Vielfalt in der Kulturscheune

Weltmusik, Repaircafé und MakerSpace an einem Ort in Baiersdorf

6.11.2021, 18:29 Uhr
Weltmusik, Repaircafé und MakerSpace an einem Ort in Baiersdorf

© Scott Johnston

Wie alle Organisatoren im kulturellen Bereich ist auch Mathias Starick, Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins "Kulturscheune Baiersdorf", erleichtert, dass die Auflagen wegen der Corona-Pandemie schrittweise heruntergefahren werden können. "Am meisten getroffen hat die Krise die Künstler. Eine Band ohne Publikum - das ist ein Albtraum. Auch finanziell war das für viele kaum zu verkraften", hebt der 37-Jährige hervor, der sich als Information Security Officer bei Siemens um die Speicherung und den Schutz von Daten kümmert.

Für den Baiersdorfer Verein bedeutete Covid-19 ein permanentes Auf und Ab. Während der Lockdowns ging gar nichts, dann waren mal zehn, mal 15 Besucher zugelassen. Und immer auf den vorgeschriebenen Abstand von 1,5 Metern zu achten, passt vielleicht noch zu einem klassischen Konzert, bei Heavy Metal schmälert es die Atmosphäre doch um mehrere Dezimeter.

Grenzen durch die Bauordnung

Zugelassen ist die Kulturscheune ohnehin nur für 20 Personen. Dies liegt an der Bayerischen Bauordnung. Der Verein kann nämlich lediglich zwei Parkplätze vor dem Gebäude anbieten. Zusätzliche anzumieten, käme auf Dauer sehr teuer.

Doch Starick und seine Mitstreiter machen aus der Not eine Tugend. So finden kleine Bands, Duos und Solisten in der "Kusch", wie die Kurzform heißt, eine gute Auftrittsmöglichkeit. Dabei wissen sie hier gerade die intime Atmosphäre und den engen Kontakt zum Publikum zu schätzen.

Bei den Stilrichtungen gibt es kaum Einschränkungen. Allerdings achtet der Verein darauf, dass keine Konkurrenz zum Programm des Baiersdorfer Theatervereins entsteht.

Da die alte Fachwerkfassade nicht mehr zu retten war, haben sie Handwerker aus unserem Raum historisch korrekt nachgebaut.

Da die alte Fachwerkfassade nicht mehr zu retten war, haben sie Handwerker aus unserem Raum historisch korrekt nachgebaut. © Scott Johnston

Ansonsten reicht die Palette bei den Konzerten von Folk und Punk über Welt- und elektronische Musik bis hin zu Jazz. Auch ein klassischer Gitarrist hat bereits wegen eines Auftritts angefragt.

Gut angenommen wird die jährliche Gruselnacht zu Halloween. Heuer tragen Alexander Nym und Lars Kamping am 31. Oktober ab 20 Uhr bei entsprechendem Ambiente unter anderem Geschichten von Bram Stoker und H. P. Lovecraft vor.

In der Reihe "Bücher im Gespräch" werden am 29. Oktober das "Deutsche Haus" von Annette Hess und am 26. November "Krank durch Lieblosigkeit", das der Hirnforscher Gerald Hüther verfasst hat, vorgestellt. Ein weiterer Schwerpunkt soll künftig "Frauen in der Literatur" sein.

Streams im Internet

Auch jene, die wegen des knappen Platzangebots keine Karte mehr für Gigs bekommen haben, müssen nicht traurig sein. Mit Kameras werden die Darbietungen gefilmt und als Streams ins Internet gestellt.

Die Kulturscheune ist einst aus einer Rettungsaktion hervorgegangen. Das Gebäude stammt aus 18. Jahrhundert. Allerdings litt die historische Substanz im Laufe der Jahrhunderte unter Umbauten, Nässe und Schädlingsbefall.

Als 2017 der Sturm Egon wütete, sah es sehr schlecht um die Scheune aus. Deshalb entschloss sich Starick, der 2013 das Anwesen erworben hatte, das alte Dach zu ersetzen, Die Fachwerkfassade war ebenfalls marode und nicht mehr zu erhalten. Zwar steht die Scheune nicht unter Denkmalschutz, doch wurde sie historisch korrekt erneuert.

Besonderer Flair

Das Erdgeschoss bietet Raum für Konzerte, bei denen es auch mal lauter wird. Mit nostalgischen Elementen wie einer alten Tauchermaske orientalischen Lampen und Computern aus Zeiten, als Bill Gates und Steve Jobs den übrigen Nerds noch nicht davongezogen waren, wurde der 1. Stock ausgestaltet. Das Wohnzimmer-Feeling ist ideal für einen oder zwei Bühnenakteure und für zwanglose Treffen.

In der Kulturscheune können die Gäste zudem eigenständig etwas schaffen. So stehen ein Töpferofen und eine Werkstatt mit Maschinen für die Holz- und Metallbearbeitung zur Verfügung. Ein 3-D-Drucker, eine Nähmaschine und elektronische Bauteile machen den "MakerSpace" perfekt.

Landwirte liefern an

Spielekonsolen und eine VR-Brille können ebenfalls genutzt werden. Die "Marktschwärmer" haben außerdem mit der früheren Scheune einen Umschlagplatz für die Produkte einheimischer Landwirte, die dort Gemüse, Obst, Eier, Fleisch & Co anliefern.

Jeden dritten Sonntag im Montag ist von 15 bis 18 Uhr das Repaircafé geöffnet. Hier helfen Fachleute beim Reparieren von elektrischen Geräten, Spielzeug, Kleidung und Fahrrädern. Weitere Informationen rund um die Kulturscheune einschließlich der aktuellen Programmübersicht finden sich auf https://kusch-baierdorf.de