Angusrinder aus dem Leinleitertal

22.2.2020, 14:00 Uhr
Angusrinder aus dem Leinleitertal

© Markus Ott

"Des bassd zamm' wie der Stecker in die Dos'n", sagt der Angusrinder-Züchter Markus Ott. In "Öbalada" der Winterstall, in "Ündalada" die 50 Hektar Sommerweiden, auf denen sich schon 2017 der Angusbulle Leo das Zeug zur Goldmedaille angefuttert hat. Jetzt wiederholte dessen Sohn Lanny das (süddeutsche) Meisterstück im schwäbischen Ilshofen unter 29 Konkurrenten.

Württemberg und Bayern beteiligen sich an der Veranstaltung, bei der eine dreiköpfige "Körkommission" innerhalb der jeweiligen Rinder-Rasse und -Altersklasse Noten für Typ, Bemuskelung und Skelett vergibt.

Der schönste Angus-Vertreter und "Champion 2020" ist Jungstier Lanny aus dem Leinleitertal, entschieden die Juroren. Und Lanny ging bei der Auktion für das teuerste Geld an einen Züchter am Starnberger See und macht den Kühen Mutterfreuden, dazu ist er "angestellt".

Die ganze Familie Ott ist mit Opa Hans stolz auf die Titelverteidigung: der Betrieb, der Zuchterfolg wäre ohne den 72-Jährigen nicht möglich, denn bis heute ist er es, der morgens das Licht anknipst und abends ausmacht.

Gebürtig und aufgewachsen auf dem elterlichen Hof in Oberleinleiter hat der Vater von Markus in Unterleinleiter eingeheiratet, bei den "Stuhlmüllern" – so der unter den Alten noch gebräuchliche Hausname, der wohl von Ahnen aus Veilbronn stammt. Fortan war er im Dorf der "Schduhlmüllers-Hans". In der Milchwirtschaft sah der gelernte Elektriker (und Ausbilder bei Siemens) kein Auskommen mehr auf den eigenen zwölf Hektar; so legte sich der immer schon als "Tüftler und Experimentierer" bekannte Mann eine wachsende Angusherde zu, die die Weiden an den Talhängen von Unterleinleiter abgraste.

Die Landschaftspflege sah Hans Ott schon als Notwendigkeit, als anderen der Begriff noch fremd war. 1994 ist Sohn Markus in das Geschäft eingestiegen, 2008 hat er das Erbe angetreten. Schon begleitend – zum Studium – entwickelte er eine Zuchtstrategie die ihresgleichen suchte.

Im Hauptberuf ist Markus Ott nach wie vor Berufsschullehrer (Fachrichtung Metall) in Bamberg. Seine Frau Alexandra leitet die Mittagsbetreuung an der Grundschule Unterleinleiter, steht als FWG-Gemeinderätin für das Ferienprogramm und ist Mittlerin zwischen den Interessen daheim. Da bleibt für das "operative Geschäft" (Transport, Fütterung und Ausstallung) nur noch der Nachwuchs: Vorrangiges Ziel für Miriam (16) und Jonathan (17) ist das Abitur am Ebermannstädter Fränkische Schweiz-Gymnasium. Aber nach den Schulstunden steigen beide mit Elan über das Gatter in den Offenstall, zu den bereits selektierten Jungbullen, und schwingen die Gabeln.

"Manchmal wird’s kompliziert"

Heute haben Vater und Tochter schon mal eine Auswahl unter den einjährigen Rindern getroffen: Wer geht in die Mast und Fleischproduktion, wer in die Nachzucht?

Dies ist auch der Zeitpunkt für die Namensgebung: im "Herdbuch" (Stammbuch) besteht dazu die Vorgabe, dass der Initialbuchstabe innerhalb einer Zuchtlinie beizubehalten ist; hier also "Leo" der Vater, "Lanny" der Sohn. Das "L" gilt auch für die Geschwister. "Manchmal wird’s kompliziert", sagt Markus.

Zweimal im Jahr ist das Gewicht zu registrieren (die Steigerung ist ein wichtiger Indikator für die Leistung), ausgedrückt im "Referenzzuchtwert Fleisch" (RZF). Für Lanny sind 17 Prozent über dem Relativwert 100 verzeichnet. "Das sagt schon viel aus", so der Experte.

Die Mutterkuhhaltung ist das Grundprinzip, betont Ott. Von 30 Kühen kommt ab Ende Oktober bis Mitte Dezember der Nachwuchs; jährlich 30 Kälber, die in den ersten zehn Monaten die Milch aus den Eutern saugen, dann kommen die "Absetzer" in Oberleinleiter an die Grassilage, Heu und Stroh. Alles wird selbst produziert auf den Futterflächen in Unterleinleiter, der Maschinenring Fränkische Schweiz steht in Lohnarbeit.

Um die Zukunft des Familienunternehmens ist es gut bestellt, hat doch der Chef den Stallungen erst 2018 eine neue Stahlhalle übergestülpt. Zum "Logistiker" entwickelt hat sich Sohn Jonathan: mit dem Fuhrpark sind die Tier-, Futter- und Abfälle zu transportieren, allein 600 Tonnen Festmist sind jährlich der Biogasanlage im nahen Brunn zuzuführen, wo aus Methan im geschlossenen Kreislauf Strom wird. Der Filius kann es sich gut vorstellen, in die Fußstapfen von Opa und Vater zu steigen. Miriam kümmert sich um die Buchhaltung, Austausche mit dem Bauernverband und die steuerlichen Angelegenheiten.

."Hornlos" ist genetisch bedingt

Die über 80 Tiere sind alle "hornlos", fällt dem Laien auf. Das sei bei der erstmals im schottischen Aberdeen nachgewiesenen Rinderrasse genetisch bedingt, erklärt der Betriebsleiter zur Eigenheit der Rasse, bei der das Fell mal schwarzbraun, mal rot ausfallen kann. Wichtiger ist die Gesundheit der Vierbeiner, aufwendig ist die Klauenpflege, die einmal im Jahr sein muss.

Ein Tierarzt ist auf dem Hof eher selten anzutreffen, beim "Abkalben" mal, wenn der Erfahrung nach eine schwierige Geburt bevorsteht.

Bis Mitte 2018 haben die Otts jedes Kilo Rindfleisch selbst vermarktet, das ist nach dem verschärften Lebensmittelgesetz nicht mehr möglich. In "Öbalada" gehören die "Ündaladara" dazu, existiert die Hofstelle unterhalb des "Kreuzstein"-Felsknocks doch schon seit 150 Jahren. Da gehört es zum Alltag, dass der "Ruheständler" Hans früh das Licht anknipst und abends ausmacht. "Freiwillig", unterstreicht er.

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