Bürgerbewegung für die Fränkische Schweiz gefordert

1.12.2019, 16:00 Uhr
Ein traumhafter Anblick: Die Fränkische Schweiz soll als neue „Ökomodellregion“ gelten. In einem zweiten Projekttreffen wurde nun vor allem auf die Belange der Landwirte eingegangen.

© Silvia Nützel Ein traumhafter Anblick: Die Fränkische Schweiz soll als neue „Ökomodellregion“ gelten. In einem zweiten Projekttreffen wurde nun vor allem auf die Belange der Landwirte eingegangen.

Eine lebenswertere, gesunde und nachhaltige Fränkische Schweiz ist das Ziel des kleinen Vereins „Zukunft Gößweinstein“ um Klaus Dieter Preis. Im August hatte er schon einmal eingeladen, um die Weichen für die neue Ökomodellregion zu stellen. Aber weil damals die Landwirte zu wenig einbezogen waren, galt jetzt ein zweites Treffen besonders ihnen.

Die Veranstaltung sollte Hersteller und Kunden vernetzen, aber die „Fränkische“ auch mit den Nachbarregionen verbinden. „Die Fränkische Schweiz hat ein unwahrscheinlich kreatives Potenzial. Die Gruppenbildung soll das verstärken.“ Preis hatte Bürgermeister Hanngörg Zimmermann als Mitstreiter dabei, der betonte: Gößweinstein spart schon 92 Tonnen CO2 ein, weil über 700 Straßenlampen sparsamer leuchten, und bald 1800 Tonnen, wenn 135 Häuser über Nahwärme versorgt sind.

Zimmermann leitete eine der vier Diskussionsgruppen, die aus den rund 80 Zuhörern gebildet wurden. In seiner Runde saß auch Friedrich Maderer aus Egloffstein. Der junge Zimmerer engagiert sich für gesunde Häuser, vor allem beim Kindergarten- und Schulbau. „Bis in die 50er Jahre gab es die, danach wurde alles über den Haufen geworfen. Aber jetzt sollte man alles Wissen, was wir haben, bündeln und wieder gesund bauen.“

Gärtnermeister Konrad Schrüfer aus Gößweinstein verwies auf seine Energieumstellung bei den Gewächshäusern, mit der er 50.000 Liter Heizöl eingespart hat, und auf seine Mühe, mit eigenem Gemüse gegen Supermarktpreise anzukommen.

Er und seine Frau Maria wünschten sich Wochenmärkte, einen Flyer aller Regionalbauern und mehr Bildung. Denn ein junger Praktikant kannte von sechs Gemüsesorten nur eine mit Namen: die Karotte. Gut wäre auch ein Kompendium mit dem Titel „Wo finde ich was?“, wie es Nürnberg und Bamberg online mit ihrem „Regionallotsen“ haben oder die Transition-Häuser mit ihrer Seite „Karte von morgen“, wo jeder sein Angebot eintragen kann. Die Fränkische Schweiz ist noch ein weißer Fleck. Aber es gibt die Direktvermarkterseite „Frische Ernte“. Biobauer Günter Braun aus Körbeldorf, seit 26 Jahren aktiv und inzwischen in den höchsten Öko-Gremien dabei, betonte: Für die Zukunft geht es nicht um möglichst kleine, familiäre Bauernhöfe, „sondern wir müssen das richtige Agrarsystem finden. Wir haben auch einen Schatz zu zeigen: Die Vielfalt unserer Blühwiesen. In ganz Bayern gibt es davon 15 bis 20 Prozent, aber in Oberfranken 30 Prozent. Berchtesgaden meldet seine Blühwiesen gerade beim Weltkulturerbe an, hat aber viel weniger als wir.“

Er konnte zudem seinem Sitznachbarn einen Tipp geben, der Äcker geerbt hat und schon die Silphie anpflanzt – und jetzt am besten mit Roggen weitermacht, so Braun. Denn im Roggenfeld entwickeln sich 70 Wildkräuter der seltensten Art. Es meldete sich auch Matthias Schöring aus Bamberg, der dort beim „Urban Gardening“ mitorganisiert und bei der „Essbaren Stadt“, bei der schon 550 Aktive für Nachbarschafts-Hochbeete sorgen. Man kommt dort ohne Hierarchie aus, weil nur immer derjenige kurz leitet, der für die Momentaufgabe die besten Fähigkeiten hat.

In der Runde saßen auch Vertreterinnen des Marktladens Muggendorf: „Weil etwas 20 Cent billiger ist, fahren die Leute weit weg zum Supermarkt.“ Die Klima-Allianz Forchheim vernetzt kleine Initiativen. Das Bayreuther „Forum 1.5“ strebt von der Universität aus eine Landwirtschafts- und Ernährungswende an. Julia Marx gehört zu den 60 Aktiven der „Hamsterbacke“ und riet den Dorfläden: „Schreibt eine Geschichte zu euren Produkten, wo sie herkommen und warum sie teurer sind. Das weckt das gute Tante-Emma-Gefühl.“

Weitere Ergebnisse: Zum Beispiel mehr regionale Genussmärkte wie in Ebermannstadt anbieten, den Gülle-Transport von außerhalb in die Fränkische stoppen, den örtlichen Busverkehr dichter takten (vor allem von Ebermannstadt nach Forchheim), Nahwärme auch in kleinen Inseln anbieten, in den Dörfern einen Autopool haben (auch für E-Bikes), eine Saatgutbörse ins Netz stellen, Wiesen mit Schafen pflegen, mobile Schlachtung anbieten, ein zentrales Getreidelager, für die Bauern auch Kunden in Nürnberg und Bamberg finden, Bürokratie abbauen, Radwege schneller anlegen, Wild besser vermarkten, eine Liste lokaler Handwerker verbreiten, Leben in leere Scheunen bringen, auf Kreislaufwirtschaft setzen, Müll vermeiden und sammeln, kleine Altenheime aufs Land bringen, öffentliche Bauten ökologisch anlegen.

"FS for Future"

Soll die Ökomodellregion nur Biobauern helfen oder sollen auch konventionelle Landwirte profitieren? Dieter Hoch aus Pottenstein, Anstoßgeber der Ökomodellregion, wies auf BESH in Schwäbisch Hall hin, wo 1500 Landwirte von „herkömmlich“ bis „bio“ harmonisch zusammenarbeiten: „Wir lernen davon. Wir können keinen ausschließen.“

Klaus Dieter Preis rief noch dazu auf, eine „Bürgerbewegung Fränkische Schweiz“ zu bilden – ein Art „FS for future“ – um diese so besondere Region in Sachen „Boden, Luft und Wasser so gut wie möglich zu schützen“.

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