Eine Glocke in Mittelehrenbach feiert ihre Renaissance

9.2.2021, 12:00 Uhr
"Gloria in excelsis deo Hanns Kopp gos mich zv Vorchheim 1643" steht am oberen Glockenrand – wie in Stein gemeißelt für immer sichtbar. 

© privat "Gloria in excelsis deo Hanns Kopp gos mich zv Vorchheim 1643" steht am oberen Glockenrand – wie in Stein gemeißelt für immer sichtbar. 

Nur ab und zu ist sie noch im Dienst, denn auch die Digitalisierung hat so manche Tücken und Lücken. „Wenn die elektrische Läutanlage ausfällt, nehme ich diese Glocke zum Stundengong, erzählte mir der frühere Schulrektor“, sagt Peter Rau, der Kirchenpfleger, der sich intensiv mit der Glocke beschäftigt hat. „Alle alten Sachen und deren Bewahrung liegen mir am Herzen“, erklärt Rau. 

Alt ist die Glocke durchaus. Gegossen wurde sie 1643 von dem berühmten Forchheimer Kanonen- und Glockengießer Hanns Kopp. Gloria in excelsis deo Hanns Kopp gos mich zv Vorchheim 1643 steht am oberen Glockenrand – wie in Stein gemeißelt für immer sichtbar. „Vermutlich kam sie gleich nach Kunreuth, in die evangelische Kirche“, erklärt Rau. Ob sie von Kunreuth in Auftrag gegeben wurde, darüber sei nichts bekannt. Ebenso wenig, warum sie 1921 nach Mittelehrenbach kam.

Peter Rau

Peter Rau © privat

Für die Mittelehrenbacher jedenfalls war das damals ein Glücksfall, war doch in der Feuerwehrordnung von 1876 festgehalten, dass bei Bränden der Feueralarm durchs Hornblasen geschehen müsse, solange es keine Glocke gibt. „Es war eine Schande, wenn man keine Glocke hatte“, so Rau. Obwohl die Dörfer damals bettelarm waren. Eine Glocke gab es nur in wenigen Orten. 

Die Glocke jedenfalls wurde in den Turm auf dem Gemeindehaus angebracht und läutete, wann sie läuten sollte. Jahr für Jahr. Bis im zweiten Weltkrieg die Kirchturmglocken abgenommen wurden. „Die Glocken wurden eingezogen und für die Waffenproduktion eingeschmolzen“, erklärt Kirchenpfleger Rau. Die Mittelehrenbacher Kirche hatte drei Glocken im Kirchturm. „Zwei Glocken wurden dann entfernt“, erklärt Rau. Eine durfte bleiben und deshalb vermutlich auch diese besondere Glocke. 

Damit wieder zwei Glocken im Kirchturm läuteten, zog die kleine vom Gemeindehaus in den Kirchturm um. Nach dem Krieg wurde das Geläute wieder auf den normalen Stand gebracht und zwei weitere Glocken gekauft. „1961 wurden die zwei Glocken eingeweiht“, weiß Rau. Nur nicht mehr vom Forchheimer Glockengießer, den es da nicht mehr gab, sondern aus dem Allgäu. Keinen Platz mehr hatte die alte Glocke von Kopp gegossen. Diese wurde vom Turm entfernt, auf den Dachboden gebracht und verstaubte dort – bis sie im Turm der Leichenhalle einen neuen Platz fand. 

Doch die Jahre und Umzüge gingen nicht spurlos an ihr vorbei, einen Sprung hat sie bekommen und wurde repariert. „2006 kam die Glocke dann in die Grundschule in Mittelehrenbach“, erzählt Rau. Dort steht sie in der Aula und kann sogar angeschlagen werden. „Auch Erwachsene haben ihre Freude dran.“ Und: „Trotz der Reparatur hat sie einen guten Klang“, betont der Kirchenpfleger. 

1648 hat die Glocke zum Westfälischen Frieden geläutet und den Menschen mit der Botschaft reine Freude übermittelt. Die Schüler freuten sich sicher auch als statt des elektronischen Gongschlags diese Glocke das Ende des Unterrichts verkündete. Ein besonderes Stück ist sie schon. Und handlich, wenn man sich unter Kirchturmglocke ein großes schweres Geläut vorstellt. 

Die Mittelehrenbacher Schulglocke ist etwa 50 Zentimeter groß, misst im Durchmesser 45 Zentimeter und bringt nur 20 Kilo auf die Waage. Dafür unermesslich viel mehr Geschichte und Bedeutung für die Mittelehrenbacher und deren Vorfahren. 

PETRA MALBRICH

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