Auch ohne Party wird der Superbowl packend

4.2.2021, 14:18 Uhr
Auch ohne Party wird der Superbowl packend

Theofanis Triantafillos kann auch miesen Nachrichten etwas Positives abgewinnen. "Jetzt kann ich wenigstens zum ersten Mal seit 2016 den Superbowl ganz anschauen", sagt er. Denn "Theo" ist gleichzeitig Vorsitzender des Footballvereins Hemhofen Gechers und Wirt der "Kleinen Welt", in der in den vergangenen Jahren die große Football-Welt zum Event avancierte.

"Da hatten wir ab Mitternacht bis in den frühen Montag bis zu 50 Gäste, das war eine Riesenparty – und ich war eigentlich ständig in der Küche oder am Tresen beschäftigt", berichtet er. Und ist sentimental dabei. Denn dieses Fest war immer auch ein geselliges Ereignis, bei dem die Gechers als Team weiter zusammenwuchsen. Und da konnte Triantafillos es verschmerzen, dass er ein paar wichtige Szenen verpasste.

Auch ohne Party wird der Superbowl packend

© Foto: Thomas Hahn

)So hätte er am Sonntag gerne wieder seine Mitspieler eingeladen, aber die Corona-Pandemie verhindert ein Football-Fest, auch wenn in Tampa Bay 22 500 Zuschauer ins Raymond James Stadium dürfen, eine Tatsache, die der Hemhofener zumindest "fragwürdig" findet, zumal er schon die ganze Saison über festgestellt hatte, dass die National Football League (NFL) nicht immer einheitlich bei der Dauer von Quarantänemaßnahmen gehandelt hatte. "Da schienen mir schon gelegentlich die Einschaltquoten den Ausschlag gegeben zu haben, wenn ein Star schneller wieder zurückgekehrt ist als andere", merkt er an.

Dennoch freut er sich auf das Spektakel, weil eben zwei Spitzenteams aufeinandertreffen – und weil Tom Brady dabei ist. Dem haftete stets ein wenig der Makel an, dass er seine sechs Meistertitel nur dem Umstand zu verdanken habe, dass er bei den New England Patriots von einer Topmannschaft getragen wurde. Nun war er im Vorjahr mit 42 zu den Tampa Bay Buccaneers (Freibeuter) gewechselt und strafte seine Kritiker Lügen. Gleich im ersten Jahr erreichte er das Finale; die Patriots blieben ohne den Routinier hingegen vorher auf der Strecke.

"Das muss der Neid ihm lassen"

"Das muss der Neid ihm lassen, irgendwie schafft er es immer wieder", räumt Triantafillos ein, der sich nicht als größter Brady-Sympathisant zu erkennen gibt. Es rieche vor eigenem Publikum schon sehr nach einem Sieg der Buccaneers, doch er glaube an einen Sieg des Gegners, des Titelverteidigers Kansas City Chiefs: "Die sind einfach frischer und fröhlicher. Die Defense von Tampa Bay ist sicherlich grandios und hat in den Playoffs noch einen Gang zugelegt, aber ich hoffe auf die offensive Kreatitivität der Chiefs um Quarterback Patrick Mahomes, die unglaublich variabel ist."Ärgerlich sei nur, dass sich sein "erster Beschützer", Left Tackle Eric Fisher, in den letzten Minuten des Halbfinales die Achillessehne gerissen habe – eine empfindliche Schwächung und für den Spieler selbst extrem bitter.

Auch ohne Party wird der Superbowl packend

© Foto: Thomas Hahn

Im vergangenen Sommer hat Brian Madison, der in Forchheim wohnt, seinen Job als Headcoach bei den Gechers angetreten, konnte ganze sechs Trainingseinheiten abhalten, bevor der Lockdown zuschlug. "Trotzdem: Es fühlt sich jetzt schon wie Familie an. Die Mannschaft ist ein verschworener Haufen, die Jungs geben alles und lassen sich von der Pandemie nicht unterkriegen."

