Aus schlechtem Strom muss erst guter werden

30.3.2011, 14:58 Uhr
Aus schlechtem Strom muss erst guter werden

© Ralf Rödel

FORCHHEIM — In Japan kam es zur Katastrophe, weil die Kühlsysteme infolge des Tsunamis ausfielen. Walter Sacher reagiert als Fachmann fassungslos: „Man hat grundlegende Fehler gemacht und nicht alle Szenarien bedacht.“ So lagen die Notgeneratoren unter der Erde und liefen nach dem Erdbeben voll Wasser. Sacher schüttelt den Kopf. Er verdient sein Geld damit, dass zuverlässig Strom fließt.

Der 61-Jährige sorgt dafür, dass seine Kunden nicht nur immer Strom haben, sondern auch „guten“. Denn Strom, erklärt Sacher, sei nicht gleich Strom. Was so aus unseren Steckdosen zu Hause kommt, das sei „schlechte Qualität“. Jetzt muss aber niemand Angst um seine Stereoanlage im Wohnzimmer haben. „Für den Herd daheim reicht es, aber für empfindliche Geräte nicht“, erklärt der AdPos-Chef. Er liefert Strom für Feinschmecker.

Schwankungen im Stromnetz sind normal. Zum Beispiel wenn starke Verbraucher wie große Fabriken mehr aus dem Netz abnehmen oder ihre Leistung herunterfahren. Meist sind das Unterschiede, die der Normalbürger gar nicht merkt. Allerdings kennt jeder die flackernde Glühlampe, wenn draußen ein Gewitter tobt. Ein Fall von „schlechter Stromqualität“. Die Geräte der Firma AdPos („Advanced Power Systems“) bereiten den Storm auf, so dass er immer die gleich hohe Qualität hat. Der schlimmste Störfall ist jedoch der Totalausfall. Eine Fünfzigstel Sekunde Stromausfall reicht aus, dass ein Computer „tot“ ist, erklärt Walter Sacher. Am eigenen PC weniger schlimm. Man fährt den Computer murrend wieder hoch. „Doch stellen Sie sich mal vor, Sie müssen in einem Unternehmen 100 oder 500 Computer wieder hochfahren.“

Ein Leben kann davon abhängen, ob die Technik funktioniert. Fällt während einer Operation in einem Krankenhaus der Strom aus, springt zwar eine Notstromversorgung ein. Doch bis der Generator hochfährt, können zehn Minuten vergehen. Diese Zeit überbrückt eine USV.

Mehr als 100000 Geräte hat AdPos in den 13 Jahren seines Bestehens geliefert. Zu den Kunden gehören internationale Adressen wie die Universität von Dubai oder die US-Armee ebenso wie lokale, etwa die Sparkasse Forchheim oder das hiesige Klinikum. Die Dimensionen reichen von einer kleinen USV, die die Stromversorgung in einem Büro sichert und für 250 Euro zu haben ist, bis zu Lösungen, wo alleine die Batterien der USV 23 Tonnen wiegen. Einen solchen „Brummer“ lieferte AdPos an die US-Armee auf den Truppenübungsplatz Hohenfels in der Oberpfalz. Einen Großauftrag nach Forchheim erteilte auch das Telekommunikationsunternehmen 1&1. AdPos stellt mit seinen Geräten sicher, dass die 35000 Server in einem Rechenzentrum des Unternehmens nicht ausfallen.

Als Walter Sacher mit seiner Tochter 1998 den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, hatte er eine vielfältige Karriere hinter sich: Feinmechaniker bei Vierling in Ebermannstadt gelernt, weitergebildet zum Elektrotechniker und Betriebswirt, dann bei den US-Unternehmen Honeywell-Bull und Data General im technischen Außendienst tätig, schließlich der Wechsel in die USV-Branche, wieder als Angestellter. „Damals waren die Computer noch 100 Quadratmeter groß“, erinnert sich der Firmenchef. In Saudi-Arabien installierte Sacher ebenso Großanlagen wie im Kreml in Moskau. An das ständige Unterwegssein erinnert sich der Firmenchef, der im kleinen Neudorf aufgewachsen ist, gerne: „Das reißt den Horizont auf. Da merkt man, wie gut es uns geht, und das nur gejammert wird.“

Liberalisierung als Auslöser

Sacher, der bodenständig geblieben ist, und in Engelhardsberg unweit vom heimischen Dorf wohnt, wollte mehr. „Der Wille zur Selbstständigkeit war immer da.“ Den Ausschlag gab 1998 die Liberalisierung des Strommarktes. Während alle berauscht von den angeblich bald sinkenden Strompreisen waren, sah der Techniker Sacher nüchtern die Folgen: Er nahm an, dass sich durch das große Durcheinander von Stromanbietern die Qualität des Stroms verschlechtern werde. „Ich dachte mir: Unser Modell kann nicht schiefgehen.“ Heute spricht Sacher davon, dass sich die Stromqualität seit der Liberalisierung „um 270 Prozent“ verschlechtert habe.

Obwohl ein Kind des Landkreises Forchheim, dachte Walter Sacher zuerst nicht daran, die Firma in Forchheim anzusiedeln. In Erlangen wurde AdPos gegründet. Erst bei einem Existenzgründertag kurz danach wurde er auf die Kreisstadt aufmerksam, in der ihm sofort die heutigen Räume an der Bayreuther Straße angeboten wurden. Zwölf Mitarbeiter hat AdPos heute. In Forchheim werden die Anlagen entwickelt und vom dortigen Lager ausgeliefert. Gefertigt werden die Produkte in Taiwan, China und der Türkei.

Die Zukunft des kleinen Unternehmens ist gesichert. Tochter Alexandra Pförtner und Schwiegersohn Günter Pförtner unterstützen Sacher seit langem. AdPos wird Forchheim erhalten bleiben. Sacher: „Das ist ein guter Standort.“