Viele Vorteile durch den Biber im Erlanger Umland

Scott Johnston

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7.12.2019, 19:00 Uhr
Sogar Wilfried Schwarz ist immer wieder erstaunt, mit welchem Arbeitseifer sich der Biber auch an größere Bäume wagt. Wer den Nager selbst entdecken will, muss sich in der Dämmerung auf die Lauer legen.

© Scott Johnston Sogar Wilfried Schwarz ist immer wieder erstaunt, mit welchem Arbeitseifer sich der Biber auch an größere Bäume wagt. Wer den Nager selbst entdecken will, muss sich in der Dämmerung auf die Lauer legen.

Kein Tier hat in den vergangenen Jahren die Landschaft an Flüssen, Bächen und Seen so verändert wie der Biber. 100 Jahre lang war er in Bayern ausgerottet, bis auf Initiative des Bund Naturschutzes ab 1966 wieder Exemplare angesiedelt wurden.

Seine mit Ästen abgedeckten Burgen, die in mühevoller Kleinarbeit errichteten Dämme und die Biberrutschen an den Ufern zeugen davon, dass sich Meister Bockert, wie er in Fabeln gern genannt wird, auch im Erlanger Umland mittlerweile sehr wohlfühlt.

Wer die Nager zu Gesicht bekommen will, muss Geduld aufbringen, sich in der Dämmerung gut versteckt mit einem Feldstecher auf die Lauer legen und mucksmäuschenstill sein. Mit etwas Glück lässt sich dann beobachten, wie sich zunächst das Wasser kräuselt und schließlich der dicht behaarte Kopf auftaucht. Nicht selten ist hinter die markanten Schneidezähne ein Zweig geklemmt, mit dem einer der Wälle ausgebessert wird.

Wilfried Schwarz aus Marloffstein, ehrenamtlicher Biberbeauftragter für den östlichen Landkreis Erlangen-Höchstadt und den Landkreis Forchheim, verfügt über eine Wärmebild-Kamera und kann mit ihr den fleißigen Baumeister auch in der Nacht verfolgen. Dabei stellte er fest, dass Altfüchse junge Biber reißen.

Sonst hat Castor fiber nämlich nur den Wolf als natürlichen Feind. Schwarz regte deshalb an, dass beispielsweise im Eckentaler Gemeindeteil Forth Altfüchse nicht mehr geschossen werden, wodurch sich die Biberpopulation auf ein unbedenkliches Maß einpendelte.

Am Brandbach zwischen Neunkirchen und Dormitz hat Meister Bockert, wie der Biber in Fabeln genannt wird, mehrere Dämme errichtet.

Am Brandbach zwischen Neunkirchen und Dormitz hat Meister Bockert, wie der Biber in Fabeln genannt wird, mehrere Dämme errichtet. © Scott Johnston

Auch der Biber wurde früher gejagt. Begehrt war sein dichter Pelz mit 230 Haaren pro Quadratmillimeter — der Mensch bringt es bei seiner Frisur auf dieser Fläche gerade einmal auf sechs Haare. Eingefettet mit dem wasserabweisenden Sekret seiner Öldrüsen macht dieses Fell zusammen mit den Schwimmhäuten an den Hinterpfoten und der breiten Kelle den Vierbeiner zum perfekten Schwimmer.

Da die katholische Kirche den Gläubigen während der Fastenzeit durchaus das ein oder andere Hintertürchen offenließ und den Biber wegen seines beschuppten Schwanzes und seiner amphibischen Lebensweise rein kulinarisch als Fisch einstufte, war er bis ins 19. Jahrhundert auch eine beliebte Speise.

Heute sieht er sich vor allem Konflikten mit Land-, Teich- und Forstwirten ausgesetzt. Befinden sich in der Nähe eines Gewässers Rübenäcker oder Getreidefelder nutzt er diese als Nahrungsquelle. Bekannt ist er auch für seine Sanduhrtechnik, mit der er innerhalb einer Nacht einen bis zu 50 Zentimeter dicken Baum fällen kann. Viele Bauern fluchen zudem, wenn sie mit ihrem Traktor oder Mähdrescher in einen der Gräben krachen, die der Nager zieht.

