Buckenhofener Aborigine gibt Zepter ab

1.8.2014, 11:00 Uhr
Buckenhofener Aborigine gibt Zepter ab

© Roland Huber

Nur ein einziges Mal klingelt das altertümliche Mobiltelefon an einem warmen Juliabend auf der Dachterrasse des SVB-Sportheims. Etwas Geschäftliches. „Ein moderneres oder teureres Handy kann ich auf der Baustelle nicht gebrauchen. Mehr als telefonieren muss ich nicht und manchmal würde ich gerne auch darauf verzichten“, erklärt Edmund Knauer. In der Regel bleibt es nicht bei einem Anruf am Abend.

Der 53-Jährige ist seit 2000 als selbstständiger Landschaftsgärtner rund um die Uhr gefragt, wickelt seine Projekte von der Auftragsannahme bis zur Fertigstellung in Eigenregie ab. Neben der wöchentlichen Arbeitszeit von 50 bis 60 Stunden verbringt der in Buckenhofen aufgewachsene zweifache Familienvater einen Großteil seiner Freizeit auf dem Sportplatz. Nicht selten sind seine handwerklichen Fähigkeiten auch nach Feierabend gefragt. „Edmund, kannst du dir da mal etwas ansehen?“, lauten oft die Begrüßungsworte.

Bis der Wirt schimpfte

Als 2012 die Sanierung der Kabinen fällig war, „werkelte ich oft nach der Arbeit bis 22 Uhr, bis der Wirt geschimpft hat, dass es mit dem Presslufthammer zu laut wird“. Nicht anders lief es bei der Renovierung des Treppenhauses oder der Befliesung der Sportheim-Dachterrasse. Knauer: „Das ist meine Art, dem Verein etwas zurückzugeben. Ich habe diese Arbeit immer gerne gemacht und nicht als Pflicht gesehen. Schließlich verbringe ich Zeit unter Freunden.“

Mit acht Jahren begann beim SVB die Fußballkarriere des später als kleinen Mittelfeldmotors geschätzt und gefürchteten Rebellen, der mit seinen schulterlangen braunen Haaren auch heute noch aus der Masse heraussticht. „Nur eine kurze Zeit hatte ich mal eine andere Frisur, weil meinem Chef die langen Haare nicht gefielen“, erinnert sich Knauer schmunzelnd zurück. Der Jugendliche absolvierte da gerade eine Lehre zum Bankkaufmann, schulte erst 1991 zum Landschaftsgärtner um.

Selbstverständlich war für den heute 53-Jährigen, der im Sportverein auch seine Frau Marion (Jugendleitung) kennenlernte, sich im Vereinsausschuss zu engagieren und seine Kenntnisse in der Buchhaltung als Mitgliederverwalter einzubringen. „Es hat mir Respekt abverlangt, mit welchem persönlichen Einsatz die Mitglieder damals beim Sportheimbau mit angepackt haben“, blickt der Vorzeige-Ehrenamtler auf die Arbeit seiner Vorgänger in den 70er Jahren zurück. Zwischenzeitlich zum Hauptkassier aufgestiegen, trat der zweifache Familienvater 2004 im Zuge eines GenerationenUmbruchs in der Führungsetage in die Fußstapfen seines Schwiegervaters Hans Dittrich, der dem SV Buckenhofen über 25 Jahre vorstand und zuletzt den Bau der Tribüne mitinitiierte. „Ich hatte Bedenken, ob ich dieses Amt zeitlich mit meinem Beruf vereinen kann und einige Wochen überlegen müssen“, verrät Knauer: „Doch dann haben mir so viele Menschen auf die Schulter geklopft und gesagt, die Position wäre genau mein Ding. Meine Familie hat mir zudem den Rücken gestärkt. Da hab ich es halt gemacht.“

In die Ära Knauer fiel die Rückkehr der Fußball-Herren in die Bezirksoberliga 2007, 2011 vom größten sportlichen Triumph der Vereinsgeschichte — dem Aufstieg in die Landesliga — gekrönt. „Bedeutend und wichtig war für mich aber auch, dass wir weggekommen sind vom Image, uns eine Mannschaft aus auswärtigen Spielern zusammenzukaufen“, betont der scheidende Vorsitzende.

Mit Rainer Gerlitz als Nachfolger für Meistertrainer Norbert Hofmann fand er einen Fußballlehrer, der dem SVB ein radikales Jugendkonzept verpasste und konsequent auf Eigengewächse baute. Im dritten Landesliga-Jahr wäre der Klassenerhalt nach einem abermaligen Umbruch einer Sensation gleichgekommen, das Unterfangen scheiterte in der Relegation.

Vertrauen missbraucht

Der Juni 2014 ist zugleich die niederschmetterndste Zeit in Knauers zehnjähriger Amtszeit. Gerlitz und zahlreiche Spieler verließen den Verein trotz anderslautender Versprechungen. Die 1. Fußballmannschaft glich einem Scherbenhaufen. „Vor allem menschlich war das enttäuschend. Ich habe nicht viel geschlafen in dieser Zeit“, so Knauer.

Zeit zum Verarbeiten der Ereignisse blieb nicht, war doch im Vorjahr mit Harald Neudecker jener langjähriger Weggefährte ausgeschieden, der als Abteilungsleiter federführend für die Kader-Zusammenstellung war. Also schnappte sich der Handwerker Knauer, der wiederum im November 2013 auf der Jahresversammlung angekündigt hatte, sein Amt aus beruflichen Gründen abgeben zu wollen, den Kehrbesen und begab sich als Krisenmanager auf die Suche nach neuen Spielern.

Weiter als Funktionär

Vier Wochen später wirkt Knauer entspannt, obwohl der Saisonauftakt noch keine Punkte brachte. Nach dem ganzen Trubel ist wieder Ruhe eingekehrt. „Ich übergebe einen lebendigen und innovativen Verein, in dem viel Wert auf die familiäre Atmosphäre gelegt wird. Unsere finanzielle Situation ist solide, vor allem mit unserer Jugendarbeit in allen Abteilungen brauchen wir uns nicht zu verstecken“, sagt Knauer.

Nachdem er das Amt des Vorsitzenden niedergelegt hat, will sich der „Buckenhofener Aborigine“ (Knauer über Knauer) indes nicht komplett zurückziehen: „Ich kann mir vorstellen, den Fußball zusammen mit einem Team zu koordinieren.“ Vorher freut sich Knauer aber auf seinen ersten richtigen Urlaub in diesem Jahr, den er mit Frau Marion irgendwo am Strand verbringen will. Dinge, die nicht mit ins Reisegepäck kommen: das altertümliche Mobiltelefon.

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