Podiumsdiskussion

Die Klimakrise treibt die Politik auch in Forchheim um

19.7.2021, 20:00 Uhr
Professor Manfred Miosga appellierte an die anwesenden Politiker, die Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase ambitionierter, entschlossener und vor allem schneller anzugehen. 

© Julian Hörndlein Professor Manfred Miosga appellierte an die anwesenden Politiker, die Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase ambitionierter, entschlossener und vor allem schneller anzugehen. 

Die Klimakrise schreitet voran, Miosga zeichnete bereits das Szenario einer Temperaturerhöhung von vier Grad im Vergleich zu vorindustrieller Zeit. „Es gibt ein bezifferbares Risiko, dass die Vier-Grad-Gesellschaft schon bis 2070 Realität wird“, meinte er.

Die Folge: Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen, wie die aktuelle Hochwasserlage beweist. Miosga formulierte den Appell einer „Klimanotstandspolitik“, die sich um die Reduzierung des Treibhausgasausstoßes kümmern müsse. Er machte seine Feststellungen im Pfarrzentrum Verklärung Christi, wo die Energie- und Klimaallianz auch Bundestagskandidaten und Politiker von Grünen, SPD, CSU, FDP, Linke, Freien Wähler, ÖDP und Volt eingeladen hatte. Moderiert wurde der Abend von Markus Ruckdeschel von der Energieagentur Nordbayern.

Zu Beginn schien es noch so, als seien die Parteien in unterschiedlichen Fragen des Klimaschutzes relativ nah beieinander, alle acht Teilnehmer waren für das Ende der Steuerbefreiung von Kerosin, bis auf CSU, FDP und Freie Wähler wurde auch ein Tempolimit auf Autobahnen gefordert.

Dass die Harmonie freilich nur trügerisch war, wurde aber schnell klar. Streitpunkt Nummer 1 war die 10-H-Regel, nach der ein neugebautes Windrad das Zehnfache seiner Höhe von der Wohnbebauung entfernt sein muss. Soll es näher gebaut werden, muss die Kommune einen entsprechenden Beschluss fassen. „Das ist zu klein gedacht“, sagte CSU-Politiker Thomas Silberhorn über die Diskussionen um eine Abschaffung der Regel. Er plädierte dafür, Offshore-Anlagen zu bauen, zum Strom- und Energieträgertransport Pipelines und Stromtrassen.

Die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum kritisierte Silberhorns Argumentation und verwies auf das gescheiterte Windrad-Projekt in Eggolsheim: „Man darf sich bei konkreten Maßnahmen nicht in die Büsche schlagen.“

Die Überzeugung der Gesellschaft, zusammen mit einer Sensibilisierung für die Risiken der Klimakrise, zog sich als Thema durch den gesamten Abend. „Wir brauchen eine gesellschaftliche Diskussion darüber, dass das notwendig ist“, erklärte etwa SPD-Politiker Andreas Schwarz. Man müsse die Menschen von Anfang an im Prozess mitnehmen. Eine Argumentation, der auch Lisa Lösel (ÖDP) folgte: „Den Menschen ist nicht bewusst, wie drastisch die Situation ist.“

Jan Jaegers, Direktkandidat für die Linke, forderte, pro Bundesland zwei Prozent der Fläche für erneuerbare Energien einzusetzen. In Sachen Mobilitätswende waren sich die Teilnehmenden einig, dass sich etwas ändern müsse – CSU, Freie Wähler und FDP hatten dabei noch den Individualverkehr im Blick: „E-Fuels werden immer attraktiver“, sagt Tobias Lukoschek von der Forchheimer FDP.

Keine Alternative?

FW-Politiker Jens Herzog sah aktuell keine bezahlbare Alternative zum Verbrenner. „Das E-Auto ist ein Teil der Lösung, aber noch viel zu teuer“, sagte er. Für Hans-Günter Brünker, der für die Partei Volt als bundesweiter Spitzenkandidat antritt, waren E-Fuels aufgrund einer niedrigeren Effizienz nicht die Lösung. „Wir müssen den ÖPNV langfristig aus Steuermitteln finanzieren“, erklärte er. Damit möchte Brünker einen Nahverkehr schaffen, den alle benutzen können.

Eine Möglichkeit neben der Benutzung von batteriebetriebenen E-Autos ist für einige Politiker die Nutzung von Wasserstoff. „Im Bereich Wasserstoff herrscht aktuell eine Art Goldgräberstimmung“, sagte Andreas Schwarz. Alle Teilnehmenden der Podiumsdiskussion waren sich einig, dass aufgrund der Klimakrise ein gesellschaftliche Umbruch stattfinden müsse. Und für Manfred Miosga drängt die Zeit: Wenn Deutschland weiterhin so viel CO2 ausstößt wie aktuell, sei das CO2-Budget der Bundesrepublik, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, bis 2023 aufgebraucht. „Wir müssen ambitionierter werden“, sagte er.

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