Familienministerin: Kindererziehung ist "kein 400-Euro-Job"

24.1.2012, 15:00 Uhr
Familienministerin: Kindererziehung ist

© Natalis

„Wir sollten ein bisschen stärker für unsere Lebensentwürfe einstehen“, appellierte sie beim diesjährigen Landfrauentag in der Altmühlstadt an ihre Geschlechtsgenossinnen.

„Von innen gestärkt für Neues offen“ war die Veranstaltung in der fast bis auf den letzten Platz besetzten Stadthalle überschrieben. Für Haderthauer eine Aufforderung, die „grundsätzlichen Baustellen“ anzupacken. Und eine sehr große findet die Ministerin „für alles“, wie Kreisbäuerin Helga Horrer in ihrer Begrüßung die Bereiche Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zusammengefasst hatte, eben in der Familie und im Sozialen.

Eine „Trendwende“, ähnlich wie vor Jahrzehnten im Bereich Umweltschutz angeschoben, hält Haderthauer für dringend geboten. Damals noch als Exoten angesehen, sind Umweltschützer heute nicht mehr aus dem gesellschaftlichen Bild wegzudenken, die Ökologie steht fast überall an oberster Stelle. Auch die Wirtschaft hat längst erkannt, dass sie kein Wachstumskiller ist, sondern längst ein ganz wichtiger Antrieb dafür. Trotzdem haben vor allem Städter laut Haderthauer kein vernünftiges Verhältnis mehr zu ihrer Umwelt. Man solle einmal Stadtkinder fragen, wo Chicken McNuggets herkommen. Viele hätten auch keine Ahnung mehr von der Zubereitung von Lebensmitteln.

Altersarmut ist weiblich

Ähnlich „lebensfremde“ Entwicklungen stellt die Ministerin im sozialen Bereich fest. Sie äußert sich etwa darin, dass heute alles der „aushäusigen Erwerbstätigkeit“ untergeordnet werde. Früher seien Kinder eine Alterssicherung gewesen, heute fehle das Geld später bei der Rente, wenn man eine Kinderpause einlege. „Es sind vor allem die weiblichen Lebensentwürfe, die im Alter bestraft werden“, weiß Haderthauer, und sie beschreibt das in deutlichen Worten: „Altersarmut ist weiblich!“ Und diese kommt für sie nicht von ungefähr, sondern hängt direkt zusammen mit der „strukturellen Entwertung“ der Familienarbeit. Das Ansehen einer Tätigkeit spiegle sich in deren Bezahlung wider. Solange nicht anerkannt werde, was in der Familie geleistet wird, brauche man sich auch nicht wundern, dass diese Berufe schlecht entlohnt werden.

Mittlerweile herrsche die Meinung vor, dass jede Tätigkeit von der Familie weg delegierbar sei. Damit Frauen und Männer vollzeit und aushäusig arbeiten können, werde heute nahezu alles ausgelagert. Was zur Folge habe, dass das Ansehen der Familienarbeit noch weiter gesunken sei. Doch ist das tatsächlich der richtige Weg? Eine Frage, die Haderthauer mit einem klaren Nein beantwortet: „Kindererziehung ist kein 400-Euro-Job, den man irgendjemandem überlassen kann.“

Gleiches gilt für die Ministerin für die Bereiche Pflege und die Arbeit mit Menschen mit Behinderung. Auch die heute scheinbar allgemein gültige Ansicht, dass man mit Bildung nicht früh genug anfangen kann, hält Haderthauer auf gut Deutsch für Quatsch. Sie frage sich, ob einer dieser Experten schon einmal ein einjähriges Kind in Händen gehalten habe. Dann wüsste er, dass dessen Bedürfnisse völlig andere sind als dreisprachig aufzuwachsen oder bereits den ersten Malkurs zu bekommen. Gerade in diesem Alter sei die „emotionale Bindung“ am allerwichtigsten. Und die können nur die Eltern zu ihrem Kind herstellen, denn Eltern sind diejenigen, die ihre Kinder vorbehaltlos „um ihrer selbst willen“ lieben. „Eltern kann man nicht austauschen“, steht für Haderthauer deshalb fest.

Kinder als Störfaktor

Eine Gesellschaft, die dem sozialen Wirken und dem Miteinander der Generationen keinen Raum mehr gebe, beraube sich ihrer „Vitalität“. Und ihres Nachwuchses: Viele Jugendliche halten die Gründung einer eigenen Familie für ein wichtiges Ziel, wollen, wenn sie gefragt werden, unbedingt Kinder bekommen. Zehn Jahre später sehe das dann schon ganz anders aus. Nur noch „manche Helden“ trauten sich, Kinder in die Welt zu setzen. Denn Kinder seien mittlerweile „Störfaktoren“ für ihre Eltern geworden, die sie daran hindern, einer vernünftigen Beschäftigung nachzugehen und deshalb „möglichst schnell outgesourct werden müssen“, brachte es Haderthauer sarkastisch auf den Punkt.

Am Ende machte Haderthauer mit einem Trick noch einmal deutlich, was sie meint: „Lassen Sie uns die Welt einmal umdrehen“, forderte sie ihr Publikum in der Stadthalle auf. Und kam zu dem Schluss: Wenn Männer für die Kindererziehung zuständig wären, dann wäre natürlich dieser Bereich in der Gesellschaft hoch angesehen, die aushäusige Arbeit der Frauen dagegen eindimensional und für das gesellschaftliche Fortkommen nicht wirklich wichtig. Eltern, so das Fazit der Ministerin, müssen es sich wieder leisten können, „die Lebenspartner ihrer Kinder“ zu sein. Und um hier eine Umkehr zu erreichen, setzt die Ministerin auf die „wirkmächtigste Frauenbewegung in Bayern“: die Landfrauen.

 

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