Auf mittelalterlichen Spuren: Die ältesten Bürgerhäuser Forchheims

6.1.2020, 18:20 Uhr
Auf mittelalterlichen Spuren: Die ältesten Bürgerhäuser Forchheims

© Archiv: Reinhold Glas

Es gibt nur wenige Städte, in denen so viele so alte Häuser zu finden sind. Das hat mit der einstigen Bedeutung Forchheims im Mittelalter zu tun. Hier weilten Könige und Kaiser, hier trafen sich Bischöfe. Noch mehr aber mit dem Bedeutungsverlust in den letzten 500 Jahren, der dafür gesorgt hat, dass die Stadt kein lohnendes Ziel für alliierte Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges wurde. Werfen wir einen Blick auf drei Anwesen.

Als Georg Brütting vor zehn Jahren mit seinen Messungen fertig ist, ist es eine kleine Sensation. Der Holzfachmann aus Ebermannstadt, der mittels der Jahresringe das Alter eines verbauten Balkens ermitteln kann, hat 1341 als Zeitpunkt der Fällung festgestellt. Damit ist die Hornschuchallee 30 mit einem Schlag das älteste Gebäude Forchheims. Wenn man die sakralen Bauwerke wie die Martinskirche oder die Marienkapelle einmal beiseite lässt. Die spielen sowieso in einer anderen Liga. Denn hier geht es um Bürgerhäuser, die es durch ständigen Besitzerwechsel, klamme Kassen und neue Nutzungskonzepte deutlich schwerer haben, so lange durchzuhalten.

Zusehends verfallen

Dabei standen die Abrissbagger schon bereit, um Platz zu machen. Mehr als zwei Jahrzehnte stand das Fachwerk-Kleinod leer und verfiel zusehends. Die Denkmalexperten, wie Barbara Wenig in ihrem Buch "Von Haus zu Haus", hatten das unscheinbare Äußere auf das 19. Jahrhundert datiert. Auch alt, aber nicht unersetzlich. Erst Irmgard Belz, eine Architektin, die im Schloss Kühlenfels residiert, blickte hinter den neuzeitlichen Putz. Sie sah herausgerissene Wände, eingesetzte Fenster, zerstörtes Fachwerk. Heute erstrahlt das Eckhaus in neuem Glanz, die zwischenzeitliche gastronomische Nutzung aber hat schon wieder ein Ende gefunden.

So sieht die Hornschuchallee 30 heute aus, das älteste Bürgerhaus Forchheims.

So sieht die Hornschuchallee 30 heute aus, das älteste Bürgerhaus Forchheims. © Archiv: Harald Schmidt

Genutzt wurde die Hornschuchallee 30 bis zu ihrem Dornröschenschlaf zuallererst als Handwerker-Haus. Wie Reinhold Glas in seinem "Häuserbuch Alt-Forchheim" auflistet, sind es "Lederer" und "Rotgerber" beziehungsweise "Lohgerber", die sich zwischen 1561 und 1713 nachweisen lassen. Nicht zufällig lag die 1969 abgetragene Lohmühle nur wenige Schritte entfernt. Hier außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer, es muss angesichts der eingesetzten Chemikalien entsetzlich gestunken haben, entstanden Schuhsohlen, Sättel und Stiefel.

Dass es dennoch angesehene Handwerker waren, beweist, dass sie im Auftrag des Rates der Stadt als Gassen-Hauptmänner für ihre unmittelbare Umgebung zuständig waren. Sie kümmerten sich um das Eintreiben der Steuern, organisierten die Verteidigung und vermittelten bei Streitigkeiten. Als Hans Georg Kohlmann ein Jahr nach dem Ersten Weltkrieg die Gunst der Stunde nutzt und seine 40 000 Reichsmark in der Immobilie anlegt, da hat bereits ein anderer, weitaus bekannterer Konditor eine zuckersüße Spur hinterlassen. Franz Kaiser, den man als Namensgeber des Kaiserkellers kennt.

Ab 1866 hatte er stolze 33 Jahre Gebäck und Torten hergestellt und sich im Sommer ein Zubrot mit dem Bierausschank im Kellerwald verdient. In der Innenstadt wurde "Kaffee Weinstube Kohlmann" für kuchen hungrige Gäste ein Pilgerziel. Aber nur bis 1954.

