200 Meter freie Fahrt: Als Muggendorf noch Schneeparadies war

Annika Falk-Claußen

Redakteurin Nordbayerische Nachrichten Forchheim

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22.12.2019, 12:00 Uhr
Die Skipioniere der Fränkischen Schweiz bauten sich ihre Ski vor 50 Jahren noch selbst aus Eschenholz. Für den Lift mussten sie 17 000 Mark zusammenbringen.

© Archivfoto: Paul Pöhlmann Die Skipioniere der Fränkischen Schweiz bauten sich ihre Ski vor 50 Jahren noch selbst aus Eschenholz. Für den Lift mussten sie 17 000 Mark zusammenbringen.

Zwar konnte in den vergangenen zwei Jahren aufgrund des Schneemangels kein Liftbetrieb angeboten werden, dennoch haben die Mitglieder der Skigesellschaft vor wenigen Wochen zum 50. Mal den Skilift am "Schützenberg" in Muggendorf aufgebaut.

Begonnen hatte das Skifahren in Muggendorf, als die Brüder Paul und Heinrich Pöhlmann sowie Adolf Wunder und einige Freunde auf die Idee kamen, im Winter nach der Schule Ski zu fahren. Die jungen Männer, die zu Hause in der Landwirtschaft mithelfen mussten, hatten im Sommer kaum Zeit für Sport und suchten deshalb etwas für den Winter.

"Ein Nachbar, der fünf Jahre älter war als wir, hat aus Eschenholz selbst Bretter geschnitten und geschnitzt", erinnert sich Paul Pöhlmann, der Weihnachten 1944 seine ersten Ski geschenkt bekommen hat, da sich sein Cousin beim Skifahren den Arm kompliziert gebrochen hatte. "Wir sind dann immer zu Fuß den Hang hochgestiegen und zwei bis drei Mal runter gefahren, das war ganz schön anstrengend."

Mit der Wasserwaage am Hang

Als dann Adolf Wunder in den 60er Jahren Vorsitzender der örtlichen Flurbereinigung wurde, bekam er den Auftrag, auch für den Sport in Muggendorf etwas zu tun. "So kam es zum Sportplatz und dazu, dass der Hang planiert worden ist", so Paul Pöhlmann, der sich zwischenzeitlich Ski gekauft hatte. Außerdem hatte er Kontakt zu Bernhard Czieslik, der in Forchheim ein Sportgeschäft betrieben hat und in Verbindung stand mit einem Mann aus Schwaben, der Skilifte baute. "Wir haben dann den Hang nach dessen Anweisung vermessen in Länge und Höhe, mit einer Latte und einer Wasserwaage", erinnert sich Paul Pöhlmann, der damals bereits zweiter Bürgermeister war.

Nun mussten die Skipioniere der Fränkischen Schweiz irgendwie 17 000 Mark auftreiben. Also traf man sich im Gasthof Walch und legte 500 Mark als Mindest-Einlage für eine Finanzierung des Schlepplifts fest. Nachdem die 16 Gründungsmitglieder Geld beigesteuert hatten, fehlten noch 4500 Mark, die der Grundstückseigentümer Karl-Hans Seybert als Restfinanzierung beisteuerte.

30 Pfennig pro Fahrt

"Und dann bauten wir im Herbst 1970 den ersten Skilift im Landkreis Ebermannstadt auf", so der heute 81-jährige Altbürgermeister. "Doch es schneite erst an Silvester. Ich weiß noch, dass ich bis mittags in Forchheim im Eisenbahnbüro arbeiten musste und es um zehn Uhr angefangen hat zu schneien."

Markus Pöhlmann (vorne) hat den Vorsitz der Skilift-Gesellschaft vor gut zehn Jahren von seinem Onkel Paul übernommen, der das Amt 40 Jahre lang innehatte.

Markus Pöhlmann (vorne) hat den Vorsitz der Skilift-Gesellschaft vor gut zehn Jahren von seinem Onkel Paul übernommen, der das Amt 40 Jahre lang innehatte. © Foto: Annika Falk-Claußen

Ihm, dem Antreiber und ersten Vorsitzenden der Skiliftgesellschaft, gebührte die erste Bergfahrt. 30 Pfennig kostete damals eine Fahrt und Paul Pöhlmann erzählt gerne die Anekdote, als sich ein Bauunternehmer und der Besitzer des Kolonialwarengeschäfts unterhielten und prognostizierten: "Des is a Goldgrube!"

