Eine Frage der Transparanz

Welche Sitzungsunterlagen dürfen Kommunen im Internet veröffentlichen?

8.7.2021, 18:20 Uhr
Was in einer Gemeinde- oder Stadtratssitzung besprochen  und / oder beschlossen wurde, landet in Papierform in einer Akte. Ob die Beschlüsse auch der breiten Öffentlichkeit im Internet zugänglich gemacht werden können, ist innerhalb der Kommunen umstritten.

© Sina Schuldt Was in einer Gemeinde- oder Stadtratssitzung besprochen  und / oder beschlossen wurde, landet in Papierform in einer Akte. Ob die Beschlüsse auch der breiten Öffentlichkeit im Internet zugänglich gemacht werden können, ist innerhalb der Kommunen umstritten.

Das wiederum kritisierten einige Räte und auch ein Bürger in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates.

Im März hatte es einen Beschluss des Gemeinderates gegeben: Die Kommune solle auch weiterhin Protokolle als vorläufig gekennzeichnet schon vor Genehmigung durch den Rat online und per Aushang veröffentlichen. Doch das dürfe Heßdorf nicht und schon gar nicht im Internet, erklärte Bürgermeister Horst Rehder (BB). Die Rechtsaufsicht des Landkreises und der Datenschutz stünden dagegen, hieß es aus der Verwaltung. Sollte der Beschluss unwirksam sein, dann müsse den die Rechtsaufsicht ersetzten, kritisierte Manfred Bäreis (CSU).

Jeder hat das Recht auf Einsicht ins Protokoll

Doch warum sollen Kommunen keine Protokolle veröffentlichen? Was hat es mit dem Datenschutz auf sich? Nach der Genehmigung eines Protokolls, im Verwaltungsjargon Niederschrift genannt, hat grundsätzlich jeder Bürger einer Gemeinde das Recht, im Rathaus Einsicht in das Protokoll zu nehmen. Das Gleiche gilt für Personen mit Grundbesitz und Gewerbe in der Kommune.

Das geht aus Artikel 54 der Gemeindeordnung des Freistaates hervor. So begründet es auch das Landratsamt auf Anfrage. Ein direktes Verbot steht dort nicht, wird aber oftmals herausgelesen. Das Landratsamt schreibt: "Das Einsichtsrecht beinhaltet kein Recht auf eine Fotokopie der Niederschrift, lediglich eigenhändige handschriftliche Notizen sind denkbar." Eingesehen werden können nur Protokolle, die bereits durch den Gemeinderat genehmigt wurden.

Bisher keine ausdrückliche Regelung vom Gesetzgeber

Onlineveröffentlichungen von Protokollen gelten als heikel. Nämlich dann, wenn personenbezogene Daten enthalten sind. Dann kommt der Datenschutz zum Tragen. Denn auch bei den einfachsten Sitzungsgegenständen könnten schnell beispielsweise die Namen von Antragsstellern enthalten sein. Wortmeldungen von Gemeinderäten zählen dagegen nicht dazu.

Der Beauftragte des Bayerischen Landtags für den Datenschutz, Prof. Dr. Thomas Petri, schreibt in einem Beitrag von 2018, die Internetveröffentlichung gehe über die in der Gemeinde geregelte "Ortsöffentlichkeit" hinaus. Petri schreibt aber auch: "Ob und in welchem Umfang Sitzungsprotokolle des Gemeinderats im Internet veröffentlicht werden dürfen, hat der Gesetzgeber bisher nicht ausdrücklich geregelt."

Experte: Protokolle könnten weltweit ausgelesen werden

Daher komme die Gemeindeordnung zum Tragen. Auf seiner Homepage ist zu lesen, dass durch die Veröffentlichung im Netz Protokolle weltweit automatisiert ausgewertet und Daten so miteinander verknüpft werden könnten. Solche Risiken müssten von der Kommune beim Onlinestellen berücksichtigt werden.

Alte Sitzungsprotokolle hängen in einem Glaskasten in Heßdorf.

Alte Sitzungsprotokolle hängen in einem Glaskasten in Heßdorf. © Max Danhauser, NN

Die Veröffentlichung des Mindestinhalts hält Petri allerdings für zulässig. Dazu zählen die Verhandlungen des Gemeinderates sowie Tag, Ort und die Anwesenheitsliste der Sitzung.

