Feldpost

Erschütternde Briefe von der ungarischen Front nach Oberweiling

17.5.2021, 18:00 Uhr
Erschütternde Briefe von der ungarischen Front nach Oberweiling

© Werner Sturm

„Wir waren die letzten zehn Tage im Raum von Komorn eingesetzt und schlugen die Russen zurück. Was zehn Tage Einsatz bei der Infanterie bedeutet könnt ihr euch niemals vorstellen, dauernd unterwegs durch Sumpf und Moor watend, keinen Schlaf, manchmal auch zwei Tage kein Essen. Unser Häuflein ist auf eine ganz kleine Zahl zusammengeschmolzen. Ausfälle sind nicht zu vermeiden. Wir alle waren die ganze Zeit dem Tod näher als dem Leben. Ich selbst habe Zehen und Finger erfroren, morgen gehe ich wieder in den Einsatz. In der Hoffnung, dass ich bald Nachricht von euch erhalte grüße ich euch alle, herzlichst Franz.“

Diese Zeilen schrieb der Soldat Franz Pflügl am 17. Januar 1945 von der Front an seine Familie nach Oberweiling bei Velburg. Es war sein letzter Brief in die Heimat. Im Februar ist er im Alter von 29 Jahren durch einen russischen Granatwerfer gefallen in Komorn/St. Peter in Ungarn. Er ruht im Heldenfriedhof Opzalla.

Franz Pflügl wurde im Jahr 1915 in Parsberg geboren, machte im Frühjahr 1936 an der Regensburger Oberrealschule sein Abitur, leistete danach ein halbes Jahr lang seinen Dienstpflicht beim Reichsarbeitsdienst ab, an die sich zwei Jahre Wehrpflicht nahtlos anschlossen. Danach widmete er sich dem Zolldienst, war tätig in Furth im Wald am Gerichtszoll sowie in Nürnberg und wurde dort zum Zollinspektor befördert.

Auch in Russland und Rumänien

Schon Anfang August 1939 wurde er als junger Mann zur Wehrmacht eingezogen, machte den Zweiten Weltkrieg in Polen, Frankreich, der Sowjetunion und Rumänien in seiner Gänze mit, ehe er im Februar 1945 mit gerade einmal 29 Jahren in Ungarn fiel.

Das Burgmuseum Parsberg trägt mit einer Dauerausstellung in zweiten Obergeschoss der unteren Burg dazu bei, dass auch die regionalen Aspekte zu Einzelschicksalen des Zweiten Weltkriegs aufgezeigt werden. In einer Sonderausstellung ist die Vita von Franz Pflügl, quasi von der Wiege bis zur Bahre, eindrucksvoll nachgestellt.

In dieser Ausstellung werden zum allergrößten Teil authentische und originale Unterlagen und Gegenstände des Gefallenen gezeigt, wie zum Beispiel eine Uhr, die Ernennungsurkunde zum Zollinspektor, Bilder seiner Einsatzstationen oder ein Füllfederhalter und ein Taschenmesser. In all seinen Jahren bei der Wehrmacht hat Franz Pflügl trotz widriger Umstände hunderte von Briefen an seine Angehörigen im heimatlichen Oberweiling geschrieben.

Diese beeindruckenden Zeitdokumente erlauben einen direkten und ungeschminkten Einblick in die Strapazen und Gräuel, die ein Soldat im Krieg erleben, erdulden und erleiden musste. Die Feldpostbriefe liefern berührende Einblicke in das Seelenleben von Franz Pflügl. So schreibt er beispielsweise am 4. Dezember 1941: „Wenn wir wirklich einmal aus diesem Massenmorden lebend zurückkommen, sind wir nur noch halbe Menschen.“

Neffe bat um Transkription

Dr. Hubert Hierl, Stadtrat und langjähriger Kulturreferent in Freising, ehemaliger Landwirtschaftsreferent und Landesbeauftragter der Bayerischen Staatskanzlei sowie Leiter der Abteilung Bundesrat in der Bayerischen Vertretung in Bonn, ist ein Neffe von Franz Pflügl. Er war es, der mit der Bitte an den Förderverein Burgmuseum Parsberg herantrat, die Feldpostbriefe seines Patenonkels zu übersetzen und aus der Deutschen Schrift heraus in heutiger Schriftform aufzuzeichnen.

Es war sein Anliegen, dass sein Onkel nicht ganz vergessen werden soll, dass dessen Schicksal als ein prototypischer Vertreter einer verführten und betrogenen Generation, exemplarisch für das Schicksal vieler anderer, der Nachwelt aufgezeigt wird. Der Fördervereinsvorsitzende Johann Skalet und sein Vertreter Gerhard Staudigl haben dieser Bitte gerne entsprochen und die Idee umgesetzt, aus 70 Feldpostbriefen der Jahre 1939 bis 1945 ein 124 Seiten umfassendes Buch zusammenzustellen.

70 Briefe in einem Buch

Das Buch führt den Leser eindrücklich vor Augen, welch hohes Gut der Frieden ist und dass allen daran gelegen sein muss, sich für seinen Erhalt einzusetzen. Außerdem wurde bei der Transkription sehr darauf geachtet, dass eine schriftliche und authentische Übersetzung der Feldpostbriefe, ob im Dialekt oder an sonstigen Eigenheiten des Franz Pflügl, vorgenommen wurde. Es wurde weder grammatikalisch noch rechtschreibmäßig in die Originale eingegriffen um auch nicht die Authentizität zu verfälschen.

Das Buch, dass es lohnt gelesen zu werden, gibt es zum Preis von 16 Euro bei Johann Skalet unter der Telefonnummer (09492) 1505 oder (09492) 5495. Zur Homepage des Burgmuseums geht es hier.

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