Absolut auf Augenhöhe

Beim Superbowl würde er auf keines der Teams wetten, er sieht sie beide absolut auf Augenhöhe. Eigentlich müsse er als Fan der Green Bay Packers für einen Sieg von Kansas City sein, weil Tamba Bay "sein" Team aus den Playoffs geworfen hatte. "Aber irgendwie würde ich es lieber sehen, wenn Tom Brady das nächste Kapitel seiner unglaublichen Erfolgsgeschichte schreiben würde: Mit einem neuen Team, und als erste Mannschaft im eigenen Stadion." Es sei sicherlich leicht, Brady nicht zu mögen. Aber man müsse ihn auf jeden Fall bewundern. Er sei immer härter zu sich gewesen als alle anderen, habe sich hochgekämpft, als er beispielsweise nach Verletzungen immer wieder zurückkehrte – meist stärker als zuvor. Er sei definitiv "der größte Quarterback aller Zeiten".

Auch ohne Party wird der Superbowl packend

© Foto: Thomas Hahn

In Bamberg, beim bisherigen Ligarivalen Phantoms, bei dem Brian Madison auch schon Coach war, hatte man die Superbowl-Nächte stets richtig groß gefeiert, eigens das Lichtspiel- oder das Odeon-Kino für die Football-Familie gemietet. Heuer muss jeder für sich selbst schauen. Damit der Zusammenhalt dennoch nicht verloren geht, hat Klubchefin Sabine Schubert wie in den Vorjahren ein vereinsinternes Tippspiel gestartet, das auf großes Interesse gestoßen sei. "50:50 steht es da, alle erwarten ein ausgeglichenes Finale", sagt die Vorsitzende, die alle nur "Biene" nennen.

"Battles" nur in den sozialen Netzwerken

Insgesamt sei die Begeisterung aber schon etwas gedämpft, wenn es statt der Party eine einsame Fernsehnacht werden muss. Normalerweise könnten sich die beiden Fan-Lager vor dem Spiel gegenseitig hochschaukeln, das müsse jetzt in weit geringerem Umfang in den sozialen Netzwerken stattfinden.

Dabei sei es ein durchaus denkwürdiger Superbowl mit Tom Bradys einmaliger Karriere und dem Umstand, dass die Buccaneers das erste NFL-Team seien, die in diesem Finale ein Heimspiel haben. Beim Thema Zuschauer denkt sie, dass die Zahl nicht zu hoch sei. Lobenswert findet sie sogar, dass ein Großteil der Tickets kostenlos an Pflegekräfte gegangen sei und nur ein kleiner Teil in den freien Verkauf.

Auch ohne Party wird der Superbowl packend

© Foto: Thomas Hahn

Einer ihrer wichtigsten Spieler, von dem sie in den höchsten Tönen spricht, ist der Forchheimer Johannes Teschemacher. Der 21-Jährige war 2020 bei der Online-Wahl der Nordbayerischen Nachrichten zum "Sport-Ass des Jahres" Vierter, weil er die stärkste Defensive der Aufbauliga anführte. Er spielt zwar oft auch in der Offensive Line, "aber mehr Spaß macht es mir, den Gegner zu jagen und seine Pläne zu durchkreuzen", wie er zugibt.

Lieblingsklub "ohne Namen"

Er selbst ist Fan des Teams aus Washington, das seinen Namen "Redskins" im Zuge der Rassismus-Debatte in den USA im vergangenen Sommer ablegt hatte. Nun heißt es übergangsweise "Washington Football Team", bis ein neuer Name gefunden ist. In der Wild-Card-Runde der aktuellen Playoffs war Washington just an Tampa Bay gescheitert.

Aber Johannes Teschemacher ist aus anderen Gründen für Kansas City: "Brady gilt als extrem ehrgeizig, das haben selbst seine langjährigen Mitspieler bestätigt. Er hat schon so oft gewonnen, das wird irgendwann langweilig. Und die Chiefs haben mit dem Titelgewinn 2020 Blut geleckt." Letztlich setze er auf die Jugend um Patrick Mahomes und gegen die alten Hasen wie Brady und den auch schon 31-jährigen Rob Gronkowski (Spitzname "Gronk".

Das Spiel wird er alleine daheim anschauen, aber über sämtliche Kanäle mit Kumpels und Mitspielern vernetzt sein, um sich über die wichtigsten Szenen auszutauschen. "Und zum Glück habe ich am nächsten Tag Berufsschule, das ist online nicht so stressig wie ein Arbeitstag", sagt der Kochlehrling.

 

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