Der neue Leiter des Jungen Theaters Forchheim im Interview

6.1.2021, 12:07 Uhr
Alte Hasen im Jungen Theater Forchheim: Martin Borowski (links), JTF-Vorsitzender Robert Hübschmann (Mitte) und Borowskis Vorgänger Lorenz Deutsch (rechts) im Frühjahr 2020. 

© Udo Güldner Alte Hasen im Jungen Theater Forchheim: Martin Borowski (links), JTF-Vorsitzender Robert Hübschmann (Mitte) und Borowskis Vorgänger Lorenz Deutsch (rechts) im Frühjahr 2020. 

Herr Borowski, wie kam es denn, dass Sie der neue künstlerische Leiter geworden sind?

Daran war auch Lorenz Deutsch nicht ganz unschuldig. Wir kennen uns schon seit ich vor anderthalb Jahren nach Forchheim gezogen bin und mich als Regisseur und Theaterpädagoge selbständig gemacht habe. Die Chemie zwischen uns hat gestimmt, und auch zum Theatervorstand wurde schnell Kontakt aufgebaut. Durch die bisherigen Projekte am Jungen Theater Forchheim, konnte ich mich hier bereits künstlerisch einbringen und auch für die Zukunft war weitere Zusammenarbeit vorgesehen. Am Ende ging es durch die personellen Entwicklungen dann doch schneller und vor allem höher als man es anfänglich gedacht hatte. 

Welche Voraussetzungen bringen Sie denn mit, die Sie auf diesem Posten brauchen?

Da ich aus der Theaterpraxis komme, ist es bestimmt von Vorteil, wenn der künstlerische Leiter auch kreative Duftmarken setzen kann. In Ulm habe ich mehrere Jahre die Junge Sparte und die Theaterpädagogik am Theater Ulm geleitet, dazu gehörte auch die Bürgerbühne, die hier am JTF eine besondere Rolle spielt. Auch in der freien Szene war ich immer wieder tätig, deren Regeln mir genauso gut bekannt sind, wie die Strukturen eines Stadttheaters. Den Spaß am Organisieren habe ich sowieso. Dazu kommt noch eine große Motivation, in Forchheim kulturell noch mehr zu bewegen, denn dass das Potenzial da ist, hat das JTF bereits bewiesen.

Der 41-jährige Martin Borowski verbrachte die erste Hälfte seines Lebens im flachen Norden, die zweite im bergigen Süden. Geboren in Danzig, aufgewachsen in Hamburg zog er für das Studium der Theaterwissenschaften mit besonderer Berücksichtigung des Musiktheaters nach Bayreuth. Bereits während des Studiums betätigte er sich vor allem in Hamburg bei zahlreichen Produktionen als Regieassistent. Ab 2011 arbeitete er acht Jahre lang am Theater Ulm, die letzten vier davon als Leitung des Jungen Theater Ulms und der Theaterpädagogik. Als Regisseur inszenierte er immer wieder am Theater Ulm und in der freien Szene der Stadt, außerdem am Theater Konstanz und neuerdings auch am Theater Ansbach. Im Sommer 2019 kündigte er am Theater Ulm und verließ mit seiner Partnerin und der gemeinsamen drei Jahre jungen Tochter die Stadt und zog aus familiären Gründen nach Forchheim. In Franken bestreitet er seitdem seinen Unterhalt mit zahlreichen theaterpädagogischen Projekten, Workshops und Inszenierungen. 

Der 41-jährige Martin Borowski verbrachte die erste Hälfte seines Lebens im flachen Norden, die zweite im bergigen Süden. Geboren in Danzig, aufgewachsen in Hamburg zog er für das Studium der Theaterwissenschaften mit besonderer Berücksichtigung des Musiktheaters nach Bayreuth. Bereits während des Studiums betätigte er sich vor allem in Hamburg bei zahlreichen Produktionen als Regieassistent. Ab 2011 arbeitete er acht Jahre lang am Theater Ulm, die letzten vier davon als Leitung des Jungen Theater Ulms und der Theaterpädagogik. Als Regisseur inszenierte er immer wieder am Theater Ulm und in der freien Szene der Stadt, außerdem am Theater Konstanz und neuerdings auch am Theater Ansbach. Im Sommer 2019 kündigte er am Theater Ulm und verließ mit seiner Partnerin und der gemeinsamen drei Jahre jungen Tochter die Stadt und zog aus familiären Gründen nach Forchheim. In Franken bestreitet er seitdem seinen Unterhalt mit zahlreichen theaterpädagogischen Projekten, Workshops und Inszenierungen.  © Udo Güldner

Wie haben Sie sich bis zu Ihrer Ernennung als Programmchef im Jungen Theater eingebracht?

