Expert hat zwei Betriebsräten fristlos gekündigt

24.6.2016, 06:00 Uhr
Expert hat zwei Betriebsräten fristlos gekündigt

© Foto: Horst Linke

Mit Hilfe von ver.di wurde Ende April bei Expert Forchheim ein dreiköpfiger Betriebsrat (BR) gewählt. Monatelange Gespräche gingen dieser Wahl voraus. Unter anderem deswegen, so ein ver.di-Vertreter, weil es in Deutschland in den über 450 Expert-Fachmärkten nur zwei Betriebsräte gibt. Erfahrungen hätten gezeigt, dass Betriebsräte bei Expert mit Schwierigkeiten zu rechnen haben.

An der BR-Wahl beteiligten sich 33 von 34 Mitarbeitern. Allerdings gab es von Beginn an Opposition. 15 Mitarbeiter unterschrieben einen Brief an die Geschäftsleitung, in dem der ver.di-Vertreter zur unerwünschten Person erklärt und eine Betriebsratsgründung als unnötig bezeichnet wurde. Die Gewerkschaft glaubt, die meisten Unterzeichner seien zur Unterschrift genötigt worden.

Anfang Juni legte die Marktleitung zwei Mitarbeitern einen Aufhebungsvertrag vor. Grund: Sie hätten unberechtigte Buchungen vorgenommen. Die beiden unterzeichneten jedoch die Verträge nicht und erschienen am nächsten Tag wieder zum Dienst. Hier wurden ihnen dann fristlose Kündigungen überreicht, wie die Gewerkschaft mitteilt.

Die zwei Mitarbeiter reichten inzwischen Kündigungsschutzklage ein. Außerdem stellt die Gewerkschaft Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit nach Paragraph 119 Betriebsverfassungsgesetz. Hier spielen eine Reihe von Dingen mit hinein, die die Betroffenen als Schikane aufgrund ihrer Betriebsratsarbeit empfinden.

Die Geschäftsführung von Expert Forchheim sitzt in Schweinfurt und leitet insgesamt vier Märkte. Geschäftsführer Thomas Stoll nahm auf Anfrage unserer Redaktion ausführlich zu den Vorwürfen Stellung. Laut Stoll hat Expert „nicht zwei Betriebsratsmitgliedern fristlos gekündigt, sondern zwei Mitarbeitern, die aus unserer Sicht sich grob vertragswidrig verhalten haben, dass nach unserer Ansicht eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Diese Kündigung hätten wir auch gegenüber anderen Mitarbeitern ausgesprochen, auch wenn diese keine Betriebsratsmitglieder wären.“ Nach Ansicht der Gewerkschaft liegt der Verdacht „sehr nahe“, dass ein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit als Betriebsrat und der Kündigung besteht.

Zu den Kündigungsgründen schreibt Geschäftsführer Stoll, es handle sich um „unberechtigte Kassenbuchungen“. Weitere Einzelheiten will er „auch mit Rücksicht auf die Interessen der beiden gekündigten Mitarbeiter hier nicht benennen“. Die Kassenbuchungen als solche hätten „die beiden Mitarbeiter vor Zeugen aber zugegeben. Eine rechtliche Bewertung mag gegebenenfalls ein Gericht treffen“.

Laut ver.di wurde der Betriebsrat vor der Kündigung nicht ordnungsgemäß gehört und hatte demzufolge auch nicht die Möglichkeit, Stellung zu beziehen, wie es im Betriebsverfassungsgesetz vorgeschrieben ist. Geschäftsführer Thomas Stoll bestreitet das: „Der Betriebsrat hat nach entsprechender vorheriger ordnungsgemäßer Anhörung getagt und in einem Beschluss den geplanten Kündigungen zugestimmt. Danach wurden die Kündigungen ausgesprochen.“ Für die beiden gekündigten ordentlichen Betriebsräte rückten zwei Ersatzleute nach.

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