„Ein Auge lacht, das andere weint“

9.4.2014, 07:00 Uhr
„Ein Auge lacht, das andere weint“

© fra-press, Riedel, Galster, Rödel

Seinen zweijährigen Enkel kennt Wiesenthaus Bürgermeister Hans Weisel bisher nur dank der Internet-Bildtelefonie Skype, doch im Lauf des Jahres wird er ihn endlich in die Arme schließen können. Seit drei Jahren forscht Weisels Sohn an einer Universität in den USA, dort leben auch Weisels Enkel, ein Mädchen und ein Junge, fünf und zwei Jahre alt. In diesem Jahr kehren sie zurück nach Deutschland – und zu ihrem Großvater, der ab Mai viel Zeit für sie haben dürfte.

Weisels Amtszeit als Bürgermeister geht Ende April nach zwölf Jahren zu Ende. „Ich habe 30 Jahre Politik gemacht, als Gemeinderat, Erster und Zweiter Bürgermeister. Das reicht“, sagt der 68-Jährige. Natürlich fällt der Abschied nicht leicht, „ein Auge lacht, das andere weint“, sagt Weisel. Pläne hat er genug: Er will sich um Garten und Acker kümmern und mit seiner Frau nach Berlin und Wien reisen.

Weisel (Bürgergemeinschaft) ist einer von zehn Bürgermeistern im Landkreis, die sich in diesem Jahr nicht mehr zur Wahl gestellt haben. Neben Weisel traten Gerhard Sendelbeck (Unterleinleiter), Franz Josef Kraus (Ebermannstadt), Wolfgang Fees (Langensendelbach), Heribert Weber (Hallerndorf), Richard Schmidt (Effeltrich), Werner Wolf (Gräfenberg), Gerhard Schmitt (Dormitz), Willi Müller (Obertrubach) und Otto Siebenhaar (Leutenbach) nicht mehr an. Fast immer nennen die Gemeindechefs Altersgründe für ihren Rückzug.

Fees ist die Ausnahme

Eine Ausnahme ist da Wolfgang Fees. Zwar steht auch er schon seit langer Zeit – seit 18 Jahren – seiner Gemeinde Langensendelbach vor, mit seinen 52 Jahren ist er aber noch vergleichsweise jung. Sein Rückzug hat andere Gründe: Fees vertritt seit Januar 2013 als Vorsitzender des Betriebsrats von Siemens Healthcare rund 10 000 Beschäftigte in Erlangen und Forchheim. „Die Aufgabe ist zu umfangreich, um sie mit dem Mandat eines Bürgermeisters in Verbindung zu bringen“, so Fees. Das Unternehmen wachse – und damit auch die Aufgaben.

Die Gestaltungsmöglichkeiten als Gemeindechef, „die werden einem schon abgehen“, glaubt Fees. Langweilig werde es ihm aber nicht, er ist in zahlreichen Vereinen und der IG Metall engagiert. „Ich bin ein Gemeinschaftsmensch.“ Dem Kreistag wird Fees (SPD) aber erhalten bleiben – ebenso wie Franz Josef Kraus, Gerhard Schmitt (beide CSU) und Otto Siebenhaar (Freie Wähler).

Siebenhaar, dem scheidenden Bürgermeister von Leutenbach, macht die Politik nach wie vor Freude, „aber ich werde das Ganze jetzt ruhiger angehen lassen“. Dass ihm ohne Bürgermeisteramt etwas fehlen wird, glaubt Siebenhaar nicht. Er freut sich auf die Zeit, in der er nicht mehr ständig auf den Kalender schauen muss, um zu sehen, welcher Termin als nächstes anliegt. „Und ich habe ja noch meine Brennerei und mein Hobby“, ergänzt Leutenbachs Gemeindechef. Für das Hobby, die Jagd, habe er nach 20 Jahren im Amt endlich mehr Zeit. Nun will Siebenhaar aber erst einmal seinen jungen Nachfolger Florian Kraft einweisen.

„Sie können sich sicher sein, dass ich nicht in das große schwarze Loch falle“, sieht es Willi Müller ähnlich wie sein Amtskollege. Der Bürgermeister von Obertrubach und Gründer von Schmetterling-Reisen hat in seinem Unternehmen in Geschwand nach wie vor alle Hände voll zu tun. Im Schnitt zehn Nächte im Monat verbringt er fern von der Heimat, erzählt der weitgereiste Müller. Über seinen Rückzug aus der Politik sagt er: „Ich bin sehr zufrieden, sehr glücklich damit, mich mit 67 nicht mehr zu Wahl gestellt zu haben.“

Zwölf Jahre seien genug, „danach besteht die Gefahr der Routine“, sagt Müller, der deshalb auch eine gesetzliche Begrenzung der Amtsdauer für überlegenswert hält. Er wolle nun Platz machen für die Jüngeren. Deshalb sei er auch nicht mehr für den Kreistag angetreten, so der CSU-Bürgermeister. Sein Vorgänger in Obertrubach habe es genauso gemacht, habe den richtigen Zeitpunkt für den Rückzug gewählt und beim Abschied Worte gefunden, die Müller nun wiederum an seinen Nachfolger, Markus Grüner, richtet: „Ich mische mich nicht mehr ein. Aber wenn du mich brauchst, frag.“

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