Der katalanische Iverson ist in Franken angekommen

30.10.2014, 12:54 Uhr
Der katalanische Iverson ist in Franken angekommen

© Foto: Roland Huber

Wie die meisten anderen Kinder in einem Vorort von Barcelona kickte Adrià Flores Moliner in frühester Jugend auf dem Bolzplatz. Im Gegensatz aber zu seinen Freunden durfte er nicht im Verein Fußball spielen. „Der Sportplatz war zu weit weg, meine Eltern konnten mich nicht hinbringen“, sagt der mittlerweile 19-Jährige auf Englisch. Also suchte sich der Schüler etwas in der Nähe – und fand den Basketballsport, der zu seiner großen Leidenschaft wurde: „Ich bin ein riesengroßer Fan von den Philadelphia 76ers und Allen Iverson.“ An die extravaganten geflochtenen Frisuren seines Idols kam Flores Moliner zwar nicht heran, machte sich aber auf der gleichen Position im Aufbau so gut, dass er in die katalanische Jugendauswahl berufen wurde. Noch als Juniorenspieler kam er in einigen Partien in der Herrenmannschaft seines Heimatvereins in der fünften spanischen Liga zum Einsatz.

Hohe Arbeitslosigkeit

Der Heimat kehrte er nach dem Schulabschluss am Gymnasium trotzdem vorerst den Rücken. In der andauernden Wirtschaftskrise des Landes haben die Eltern als Beamten einen sicheren und ordentlich bezahlten Arbeitsplatz, für sich selbst sieht Flores Moliner aber keine Zukunftsperspektive: „Auf die Universität zu gehen, hätte im billigsten Fall 1500 Euro pro Jahr gekostet. Nur, was bringt das Studium, wenn ich wie die meisten jungen Leute keinen Job finde?“ Auch die glitzernde Millionen-Metropole am Mittelmeer leidet unter einer Arbeitslosenquote von über 20 Prozent, fast drei Viertel der Jugendlichen sitzen auf der Straße. Flores Moliner glaubt, daran seien Korruption und die Misswirtschaft der ungeliebten Zentralregierung in Madrid Schuld.

Schweden, die Niederlande und Deutschland erscheinen der jungen spanischen Generation dagegen als Paradies. Ein Freund aus Kindheitstagen wagte im September 2013 den Absprung, studiert mittlerweile in Erlangen Politikwissenschaft und wohnt in Forchheim. „Das war für mich Auslöser, es auch zu probieren“, erklärt Flores Moliner. Seit knapp zwei Monaten sind die beiden Kumpels nun in einer Vierer-Wohngemeinschaft wiedervereint.

Mit seinen Ersparnissen und der Unterstützung durch die Großeltern finanziert sich der 19-Jährige einen Teil seines Aufenthalts, als Aushilfe in der Gerüstbaufirma seines Forchheimer Vermieters verdiente er sich noch etwas Taschengeld dazu. „Im Winter muss ich mir einen anderen kleinen Nebenjob besorgen. Vielleicht in einem Restaurant oder einer Bar“, sagt der Katalane, der die kleinstädtische Ruhe und Ordnung in seiner neuen Umgebung schätzt: „Ich fühle mich wohl hier, auch wenn ich mich an das manchmal triste Wetter in Deutschland gewöhnen muss. Zu Hause sind es noch immer über 20 Grad.“

Den Kontakt in die Heimat zu Freunden, seinen Eltern und seiner 15-jährigen Schwester hält er über soziale Netzwerke im Internet. An der VHS belegt Adrià Flores Moliner einen Deutsch-Kurs, drückt bis nächsten Frühsommer in einer Klasse mit Rumänen, Syrern und Portugiesen im Herder-Gymnasium wieder die Schulbank. Dann soll es mit der Zulassung an der Universität klappen: „Irgendetwas mit Sport möchte ich studieren.“

Das fränkische „Servus“ hat der junge Spanier, der nicht ohne seine großen Kopfhörer aus dem Haus geht, längst übernommen. Ohnehin geht es mit seiner Integration schnell voran, seit der Neu-Forchheimer zum Street-Basketball auf die Sportinsel ging. Beim Eins-gegen-Eins erkundigte er sich nach einem Verein in der Nähe und wurde an Hagen Rothe verwiesen, der ihn prompt zum Probetraining bei der DJK Eggolsheim mitnahm. „Ich super aufgenommen worden. Die Verständigung klappte auch auf dem Platz bestens. Die Begriffe im Basketball sind schließlich international“, erklärt Flores Moliner, der mit dem Philippiner Rodelio Arcilla zudem einen zweiten spanischen Muttersprachler im Team weiß.

Nach wenigen Einheiten war sich auch der Klub sicher, den Neuzugang gebrauchen zu können. Pikanterweise durfte der wendige Aufbauspieler nach geklärten Passmodalitäten mit dem Verband just am Eggolsheimer Kerwawochenende Einstand feiern. Beim Sieg in Litzendorf führte Moliner erfolgreich Regie und ließ sich auch den anschließenden geselligen Teil nicht entgehen. „Sport in einer Mannschaft ist für mich die beste Form der Integration“, sagt der 19-Jährige, der mit den neuen Kollegen noch einiges erreichen will: „Das Niveau in der Liga ist für den Amateurbereich sehr gut. Unser Team hat richtig Qualität und kann weit vorne landen, wenn alle an Bord sind.“ Geht es nach Flores Moliner, ist er noch richtig lange dabei.

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