Den Geist entlocken

27.8.2011, 11:00 Uhr
Den Geist entlocken

© Maria Däumler

Schnell kommen noch ein paar Holzscheite ins Schürloch der Brennereianlage. Im Inneren des kupfernen Kessels wird gerade ein Brei aus Ringlos, Maische genannt, erhitzt, damit er später seinen Geist abgibt. Rositta Erlwein prüft während des Gesprächs immer wieder die Temperatur. Die ist äußerst wichtig, denn bei 78 Grad Celsius geht der so genannte Vorlauf ab, den man nicht trinken kann, weil er viele schädliche Substanzen enthält. „Diese Flüssigkeit riecht ätzend, fast wie Nagellackentferner“, erläutert Erlwein und lässt mal an einem Glas schnuppern. Der Vorlauf wird daher sorgfältig abgetrennt. „Damit kann man sich höchstens einreiben.“

Ab 80 Grad Celsius macht sich dann der Mittellauf auf den Weg durch die Brennanlage, er läuft über die Glockenböden und fließt schließlich als klares Destillat aus einem Röhrchen in einen Eimer. „Das ist das Herzstück“, erklärt Rositta Erlwein. Reiner Alkohol, der mit Quellwasser auf Trinkstärke heruntergesetzt wird. „40 Prozent hat sich als guter Wert erwiesen, das ist nicht zu stark und nicht zu mild, eben gerade richtig“, findet sie.

Wird die Maische zu heiß, dann läuft der wertvolle Mittellauf schon mit dem Vorlauf weg und der Brand ist dahin. Damit das Feuer nicht zu stark wird, muss man vorsichtig schüren: „Das erfordert viel Fingerspitzengefühl.“ Die Qualität des Schnapses sei besser, wenn der Brandvorgang schön langsam geht und wenn die verwendeten Früchte möglichst süß sind, erklärt sie. „Je süßer das Obst, desto besser der Ertrag.“

Vom Vater gelernt

Rositta Erlwein hat nach der Schule eine landwirtschaftliche Hauswirtschaftslehre gemacht. Das Schnapsbrennen hat sie von ihrem Vater Richard Britting gelernt, der ab 1968 neben der Landwirtschaft eine Brennerei betrieben hat. Denn Obst gab und gibt es auf dem Bauernhof in Hundsboden jede Menge. Auf vier Hektar Land gedeihen Ringlos, Kirschen, Zwetschgen, Birnen und auch Vogelbeeren.

Schon in jungen Jahren hat sie das Obst geerntet und nebenher ihrem Vater beim Schnapsbrennen geholfen. Dank seiner Anleitung und mit etlichen Fortbildungen hat sie die Kunst, aus Früchten edle Geister, Brände und Liköre zu zaubern, immer weiter verfeinert. Nötig dazu ist eine feine Nase und ein guter Geschmackssinn: Denn wenn der wertvolle Mittellauf des Destillates sich zum nicht mehr verwendbarem Nachlauf entwickelt, muss Rositta Erlwein das rechtzeitig riechen oder schmecken: „Das schmeckt dann leicht muffig.“

30 verschiedene Sorten an Bränden und Likören stehen zurzeit in ihrer Probierstube bereit. Dort im umgebauten ehemaligen Kuhstall bewirtet sie jede Woche ganze Busgruppen mit Brotzeit oder Kaffee und Kuchen. Dabei werden dann natürlich die Schnäpse und Liköre getestet — vom traditionellen Obstler bis zum Haselnussgeist, der Erlweins Favorit ist. „Ich probier immer mal was Neues aus“, verrät sie weiter. Deswegen verarbeitet sie nicht nur Vogelbeeren („Die sind gar nicht giftig.“) zu hochprozentigem Geist, zu Likör und Marmelade, sondern sie hat auch einen Whisky, gebrannt aus Gerstenmalz, angesetzt. „Das ist meine neueste Errungenschaft.“ Seit drei Jahren schon ruht die goldgelbe Flüssigkeit im Eichenfass. Aber es wird wohl noch etwas dauern, bis der fränkische Whisky ausgeschenkt wird, denn „er soll noch etwas reifen“. Rositta Erlwein brennt aber nicht nur Schnaps, sie produziert auch Charlemagner, den fränkischen Apfelsekt, aus eigenen Streuobstäpfeln. Zurzeit gibt es dafür nur vier Anbieter im Landkreis Forchheim.

Brot und Küchla

Die 48-Jährige ist ferner Ernährungsfachfrau für den Bayerischen Bauernverband und stellvertretende Ortsbäuerin in Hundsboden. Sie vermarktet Obst und Kirschen, bäckt Brot im Holzofen und Küchla, die sie alle vier Wochen auf dem Forchheimer Bauernmarkt (immer am zweiten Freitag im Monat) verkauft. „Da steh ich schon früh um 1.30 Uhr auf, damit die Küchla am Markt schön frisch sind.“ Früher habe sie auch viel und gern getöpfert und Kränze gebunden, aber dazu fehle inzwischen die Zeit. Schon wieder steht Rositta Erlwein vom Tisch auf und schaut nach ihrem Ringlobrand, der nebenan nun als klares Destillat in den bereitgestellten Edelstahleimer fließt.

Keine Kommentare