Auch in Forchheim protestieren Kritiker der Corona-Beschränkungen

10.5.2020, 14:36 Uhr
Auch in Forchheim protestieren Kritiker der Corona-Beschränkungen

© Foto: Udo Güldner

Ein schmaler Grat in Form eines roten Seiles trennt die Demonstranten von den Passanten. Wobei weder irgendwelche Musik zu hören ist, noch irgendwelche Reden gehalten werden, technische Verstärkung hat man sich auch nicht geholt. Dieses ruhige Auftreten ist Absicht. Versammlungsleiter ist Reiner Pracht aus Poxdorf, den man an anderer Stelle schon als vehementen Windkraftgegner kennengelernt hat. Nun freilich hat sich der ehemalige Software-Entwickler, der bei den Siemens Healthineers arbeitete, ein neues Feld gesucht: Corona und die damit verbundenen Einschränkungen.

Prachts Kritik und die seiner Mitstreiter aus dem ganzen Landkreis ist fundamental. "Wir sind mit den Einschränkungen der Freiheit und Selbstbestimmung nicht mehr einverstanden." Woche für Woche würden die in Aussicht gestellten Lockerungen verschoben. Dabei seien viele Menschen im persönlichen Bereich und bei der Berufsausübung massiv betroffen. Auch Prachts Ehefrau Carola Pracht-Schäfer, die eine Coaching-Agentur betreibt, hat die Umsatzeinbußen zu spüren bekommen.

Dabei sei noch gar nicht klar, wie gefährlich das Virus sei. "Sind die Menschen an oder mit dem Krankheitserreger gestorben?" Die Folgen in wirtschaftlicher und psychischer Hinsicht findet Pracht katastrophal. "Wie viele Firmen aus der Gastronomie oder der Kultur wollen wir noch kaputt machen?", fragt er und sagt: "Wir fordern nicht, dass es nächste Woche losgeht, aber diese Hängepartie hält keiner mehr aus." Die angekündigte Impfpflicht sei ein Verstoß gegen das Grundgesetz, das die körperliche Unversehrtheit zu schützen habe, meint er.

Im Kreise seiner Mitstreiter kommen allerdings auch verschwörungstheoretische Gedanken zutage. Einige Teilnehmer tragen ein "Gib Gates keine Chance"-Shirts. Es sind Gegner der Impfpflicht, die davon sprechen, dass es immer schon Infektionskrankheiten und Tote gegeben habe, sich darüber aber niemand aufgeregt habe. "Wir verrennen uns. Wir können uns doch nicht ein Leben lang zu Hause einsperren oder hinter einer Maske verstecken. Es gibt keine Welt ohne Virus." Zu Beginn der Pandemie hätten die Politiker in Sachen Vorsorge vernünftig und richtig gehandelt. Da mache er ihnen gar keinen Vorwurf, so Pracht.

Ganz ohne Widerspruch von außen, von jenseits der symbolischen Absperrung, kommen Pracht und seine bunt zusammengewürfelte Truppe allerdings nicht davon. Immer wieder wird über die Forderungen, die Einschränkungen in absehbarer Zeit von wenigen Wochen komplett wieder aufzuheben, heftig, aber friedlich und mit sachlichen Argumenten gestritten.

Denn der von den Mahnwachenden gerne zitierte Artikel 2 des Grundgesetzes endet nicht nach dem ersten Halbsatz, sondern lautet im Ganzen: "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt." Außerdem: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."

Aus Sicht der Polizei Forchheim, die in Person von Robert Schaffranietz die Mahnwache beobachtet, ist es ein ruhiger Einsatz. Die zuvor geäußerte Befürchtung, die Demonstranten könnten angegangen werden, bewahrheitete sich nicht. Während andernorts rechtsextremistische Elemente solche Veranstaltungen kapern, ist es in Forchheim eher die grün-alternative Szene, die am Sitzstreik teilnimmt. Man habe sich zufällig über soziale Medien kennengelernt, so Pracht.

Dafür sprechen auch die Vielzahl völlig unterschiedlicher Schilder, die zu sehen sind. Wäre es eine von langer Hand koordinierte Sache, man hätte auf ein einheitliches Erscheinungsbild geachtet. Lokalpolitiker gleich welcher Couleur lassen sich freilich nicht blicken. Die Mahnwache soll nun jeden Tag um 18 Uhr wiederholt werden.

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