Ein ruhiger Charakter im Straßenkampf

13.2.2016, 06:00 Uhr
Ein ruhiger Charakter im Straßenkampf

© Foto: André de Geare

Mit Druck könne er gut umgehen, sagt Ulrich Schürr im Verlauf eines sehr langen Gespräches. „Ich empfinde das nicht als Belastung. Die Erwartungshaltung freut mich und ändert nichts an der Situation.“

In Wirklichkeit lastet auf dem gemeinsamen 39-jährigen OB-Kandidaten von CSU und Jungen Bürgern ein ungeheurer Druck. Schürr soll nichts weniger, als einen erfolgreichen Oberbürgermeister nach 26 Jahren beerben und die nur durch den Rebellen Franz Stumpf als WUO-Kandidat kurz unterbrochene Liste der CSU-Bürgermeister seit 1946 weiterführen. „Ein neues Kapitel Forchheim“ nennt er das in seiner, im Gegensatz zu den Konkurrenten, reichlich brav geratenen Werbekampagne.

Doch der so sachliche und korrekte Anwalt — geschäftsführender Gesellschafter einer Nürnberger Kanzlei mit 80 Mitarbeitern — kann auch anders. Das Interview ist weit fortgeschritten, da kommt es zu einem kleinen Gefühlsausbruch. Es geht um die Kulturpolitik, die er sich im Gegensatz zum Amtsinhaber demonstrativ auf die Fahnen geschrieben hat. Andere, so wird Schürr wütend, würden wegen jeder kleinen Sache gleich ihre Gespräche „an die große Glocke hängen“. Er sei vor drei Tagen erst bei Hubert Forscht, einem der Vorstände des Jungen Theaters Forchheim, gewesen. "Wenn ein Verein 70 Prozent hervorragende Arbeit macht und dann keine Kraft mehr für die letzten 30 Prozent hat, dann muss die Stadt helfen.“ Schürr ärgert es, dass seine Art der stillen, leisen Arbeit im Wahlkampf unterzugehen droht.

Alles wird aufgeschrieben

Ein kühler Samstagnachmittag in Kersbach. Die CSU-Helfer haben Pavillons aufgebaut, es gibt Nussecken und Schokokuchen, dazu eine heiße Tasse Kaffee. Ulrich Schürr ist umringt von Wählerinnen und Wählern. Es geht rasch um typisch Kersbacher Themen: Verkehr, Schule, auch ein wenig um die Deponie und die Müllabfuhr. Markus Lehnert weist Schürr auf die Raserei vor der Kindertagesstätte hin. „Da hat die Polizei seit zwei Jahren nicht mehr kontrolliert.“ Thomas Ritzer klagt über die neue Regel, dass jeder sein Grüngut selbst zur Deponie bringen und dafür auch noch zahlen muss. Ein älterer Mann meint, dass der Schwerlastverkehr in der Hauptstraße immer mehr werde.

Schürr hat ein dickes schwarzes Notizbuch dabei, hört lange zu, macht sich Notizen. Zum Schwerlastverkehr werde man sich „etwas überlegen müssen“, sagt er und das mit der abgeschafften Grüngutabfuhr finde er sowieso nicht richtig: „Das haben die Jungen Bürger im Kreis nicht mitgetragen.“ Er wagt auch Widerspruch und meint zu Polizeikontrollen vor der Kita: „Das sind ja nur begleitende Maßnahmen.“ Rechtlich werde man wohl nicht viel machen können. Er ist um eine korrekte Antwort bemüht. Eine Lösung verspricht er nicht.

Das kommt gut an. Thomas Ritzer meint nach dem Gespräch: „Er hat sich Mühe gegeben zu antworten und war interessiert.“

Ehefrau als Ratgeber

Er hat nun einen „Elf-, Zwölf-Stunden-Job“, wie er selbst sagt. Sein wichtigster Ratgeber, betont er, sei seine Frau Kathrin. Sie kennt es, in der Öffentlichkeit zu stehen, und war bis zur Geburt der Tochter Franziska im vergangenen August Pressesprecherin im Landratsamt. „Ich stimme mich in allen wichtigen Fragen mit ihr ab.“

Drei Wochen sind es noch bis zum Wahlsonntag. Heute wird Schürr seine Sitzwürfel zum Gespräch in Forchheim-Nord vor der Metzgerei Lang aufstellen. Was, wenn er trotz seines Favoritenstatus’ scheitern sollte? „Gott, ich bin Sportler, es bricht keine Welt für mich zusammen. Authentisch will ich sein, das ist wichtig.“

Verwandte Themen


2 Kommentare