Ganz so lukrativ entwickelte sich der Skilift nicht, aber mit viel Begeisterung bauen die Mitglieder der Skiliftgesellschaft, die seit 2005 auch ein eingetragener Verein ist, den Lift jedes Jahr im November auf. Auch wenn es zwischendrin immer wieder Jahre (insgesamt waren es seit 1970 acht) gab, in denen der Schnee nicht ausreichte.

Haselnussstauden im Weg

In den Anfangsjahren musste man sich am "Schützenberg" noch durch Haselnussstauden und Apfelbäume seinen Weg ins Tal suchen, 1973 stellte Christoph Kobmann seinen Hang zur Verfügung, sodass künftig zwei Abfahrten möglich waren, die nach und nach auch von Bäumen und Sträuchern befreit worden sind. Die Höhepunkte waren wohl die Skirennen der Kreisjugendpflege in den 80er Jahren. Parallel dazu wurden unterhalb der Skihütte Langlauf-Loipen gespurt. "Das ging aber die vergangenen Jahre gar nicht mehr", sagt Markus Pöhlmann, der den Vorsitz der Skigesellschaft vor zehn Jahren von seinem Onkel Paul übernommen hat.

Anfangs wurden nur Angehörige der Gründungsmitglieder in die Gesellschaft aufgenommen. Diese Regelung lockerte man und heute zählt der Verein, die "große Muggendorfer Skifahrerfamilie", wie sie Paul Pöhlmann nennt, 83 Mitglieder. Kinder und Enkelkinder lernten am "Steilhang", wie er von den Einheimischen gerne genannt wird, das Skifahren.

Die schneereichsten Jahre

Die meisten Lifttage hatte der Verein in der Saison 2001/02, als vier Wochen fast durchgehend Ski gefahren werden konnte. Auch der Jahresanfang 2017 war sehr schneesicher, an allen Januar-Wochenenden sausten die Skifans den Hang hinunter.

Sogar Flutlicht gibt es

Nachdem es schon immer eine Skihütte gegeben hat, die immer mal wieder erweitert worden ist, musste im Jahr 2006 ein Neubau her. Dank Fördermittel für das "grüne Klassenzimmer", ein Projekt, das der ehemalige Streitberger Förster Erwin Bittermann betreut, konnte eine Hütte mit Küchenzeile und Toiletten gebaut werden, die im Sommer für waldpädagogische Angebote genutzt wird. Seit einigen Jahren gibt es in Muggendorf sogar eine Flutlichtanlage. So wurde auch schon mal an Silvester ins neue Jahr gefahren.

"Normalerweise haben wir die Liftanlage bis Ostern stehen", so Markus Pöhlmann, der dank des Lifts seit seinem dritten Lebensjahr auf Skiern steht. "Doch es gab auch mal ein Jahr, da haben wir sie Ostersamstag ab- und Ostermontag wieder aufgebaut." Für diese Saison hoffen die Skifans aus Muggendorf – wie jedes Jahr – auf möglichst viel Schnee und viele Lifttage.

Fakten zum Skilift in Muggendorf

Die Talstation liegt auf 340 Metern Höhe. Der Höhenunterschied zur Bergstation beträgt 50 Meter.

Die erste Versammlung fand am 17. August 1970 im Gasthaus Walch statt. Vier Tage später gründete man die Liftgesellschaft im Gasthof Kohlmannsgarten.

Gründungsmitglieder: Paul Pöhlmann, Heinrich Pöhlmann, Bernhard Czieslik, Adolf Wunder, Karl-Hans Seybert, Wilhelm Wehrfritz, Reiner Rußler, Heinrich Taut, Günter Hofmann, Horst Feiler, Richard Sebald und Fritz Wehrfritz

Eröffnung des Liftbetriebs: Silvester 1970. Bau einer Hütte im Jahr 1971, Erweiterung 1983/84, Neubau 2006/07.

Höhepunkte: Skirennen der Kreisjugendpflege in den 80er Jahren. 2004: Umstellung von Dieselmotor auf elektrischen Antrieb des Lifts.

Ob der Skilift geöffnet hat, kann telefonisch bei der Gemeinde erfragt werden, Telefonnummer (09196) 92990.

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