Durch EU-Recht ist dieser heute streng geschützt, darf nur bei gravierenden Schäden mit einer Ausnahmegenehmigung gefangen und getötet werden. Die Zerstörung der Burgen und Dämme ist gleichfalls verboten und wird mit Geldstrafen bis zu 50 000 Euro sowie gegebenenfalls dem Entzug des Jagdscheins geahndet.

Keine Strafe riskieren

Bevor sie riskieren, vorbestraft zu sein, rät der Biberbeauftragte Bauern, Fischzüchtern und Waldbesitzern dringend, mit ihm über die Untere Naturschutzbehörde Kontakt aufzunehmen. So finde sich fast immer eine Lösung, damit Mensch und Biber prima miteinander auskommen.

Bäume können mit Gittern, Felder durch Elektrozäune geschützt werden. In die Dämme lassen sich Drainagen legen, um Überflutungen zu verhindern. Zentral ist außerdem, einen sechs bis acht Meter breiten Streifen entlang der Ufer nicht zu bewirtschaften, da der Biber diesen lediglich in Ausnahmefällen verlässt und sich die Wasserqualität dadurch erheblich verbessert, was für das gesamte Öko-System eine enorme Bedeutung besitzt.

Nach Aussage von Wilfried Schwarz zahlt das Land Bayern hierfür einen großzügigen Ausgleich. Auch für Schäden, die der Biber verursacht, kommt der Freistaat auf. Ausgerüstet mit Messgeräten, begutachtet der gelernte Forstwirt die gemeldeten Stellen.

Nicht allein Altfüchse sorgen für eine Regulierung des Bestands an Bibern. Im Alter von zwei Jahren wird der Nachwuchs nämlich von den Eltern verstoßen und muss sich ein eigenes Revier suchen. Sind geeignete Gebiete bereits belegt, setzen die Biber ihre scharfen Zähne als Waffen gegen ihre Artgenossen ein, kommt es zu Kämpfen auf Leben oder Tod.

Die Rückkehr des Bibers habe unter dem Strich weitaus mehr Vor- als Nachteile, betont Schwarz. Zwischen dem Ebers- und dem Brandbach bei Neunkirchen haben die umtriebigen Tiere zahlreiche Gräben gezogen und auch das dortige Regenrückhaltebecken integriert, sodass verschiedene Biotope vernetzt werden.

Durch seinen Arbeitseifer schafft Meister Bockert gleichzeitig Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen wie Eisvogel, Ringelnatter, Schwarzstorch, Rohrdommel, Blaukehlchen, unzählige Libellen- und Schmetterlingsarten, Kleinseggen oder Flatterbinsen. Die Vielfalt an Fischen nimmt ebenfalls zu.

Weiterhin wird der Grundwasserspiegel stabilisiert, das Wasser von Sedimenten befreit und der Hochwasserschutz optimiert. Am Ortseingang von Dormitz hat der Biber fünf Dämme errichtet, die bei längeren Niederschlägen wie Puffer wirken.

Schutz gegen Hochwasser

Wilfried Schwarz erinnert sich an einen Starkregen, als das Wasser vom Hetzleser Berg in den Brandbach schoss. Vor Dormitz trat dieser aufgrund der Biberdämme über die Ufer, wurde die Flut durch einen nahen Graben rasch abgeleitet. "Innerhalb weniger Stunden war der Spuk vorbei. Besser und billiger geht es nicht", schwärmt der 65-Jährige.

Regelmäßig bietet er Führungen an, bei denen er zeigt, welch positiven Effekte der Biber für unsere Umwelt hat: "Wie in anderen Bereichen des Lebens ist es eben auch hier besser, sich genau zu informieren, als ungeprüft Vorurteile zu übernehmen."

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