Auf mittelalterlichen Spuren: Die ältesten Bürgerhäuser Forchheims

© Archiv: Harald Schmidt

Was man heute vom Rosengässchen 4 sieht, ist nur noch die historische Fassade. Das Gebäude dahinter, das Bauforscher auf 1342 datiert haben, steht seit 2005 im Freilandmuseum Bad Windsheim. So bedeutend ist es aus architektonischer Sicht. Dabei dachte man auch hier schon daran, die Spitzhacke zur Hand zu nehmen. Wenn das die Geistlichen geahnt hätten, die hier ab 1424 ein kärgliches Obdach gefunden hatten.

Geldquellen waren versiegt

Der edle Stifter war der Nürnberger "Lehrer der Arznei und Stadtarzt" Hans von Rüdlingen, der sich von solch irdischem Sponsoring himmlische Erlösung versprach. Ähnliches hatten die wohlhabenden Bürger im Sinn, die mit ihren Geldern die Prediger finanzierten, die dann in St. Martin zu den Gläubigen sprachen. Da auch noch andere Kanoniker des Kollegiatstiftes nebenan in mönchischer Gemeinschaft doch ohne klösterliche Abgeschiedenheit lebten, wundert der frühere Name des Rosengässchens "Pfaffengasse" nicht.

Auf mittelalterlichen Spuren: Die ältesten Bürgerhäuser Forchheims

© Archiv: Reinhold Glas

Derlei Nutzung fand im Dreißigjährigen Krieg ein Ende. Die Geldquellen waren versiegt, das Gebäude baufällig geworden, Fachleute mussten her. Also verkaufte man das Pfründnerhaus 1637.

Naturgemäß zogen Maurer und Steinhauer ein, die es wieder auf Vordermann bringen konnten. Außerdem brauchte man solche qualifizierten Handwerker für die Modernisierung der Festungsanlagen, sowohl in Forchheim, als auch in Kronach. Denn hier wie dort hatte der Fürstbischof von Bamberg sein Territorium zu sichern.

Da kamen Leute wie Sixt Harrer oder Paulus Kratzer gerade recht, die nach Plänen französischer Baumeister barocke Bastionen errichten konnten.

Auf mittelalterlichen Spuren: Die ältesten Bürgerhäuser Forchheims

© Archiv: Reinhold Glas

Ein Jahrhundert später brauchte es wiederum Spezialisten, um die Barockisierung aller Kirchen und Kapellen voranzutreiben. Abseits der Altäre galt es, mit dem Militärlazarett, an dessen Stelle später das alte Krankenhaus stand, der Kommandantur, die über den Paradeplatz wacht und der Kavallerie-Kaserne, in die 1886 die Waisenkinder Forchheims einquartiert wurden, auch die weltliche Macht zu verteidigen. In all der Zeit fanden die Maurer im Rosengässchen 4 einen gesunden Schlaf.

Während die einen sich ausruhten, standen die anderen in der Backstube. Mitten in der Nacht begann es auch, in der Wiesentstraße 13 geschäftig zuzugehen. Ob das bereits 1345 der Fall war, als das schmale Gebäude "An der Rosstränke" erstmals durch Holzuntersuchungen greifbar wird, ist archivalisch nicht zu belegen. Zumindest war es eine Zeit, in der Forchheims Bedeutung noch einmal kurzfristig wuchs.

Denn mit Lamprecht von Brunn war im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts ein reichsweit bedeutender Diplomat Fürstbischof von Bamberg geworden. Er hatte Kaiser Karl IV. beraten. Mit dem Bau seiner Burg, die heute fälschlicherweise Kaiserpfalz heißt, sorgte Lamprecht für einen wirtschaftlichen Boom. Auch weil Forchheim neben der Domstadt zweitwichtigster Ort des Hochstiftes wurde.

Erst 1560 tauchten in der Wiesentstraße 13 aus dem Dunkel der Geschichte "Lebküchner" auf, die an der Stelle, an der die Pferde aus dem Wiesentkanal trinken konnten, ihre Leckereien bereiteten. Dazu benötigte man neben Gewürzen aus der Ferne auch Honig, den man mit der Zeidlerei in den umliegenden Wäldern mühsam sammelte.

In der Wiesentstraße 13 zogen mit Beginn des 17. Jahrhunderts andere Bäcker ein. Ob es sich um Weißbäcker (feines Weizenbrot) oder Schwarzbäcker (gewöhnliches Roggenbrot) handelte, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Was klar ist: Es war ein hartes Brot. Immer wieder ist von Leerständen, Schulden, Konkurs und Zwangsversteigerung die Rede. Es traf Einheimische wie Neubürger aus Burk, Eichstätt oder Prügel bei Weismain. Kaum einer hielt länger als zehn Jahre durch. Anders als das Haus, das nun schon fast 700 Jahre auf dem Dachstuhl hat.

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