Corona kontra Klimawandel: "Zwei Krisen gemeinsam lösen"

7.4.2020, 12:18 Uhr
Lisa Badum in Berlin: dort ist sie momentan nicht anzutreffen.

© Foto: Ulrich Graser Lisa Badum in Berlin: dort ist sie momentan nicht anzutreffen.

Frau Badum, es gibt Stimmen in der CDU/ CSU-Fraktion, die sagen: Wir haben im Moment wegen der Corona-Pandemie Wichtigeres zu erledigen als den Solar-Deckel und Abstandsregeln von Windrädern. Was sagen Sie dazu?

Der Solardeckel muss fallen. Er erlegt einer Branche in der Krise noch mehr Probleme auf. Der Solardeckel bedeutet: Die Förderung von PV-Anlagen bis 750 Kilowatt Peak läuft aus, sobald 52 Gigawatt installiert sind. Vor allem kleinere und mittlere Solaranlagen könnten dann nicht mehr gefördert werden, für bestimmte Anlagen gäbe es keine Einspeisevergütung mehr. Es kann schon in diesem Frühjahr so weit sein. Das schafft in der Branche große Unsicherheit. Wir sind der Meinung: Was funktioniert, soll auch gefördert werden. Das Problem besteht ja nicht erst seit Corona, sondern ist schon seit zwei Jahren bekannt. Die Bundesregierung hat aber seither nichts getan. Dasselbe gilt für die Windenergie-Branche. Deren Ausbau ist wegen der Abstandsregel 10H praktisch zum Erliegen gekommen.

 

Aber ist es nicht verständlich, dass jetzt die Pandemie im Vordergrund steht?

Natürlich steht der Klimawandel zurzeit nicht an Nummer eins. Wir müssen jetzt schauen, dass wir dieses Virus in den Griff kriegen. Aber es ist wichtig, dass wir dranbleiben und das Thema baldmöglichst wieder auf die Tagesordnung setzen. Ich merke das in vielen Gesprächen: Die grüne Transformation treibt die Leute um. Ich finde den Satz gut: ,Verschwende keine Krise‘. Corona vergrößert die Probleme nur wie in einem Brennglas. Wir müssen einfach die Klima- und die coronabedingte Wirtschaftskrise jetzt gemeinsam lösen.

 

Wie meinen Sie das?

Corona kontra Klimawandel:

© Foto: Matthias Kronau

Der Bundestag hat ja das Nothilfeprogramm für die Wirtschaft mit einem Volumen von 600 Milliarden Euro beschlossen. In einem zweiten Schritt kommt dann vielleicht ein Konjunkturprogramm. Da werden Tatsachen geschaffen, wir müssen schauen, wie das Geld ausgegeben wird: Welche Kriterien legt man da an? Zum Beispiel könnte man große Unternehmen mit finanziellen Anreizen dazu bringen, ihren CO2-Ausstoß zu verringern.

 

In Ihrem Wahlkreis Bamberg/Forchheim leben viele tausend Menschen von der Arbeit in der Zulieferindustrie für die Autobranche, zum Beispiel bei Bosch oder Michelin. Das Michelin-Werk wird zum Ende des Jahres geschlossen. Was sagen Sie den Betroffenen?

Wie es mit der Automobilbranche in der Region weitergeht, ist gerade eine spannende Frage. Corona hat hier die bereits bestehende Krise nur verschärft. Wie können wir die Betriebe und die Arbeitsplätze retten? Mich hat ein Unternehmer aus dem Landkreis Bamberg angesprochen. Er will seine Mitarbeiter weiterqualifizieren, von der Mechanik zur Elektronik, weil er hier die Zukunft sieht. Aber: Die Arbeitsagentur fördert solche Kurse nicht. Daran muss sich was ändern. Das ist nur ein Beispiel, wie man Corona langfristig mit dem Thema grüne Transformation verknüpfen kann.

 

Momentan arbeitet die Krise gegen die Grünen: Die Union gewinnt in den Umfragen, Ihre Partei verliert, wenn auch auf hohem Niveau.

In Bayern haben wir uns bei den Kommunalwahlen von zehn auf 17 Prozent gesteigert. Das gilt auch für unsere Region: Im Forchheimer Stadtrat von 5 auf 9 und im Kreistag von 6 auf 11 Mandate. Flächendeckend haben wir jetzt viel mehr Mandate und dadurch für die nächsten Jahre eine größere Gestaltungsmöglichkeit. Aber klar: In der Öffentlichkeit dominiert momentan die Regierung. Wir kriegen deswegen aber keine Panik, sondern arbeiten ruhig und konstruktiv weiter.

---------------------------------------------------------------------------------------------

Lisa Badum ist 2017 als Listenkandidatin für den Wahlkreis Bamberg/Forchheim in den Bundestag gewählt worden. Sie gehört außerdem seit 2008 dem Forchheimer Kreistag an und ist in Berlin klimapolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis90/Die Grünen. Neben dem Umweltausschuss des Bundestages gehört sie als Stellvertretendes Mitglied auch dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie an.

Verwandte Themen


Keine Kommentare