Annafest-Aus in Forchheim: "Die Lage ist katastrophal"

17.4.2020, 16:40 Uhr
Abendstimmung am Annafest: Diese Impression wird es in diesem Jahr nicht geben. Das Riesenrad, Symbol des Forchheimer Annafestes, schlummert noch im Depot.

© Ralf Rödel Abendstimmung am Annafest: Diese Impression wird es in diesem Jahr nicht geben. Das Riesenrad, Symbol des Forchheimer Annafestes, schlummert noch im Depot.

Mehr als 350 Tage wartet der Forchheimer, auf “sein Fest aller Feste”. Man nimmt extra Urlaub, macht monatelang vorher mit Freunden, die es in die Ferne verschlagen hat, Termine aus zum Biertrinken, Weintrinken, Plaudern unterm Blätterdach: Doch das Annafest findet in diesem Jahr nicht statt.

Dass die Absage des Forchheimer Herzensfestes nicht nur ein hochemotionales, sondern auch ein wirtschaftliches, monetäres Thema ist, wurde beim Pressetermin mit Oberbürgermeister, Bürgermeister und Verantwortlichen einmal mehr deutlich.

Michael Drliczek ist 49 Jahre alt und stammt aus einer alten Schausteller-Dynastie. Das Riesenrad seiner Familie auf den Unteren Kellern gehört seit Jahrzehnten zum Annafest wie Bier und Brotzeit. “Von Kindheit an”, erzählt Drliczek, sei er auf dem Annafest, dass er diesen Sommer ohne Annafest leben muss, “das kann ich mir noch gar nicht vorstellen”.

Eingelagertes Wahrzeichen

In einer großen Lagerhalle an der Forchheimer Lände hat Drliczek das Wahrzeichen mit den Gondeln und bunten Lämpchen eingelagert, eigentlich nur für die Wintermonate, in denen eh kein Geschäft ist. Doch das Riesenrad wird wohl noch länger im Lager bleiben.

"Die Lage ist katastrophal”, umreißt der 49-Jährige die Situation, und meint damit nicht nur die Absage des Annafestes. “Seit Saisonbeginn im Frühjahr hoffen wir, dass es endlich wieder losgeht.” Im März startet normalerweise die Festsaison mit den Frühlingsfesten, doch erst wurde der Fürther Frühlingsmarkt abgesagt, wenig später das Nürnberger Frühlingsfest.

“Und dann haben wir auf Pfingsten gehofft”, sagt Drliczek und auf die großen Volksfeste in den Sommermonaten. “Zu Weihnachten hatten wir die letzten Einnahmen” sagt Drlizeck, der einen Glühwein-Stand am Forchheimer Weihnachtsmarkt betreibt.

Hilfeprogramm des Bundes als Überbrückung

Der klassische Schaustellerbetrieb ist ein Familienbetrieb, sagt er. Will heißen: Mit dem Ausfall der Feste fällt nicht nur ein Verdienst weg, sondern die Einnahmen, auf die sich ganze Familien stützen. “Das Annafest ist ein bedeutendes Fest”, sagt er, “der Ausfall tut richtig weh”. Doch Drliczek spricht nicht nur für sich allein, der 49-Jährige ist auch der Beauftragte des Schaustellerverbandes für Forchheim und Bamberg.

Das Hilfeprogramm des Bundes sei gut für die Überbrückung, sagt er, und doch “sind wir Schausteller gewohnt selbständig zu sein und auch selbständig für uns zu sorgen.” Und doch habe er für die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie “vollstes Verständnis. Gesundheit geht vor Wirtschaftlichkeit”. "Die Menschen lieben dieses Fest, es schmerzt mich sehr, das ist ein großer Verlust”, sagt Oberbürgermeister Uwe Kirschstein.

Kein Handlungsspielraum

Und doch “ist das eine klare Maßgabe, die wir bekommen haben, da gibt es nichts zu deuteln. Wir haben keinen Handlungsspielraum”, so das Stadtoberhaupt. Wie berichtet, hofft der OB “auf Kompensationsmöglichkeiten des Freistaats”. Schließlich lebe Bayern, wie kein anderes Bundesland, von den Volksfesten “das ist ein Alleinstellungsmerkmal”. “Ich wünsche mir ein klares Signal und dass der Freistaat dazu steht."

"Die Menschen haben große Sehnsucht nach Geselligkeit und Gemeinschaft", so Oberbürgermeister Uwe Kirschstein.  Ein angedachtes "Annafest light" könne zum Beispiel, "wenn es schon keinen Bierkeller- Saisonauftakt gibt", zum Schluss der Kellersaison stattfinden. "Konkrete Pläne", so Kirschstein, gebe es jedoch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht.

 

Dass in seinem letzten “Dienstjahr” als Bürgermeister das Annafest nicht stattfindet, schmerzt Annafest-Bürgermeister Franz Streit: “Das tut besonders weh.” Streit treibt auch die “Angst und Sorge um die Kellerwirte” um. “Viele erwirtschaften am Annafest ihren Grundstock für ein ganzes Jahr.”

Die Gebühren der Wirte, die an die Stadt gehen, sollen deswegen für das Jahr 2020 ausgesetzt werden, der Stadtrat muss diesem Vorschlag noch zustimmen. Ebenfalls, so OB Kirschstein, soll auch auf Vorschlag von Citymanagerin Elena Büttner dem Stadtrat vorgeschlagen werden, auf das Erheben von Gebühren für die Innenstadt-Händler zu verzichten, etwa auf Gebühren für Außenbestuhlung, Markisen und Werbe-Aufstellern vor den Geschäften.

Für Michael Drliczek rangiert das Annafest unter den Top 3 der “wichtigsten Feste im ganzen Jahr”. Jahr für Jahr bewerben sich mehr Aussteller, als es Plätze gibt für das Annafest, betont Franz Streit. Nach einem Auswahlverfahren haben die Schausteller wie Drliczek bereits im Dezember vergangenen Jahres ihre Zulassung fürs Annafest bekommen, informiert Ferdinand Drummer, Marktleiter am Forchheimer Ordnungsamt.

Ob man die Stadt dafür belangen könnte? Das muss Drliczek verneinen: “Die Möglichkeit eines Regresses gibt es nicht”, sagt er. Jetzt hofft Drliczek auf die Zeit von September und Oktober. Wir “Schausteller sind berufsmäßige Optimisten“, sagt er.

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