Auslegung liegt bei der Gemeinde

Denkbar wäre aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Veröffentlichung im Internet dennoch. "Soweit eine Niederschrift bei einem einzelnen Tagesordnungspunkt keine personenbezogenen Daten enthält, kann Datenschutzrecht einer Veröffentlichung im Internet hinsichtlich dieses Tagesordnungspunkts grundsätzlich nicht entgegenstehen", schreibt uns Kai Engelbrecht von Petris Geschäftsstelle. Entscheidet die Kommune? "Die genauere Gestaltung der Einsichtnahme obliegt der Gemeinde im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts", schreibt das Bayerische Innenministerium 2018 auf Anfrage einer Abgeordneten.

Der Gemeinderat kann sich also doch dafür entschließen, mehr zu veröffentlichen. Das sagen gewissermaßen Landratsamt und ähnlich der Datenschutzbeauftragte.

Wer trägt das rechtliche Risiko?

"Die rechtlichen Risiken trägt alleine die betroffene Gebietskörperschaft", schreibt das Landratsamt. Laut Engelbrecht reichen mögliche Konsequenzen für Kommunen von einer Verwarnung bis zu einer Klage. Doch ist das alles noch transparent? Engelbrecht schreibt: "Das Verhältnis von Transparenz- und Vertraulichkeitsinteresse muss anhand der jeweils einschlägigen Vorschriften im Einzelfall bestimmt werden." Man könne nicht sagen, ob immer das eine oder das andere gewinne.

Ausschluss der Öffentlich nur in bestimmten Fällen

Öffentlichkeit sei nach der Gemeindeordnung aber ein Grundgebot, Öffentlichkeitsauschluss nur in bestimmten Fällen notwendig. "Nach dem gesetzlichen Leitbild ist gerade die "Live-Veranstaltung" ein wesentliches Mittel der Transparenz".

Der Datenschutzbeauftragte empfahl in einem Beitrag von 2017 neben der Veröffentlichung ohne personenbezogene Daten zwei weitere Handlungsmöglichkeiten: Passagen mit für den Datenschutz relevanten Daten könnten anonymisiert oder geschwärzt werden. Zweitens wäre die Veröffentlichung eines Sitzungsberichtes denkbar.

Großenseebach hat sich gegen Veröffentlichung entschieden

Auch Heßdorfs Partnerkommune Großenseebach veröffentlicht keine Protokolle mehr. "Die Veröffentlichung von Sitzungsniederschriften im Internet ist nicht zulässig", heißt es auf deren Homepage. Jürgen Jäkel (MfG), Bürgermeister und Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft Heßdorf, erläuterte, den Aushang eines Protokolls kenne die Gemeindeordnung nicht. Das Einsichtsrecht sei für Bürger und Betroffene. Durch Veröffentlichung im Internet und Aushang werde das Protokoll einem erweiterten Personenkreis zugänglich gemacht.

Anders als Bayern handhabt es beispielsweise Baden-Württemberg. Dort müssen Beschlüsse aus öffentlichen Sitzungen von Ausschüssen oder Gemeinderäten spätestens eine Woche nach der Sitzung auf der Gemeindehomepage bekannt gegeben werden.

Wie handhaben es Kommunen im Verbreitungsgebiet?

Markt Eckental Im Ratsinformationssystem gibt es online Protokolle mit Sachvorträgen und den Abstimmungsergebnissen der Sitzungen zum Abruf.

Stadt Herzogenaurach Beschlüsse und ihre Ergebnisse sind online auf der Stadtwebsite abrufbar.

Stadt Höchstadt Die Stadt veröffentlicht keine Protokolle oder eigene Berichte.

Gemeinde Möhrendorf Protokolle werden nicht veröffentlicht. Über das Amtsblatt bekommen die Einwohner aber Zusammenfassungen der Sitzungen.

Stadt Erlangen Alle Niederschriften aus öffentlichen Sitzungen sind mit Sachvorträgen und Abstimmungsergebnis im Ratsinformationssystem online abrufbar.

Landkreis Erlangen Höchstadt Die Pressestelle schreibt: "Es werden zusammengefasste Ergebnisprotokolle der öffentlichen Sitzungen im Internet veröffentlicht."

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