Leider konnte die szenische Lesung für Kinder, die ich konzipiert habe, pandemiebedingt nicht stattfinden. Dies wird sicherlich nachgeholt, sobald es die Bedingungen wieder erlauben. Dafür konnte im Spätsommer der Theaterspaziergang "Hör mal: Fortschritt" realisiert werden, für den ich mit Janet Siering und Lorenz Deutsch verantwortlich war. Außerdem konnte ich das JTF als Kooperationspartner für ein Theater-Video-Schulprojekt des Landratsamtes zum Thema „Digitale Sucht“ gewinnen. 

Welche Dinge wie den Publikumsrenner ZirkArt, die Ihr Vorgänger Lorenz Deutsch eingeführt hat, oder das legendäre „Offene Podium“ wollen Sie unbedingt fortführen?

Ich sehe überhaupt keinen Grund, irgendeine Veranstaltungsreihe des Jungen Theaters abzusetzen. Meine Aufgabe sehe ich auch nicht darin, dem Theater ein neues künstlerisches Profil zu geben, sondern neue Impulse zu setzen und die Bandbreite zu erweitern. Die eigenen Bürgerbühnen-Ensembles sollen ebenfalls weiterhin eine große Rolle am Theater spielen, genauso wie die Gastspiele und Kooperationen mit anderen Stadteinrichtungen, wie beispielsweise dem Kreisjugendring. Eine meiner ersten Aufgaben wird sein, sich mit allen Beteiligten zusammenzusetzen und über die weitere Zusammenarbeit zu sprechen. Es heißt doch immer: Never change a winning team! Am Ende wird man dann sehen, was gut ankommt und was nicht.

Sie kommen vom Musiktheater, haben selbiges in Bayreuth studiert. Was für neue Ideen haben Sie im Kopf, die es ins Scheinwerferlicht schaffen sollen?

Um das Musiktheater kommt man in Bayreuth nicht herum, jedoch habe ich von Anfang an meinen Schwerpunkt beim Schauspiel gesetzt, vor allem neben dem Studium in der Praxis. In den letzten Jahren bildete das Kinder- und Jugendtheater den Kern meiner Arbeit. Hier sehe ich auch noch großes Potenzial für die Zukunft, auch was die Einbindung der Schulen der Stadt und des ganzen Landkreises angeht. Das war für mich von Anfang an klar. Schließlich arbeite ich ja für das Junge Theater Forchheim.

Im Frühjahr fiel Ihr Workshop für jedermann mit anschließendem Live-Hörspiel den Corona-Maßnahmen zum Opfer. Wird man Sie als künstlerischen Leiter auch auf der Bühne erleben dürfen?

Ich glaube, Lorenz Deutsch hat sich auf der Bühne wohler gefühlt als ich. Solche Auftritte wie beim Improtheater holterdiepolter! wird es von mir nicht geben. Ich sehe mich da eher hinter den Kulissen als Theatermacher und hoffe, dass wir auch eigene professionelle Theaterproduktionen finanzieren werden können. Das bedeutet aber nicht, dass ich grundsätzlich die Bühne meiden werde. Ein künstlerischer Leiter muss auch mal sein Gesicht zeigen.

Wie schätzen Sie die Chancen des neu gegründeten Vereins Kulturpuls ein? Wie sehen Sie die bisherige und auch zukünftige Zusammenarbeit mit der Stadt?

Es findet in Forchheim gerade ein großer Umbruch in der Kulturszene und -politik statt. Wie ich schon erwähnt habe, hat Forchheim da ein riesiges Potenzial, das bisher vielleicht nicht ganz ausgeschöpft wurde. Aber die Chance wurde erkannt: ein Kulturamt wird gegründet, die Kulturschaffenden tun sich im Kulturpuls zusammen. Ich merke, der Wille ist bei allen vorhanden, die kulturelle Entwicklung der Stadt voranzutreiben. Ich bin nun aber der Neue und muss mich persönlich mit allen Institutionen und Personen vernetzen. Ich möchte auf alle zugehen und schauen, wo es unerforschte Berührungspunkte, Möglichkeiten zu Kooperationen, beziehungsweise ihre Fortsetzungen oder aber auch Probleme gibt, die es aus der Welt zu schaffen gilt.

Was macht ein Programmgestalter denn, solange er wegen der Corona-Beschränkungen kein Programm gestalten kann?

Wenn es eine positive Sache in dieser Corona-Pandemie gibt, dann ist es die Ruhe und die Zeit, an Konzepten für die Zukunft zu arbeiten. Alles was ich bereits erwähnt und was ich mir vorgenommen habe, kann ich nun stressfrei angehen. Trotzdem muss das Theater gut vorbereitet sein, wenn plötzlich von einem auf den anderen Tag Veranstaltungen wieder erlaubt werden. Leider glaube ich nicht, dass sich in den nächsten Wochen und Monaten was wesentlich ändert. Aber es gibt jedenfalls genug zu tun, um für die Zukunft, spätestens für die nächste Spielzeit zu planen. Erst einmal heißt es, das Theater durch den Dornröschenschlaf zu begleiten und nach dem Prinzen, der die Prinzessin aus dem Schlaf wachküsst, Ausschau zu halten. 

Interview: Udo Güldner

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