Harald Hubl: Mit dem Zeichenstift im prallen Leben

28.8.2019, 11:00 Uhr
Harald Hubl: Mit dem Zeichenstift im prallen Leben

© Foto: Udo Güldner

Wer irgendwann einmal in den Kellerwald eintaucht, hat gute Chancen, auf einer der Skizzen Harald Hubls wieder aufzutauchen. Zwingt ihn doch sein Hund Paul zum täglichen Spaziergang, der ein ums andere Mal am Eichhörnla oder am Schindler-Keller ins Stocken gerät.

Dann fließen die Ideen, vom Bier befördert, nur so aus dem Buntstift. Es sind diese lebendigen Szenen, die auf Annafest-Krügen und Kunstkalendern zu sehen sind und die Hubl zu einer populären Persönlichkeit innerhalb des kulturellen Lebens seiner Wahlheimat gemacht haben.

Diese Beliebtheit und sein Renommee haben ihm jetzt die Nominierung zum Kulturpreis eingebracht, die auf Bürgervorschlägen beruht, dann folgt die Auswahl durch eine Jury und es bedarf der Zustimmung des Stadtrates.

Als Lithograph angefangen

Ein Franke ist Harald Hubl nämlich erst durch Zuzug geworden. Das sind ja dann oft die besten Einheimischen. Der Zweite Weltkrieg und die Kriegsgefangenschaft des Vaters hatte die Familie nach Munster in der Lüneburger Heide und später in die Heilstätten-Siedlung nach Fürth verschlagen.

Der Wunsch, die Welt und das darin Erkannte auf Papier zu bannen, entstand bereits früh. Er sei von Kindesbeinen an besessen gewesen, so Harald Hubl. Möglicherweise hat sein Vater, der vor seiner Vertreibung aus dem Sudetenland Porzellan bemalt hat, seinen Anteil daran.

Im jugendlichen Alter jedenfalls bestärkt der Kunstlehrer Heinz Weidlich an der Berufsschule für Gestaltung in Nürnberg seinen Schüler. Harald Hubl, der nur einen einfachen Volksschulabschluss hat, beginnt eine Lehre als Lithograph in Fürth. Drei Jahre lang lernt er das Handwerk bei der renommierten Kunstanstalt Krugmann von der Pike auf.

Tage und Abende für die Kunst

Daneben widmet er sich auch abends in Atzenhof der Kunst. Bei Johann Helmut Schmidt-Rednitz übt er sich im Akt-Zeichnen. Einzig mit dem Ziel, es "Nur durch Tun", wie der Titel seiner Ausstellung jetzt heißt, zur Kunstakademie Nürnberg zu schaffen. Der Kraft-Akt gelingt.

Als er zuerst bei Günter Voglsamer und später bei Clemens Fischer lernt, fragt ihn keiner nach dem Abitur. Qualifikation ist alles. Folgerichtig wird er Assistent des Professors. Mit monatlich nicht einmal 1000 Mark, von denen einer auch Anfang der 70er Jahre mehr schlecht als recht leben kann.

So kommt es, dass Harald Hubl Studenten unterrichtet. Zumal solche, die deutlich älter sind als er. Diese Aufgabe hat er bis vor fünf Jahren mit großer Leidenschaft betrieben.

Nun zeigt die Retrospektive, die ein ganzes Künstlerleben einschließt, alles, was Harald Hubl im Laufe der Jahrzehnte geschaffen hat. Der Künstler hat in Schränken geforscht und zu einem frühen Selbst gefunden.

Da werden fränkische Bilderwelten an die Oberfläche gelangen, die um Drosendorf, Kirchehrenbach oder Serlbach kreisen. Sogar Selbstbildnisse sind darunter, die ihn am Steuer eines VW-Käfers zeigen. Die Mimik erinnert ein bisschen an Steindrucke, die Günter Grass gefertigt hat. Die Erinnerungen schweifen ab zu Kollegen wie Horst Janssen, die mit ihren Radierungen, Siebdrucken und Holzschnitten vor mehr als 30 Jahren groß in Mode waren.

Einflüsse von außen

Damals sind Harald Hubls Werke weniger farbenfroh. Seine Schausteller-Serie wirkt in ihrem Grau beinahe depressiv. Auch das Format hat sich geändert. Seine Darstellungen Venedigs, die als Veduten ihren kunsthistorischen Ursprung im Barock haben, sind Panoramen, die einen schmalen Ausschnitt der Stadt zeigen. Es sind keine weichgespülten Postkartenmotive, sondern abstrahierte Ansichten, die der Fantasie viel Raum geben.

Es war seine Frau Marianne, die ihn nach Venedig gelockt hat, da entstanden dann die wunderbaren Motive von Pallestrina, von der Insel Murano mit ihrer Kathedrale und vom malerischen Zattere-Kai mit seinen pittoresken Häusern. All das ist jetzt in der Schau zu Ehren des Künstlers zu bewundern. Auch wenn Harald Hubl sein Atelier unter dem Dach hat, ein Elfenbeinturm ist es nicht. Er ist mit seinem Skizzenbuch stets am Ort des Geschehens. Egal ob er nun am Rande des Gardasees sitzt, im Zentrum Dresdens flaniert oder die vielgestaltigen Ufer des Etschtales ins Auge fasst.

Zwei, drei Stunden freut er sich über das Da-Sein, am besten an einem schattigen, regensicheren Plätzchen, bevor er zu Hause die Zeichnung mit Farben zu einem Aquarell verdichtet. Das Intime und Zurückhaltende ist dem eher Flächigen und Plakativen gewichen.

Zur Preisverleihung hat sich Harald Hubl eine Überraschung für die Besucher ausgedacht, die an seinen Vater erinnert. Nur soviel sei verraten: Der verdiente seinen Lebensunterhalt als Bierkutscher bei der Fürther Traditionsbrauerei Humbser.

InfoDie Ausstellung "Nur durch Tun" ist vom 20. September bis 27. Oktober im Pfalzmuseum zu sehen. Öffnungszeiten: Di. bis So., 10 bis 17 Uhr. Die Vernissage findet am Donnerstag 19. September, um 19 Uhr statt. Die öffentliche Kulturpreisverleihung ist am Sonntag, 22. September, um 17 Uhr. Harald Hubl stellt bis 6. Oktober im Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld aus und mit Erich Müller (Kirchehrenbach) und Milada Weber (Wimmelbach) gehört er zu "Die Drei – Kunst im Museum". Di. bis So.. von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

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