Ansichten über jüdisches Leben am Land

16.7.2009, 00:00 Uhr
Ansichten über jüdisches Leben am Land

© Rolf Riedel

ERMREUTH (rd) -Benedikt Rösch, Michael Bezold und Stefan Gruner hatten sich, unterstützt von ihrem Seminarbetreuer, dem Pastoralreferenten Matthias Nunner aufgemacht, um nach den verbliebenen Spuren des einstmals blühenden jüdischen Lebens in fränkischen Landgemeinden zu suchen.

Die drei jungen Männer sammelten Belege, suchten nach einschlägiger Literatur, befragten Zeitzeugen und hielten viele Ergebnisse im Bild fest. Und bald machten sie alle drei die Feststellung, dass eine große Kultur verloren gegangen war, Impulse die aus dem Leben und Wirken jüdischer Mitbürger befruchtend in das allgemeine Leben wie selbstverständlich eingegangen waren.

Benedikt Rösch nahm die Aussage des Rabbiners Herzberg wörtlich. Er beschäftigte sich in seiner Arbeit explizit mit dem Landjudentum. Weil sie ein Handwerk nicht ausüben durf-ten, waren sie als Händler und Geldverleiher unterwegs. «Leben und leben lassen» war ihre Maxime. Rösch beschrieb Bräuche, die heute höchstens die Großelterngeneration aus eigener Anschauung kennt.

Wer weiß Ausdrücke wie «Masseltov», «Chuzpe» oder «Tinnef» noch einzuordnen? Als Händler und Geldverleiher waren sie bei den Mitbürgern, die nicht ihrem Glauben angehörten, nicht immer uneingeschränkt beliebt. Schnell haftete ihnen der Ruf eines «Wucherers» an, obwohl sie den Bauern bei Viehgeschäften oft zinslosen Kredit gewährten. Und nur allzu schnell waren die Andersgläubigen bereit, gerade in Franken, den Streicher-Parolen zu folgen.

Einzelschicksal greifbar

Michael Bezold hatte als Schwerpunkt seiner Arbeit die Pogromnacht vom November 1938 auch als «Reichskristallnacht» in den Sprachgebrauch eingegangen, und deren Auswirkun-gen untersucht. Dazu hatte er Zeitzeugen befragt. Dabei musste er die Feststellung machen, dass die Beschreibung von Einzelschicksalen erst das wirkliche Ausmaß der begangenen Verbrechen für einen Außenstehenden begreifbar macht.

Solche Informationen, so die Aussage des Autors, sollten nachkommenden Generationen erhalten bleiben, damit auch sie die ganze Brutalität ethnischer Ausgrenzungen zu begreifen lernen.

Der Dritte im Bunde, Stefan Gruner, untersuchte die Möglichkeiten, wie man Schülerinnen und Schüler einer siebten Klasse einen jüdischen Friedhof und die Sterbe-Rituale des jüdischen Glaubens näher bringen kann. Spielerisch, so die Vorgabe, sollten sie einen solchen Bereich entdecken und dabei in eine ihnen fremde Kultur eindringen und sie verstehen können.

Grabsteine erzählen

Die Inschriften auf den Grabsteinen verraten viel über die ausgeübten Tätigkeiten, die Einstellungen und den Glauben. Und dabei erkannten sie, dass es gar nicht so schwer ist, verschiedene Symbole auf den Grabsteinen zu deuten und ihre Überlieferungen zu verstehen. Die Facharbeiten wurden in Kopie dem Ermreuther Synagogenmuseum zur Verfügung gestellt und können während der Ausstellungsdauer eingesehen werden.

Nun wurde also die Ausstellung auf der Empore der Ermreuther Synagoge eröffnet. Der Besucher steigt dazu 21 Stufen empor, auf die kleine Trittsteine ausgelegt sind, die die Namen von ermordeten ehemaligen Ermreuther Bürgerinnen und Bürgern tragen, die für ihren Glauben gestorben sind.

Öffnungszeiten jeden Sonntag von 15 bis 18 Uhr. Führungen sind nach Vereinbarung auch zu anderen Zeiten möglich. Anmeldung und Info unter (0 91 34) 7 05 41 und 92 78.