Der „Türken-Martin“ warnt die CSU vor Feindbildern

9.1.2011, 16:15 Uhr
Der „Türken-Martin“ warnt die CSU vor Feindbildern

© Ralf Rödel

Martin Neumeyer stellt Deutschland ein gutes Zeugnis aus. „Wir haben unser Ansehen in der Welt verbessert“, sagt der CSU-Landtagsabgeordnete (MdL) aus dem niederbayerischen Kelheim. „Wir sind nicht mehr die Perfekten, gehen eher unverkrampft mit Arbeit und Leben um.“ Neumeyer ist Integrationsbeauftragter der Staatsregierung, Fan des Münchener Fußballclubs TSV 1860 und freut sich, dass die Spieler in der deutschen Nationalelf „nicht mehr nur Meier, Müller, Huber“ heißen.

Im Pfarrheim Verklärung Christi, alljährlich Arena des CSU-Neujahrsempfangs, berichtete Neumeyer den 80 Gästen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens, was er in zwei Jahren Arbeit als „Türken-Martin“ erreicht hat. Zwar besagt die Mehrheit seiner Ratschläge, dass jeder Ausländer, der nach Bayern kommt und hier leben will, „unsere Werte anerkennen muss, aber nicht zum Schein“.

Fremde Kulturen in Ghetto-Situationen dulde man nicht im Freistaat, wo jeder Fünfte einen Migrationshintergrund hat. „Multikulti“, tadelte der MdL die Linke, sei „Beliebigkeit“ und „klappt nicht“. Neumeyer: „Wer sich weigert, unsere Sprache zu lernen, muss klarstellen, warum er in Bayern leben will“. Auch Sanktionen, die bis zur Abschiebung reichen können, seien „richtig“, um den Integrationsprozess „in die Spur zu bringen“.

Zugleich warnte der Abgeordnete aber vor Feindbildern. In Bayern leben 570000 Muslime. Integration funktioniere mit diesen nur, wenn „ihre Traditionen, ihre Religion und Werte“ anerkannt und „berücksichtigt“ werden. Neumeyer setzt den Hauptakzent seiner politischen Forderung auf eine breite Bildung, die in seinen Augen „der Schlüssel“ zur erfolgreichen Integration sei. Da scheint aber noch viel zu tun zu sein: Denn 75 Prozent der schon in Bayern lebenden Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund haben keinen Schulabschluss.

Gegen das „Totschweigen“

Über all das müsse man endlich „ohne Tabus“ sprechen, findet Neumeyer. Auch über Zuwanderung von weiteren Arbeitskräften will er reden, und sogar anders als sein Parteichef, Ministerpräsident Horst Seehofer, der im Herbst einen Stopp verkündet hatte. Der Abgeordnete möchte nach dem kanadischen Punktsystem vorgehen und berufliche Qualifizierungen von Arbeitssuchenden besonders hoch anrechnen. Aber: Wo einfache Tätigkeiten gefragt seien, „brauchen wir weiterhin den jungen Pizzaschneider“, so der gelernte Gastronom und Brauersohn Neumeyer, der schon Kochkurse mit Türkinnen absolvierte und sein Arbeitsgebiet „zwischen Leberkäs und Döner“ einordnet.

Neumeyer ist kein Scharfmacher, warnte aber vor dem „Totschweigen der Probleme“. Krawallmäßig wie Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin will er jedoch mit dem Thema nicht umgehen. „Die Schlüsse, die Sarrazin zieht, sind aber richtig.“ Für Forchheims CSU-Chef Thomas Werner hat der Sozialdemokrat Thesen „an den Haaren herbeigezogen“, aber dem Volk „aus dem Herzen gesprochen“. Auch Kreischef Udo Schönfelder drängt darauf „alles offen und deutlich aussprechen“, um Rechtspopulisten von „Angstkampagnen“ abzuhalten.