine zweite Post.

An diesen Strohhalm glaubte nun keiner mehr; uns verließ jeglicher Mut, und mit der Anspannung fiel auch alle Kraft in sich zusammen. Über Tage hart gekämpft und doch verloren! 11.30 Uhr plötzlicher Anruf vom Rathaus: "Kommen Sie schnell, die Pässe sind da"!

Während die Reisenden die letzten Sachen in die Koffer stopften, eilte ich mit einer Vollmacht ausgestattet zum Rathaus - 12.30 Uhr ist freitags Büroschluss! - und nahm die unfassbar wertvollen Dokumente in Empfang.

Keine drei Stunden später saßen unsere "Stellvertreter" im Zug nach Frankfurt/Flughafen. Und meine Frau und ich fielen erschöpft auf die Couch. Jetzt hoffen wir, dass die gemeinsam durchgestandene Marter zu einem umso größeren Erlebnis auf dem Schiff und den besuchten Antillen-Inseln führen wird.

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Ob Sie für ESTA infrage kommen, können Sie anhand diesem kostenlosen Berechtigungsprüfer feststellen.

 

 

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