Fliegenfischer in aller Welt blickten nach Hollfeld

5.4.2013, 11:00 Uhr
Fliegenfischer in aller Welt blickten nach Hollfeld

© Thomas Doll

„Manchmal sind die unscheinbaren Dinge im Leben doch die wirklich interessanten“, schreibt Peter Schmidt. Bei einem Antiquitätenhändler wird der Angler auf einen unscheinbaren blauen Aktenordner aufmerksam. Darin: 17 Tafeln mit über 500 Fliegen, allesamt sorgsam beschriftet, die Einteilungen mit Kugelschreiber und Lineal nachgezogen.

Bei dem Fund handelt es sich um einen Werbeordner mit Mustern der Fliegen, die die Hollfelder Firma Bavaria-Fischereigeräte in den 1960er Jahren im Angebot hatte. Die farbenfrohen, in sorgsamer Handarbeit aus Naturmaterialien gebundenen Exemplare dienen Fliegenfischern als Köder.

Peter Schmidt setzt sich mit seinem Freund Thomas Doll zusammen. Gemeinsam bieten sie dem Deutschen Jagd- und Fischereimuseum in München die alten Bavaria-Tafeln an. Von Oktober bis Dezember 2012 sind sie dort zu sehen. „Davon haben wir erst gar nichts mitbekommen“, erzählt Inge Blank, die Tochter der Bavaria-Gründerin Marga Bischoff. „Umso schneller bin ich nach München gedüst.“

"Alles noch mitbekommen"

Auch Marga Bischoff, 89 Jahre alt, freut sich, als sie von der Ausstellung hört. „Sie hat alles noch mitbekommen“, sagt Inge Blank. Die Schau selbst besuchen kann Marga Bischoff aber nicht, die Gesundheit lässt es nicht mehr zu.

In den 1940er Jahren lernt Marga Vogel, wie sie damals noch heißt, ihren Mann Konrad Bischoff kennen und lieben. Beide leben in Bayreuth, arbeiten für die Regierung von Oberfranken. „Mein Vater war ein passionierter Fliegenfischer“, erinnert sich Tochter Inge Blank im Gespräch mit den Nordbayerischen Nachrichten.

So wird sie in Erinnerung behalten: Marga Bischoff beim Fliegenfischen in früheren Jahren.

So wird sie in Erinnerung behalten: Marga Bischoff beim Fliegenfischen in früheren Jahren. © privat

Nach dem Krieg gründen die Bischoffs die Firma Bavaria. Sie starten in Bayreuth, die Suche nach Arbeitskräften führt sie 1951 aber ins ländliche Hollfeld. Los geht es im Hochstahlerweg in angemieteten Räumen, 1954 baut die Familie ein eigenes Betriebsgebäude mit Wohnhaus. Im selben Jahr besuchen die Eheleute die Jagd- und Fischereiausstellung in Düsseldorf. Von da an gewinnt das Unternehmen über die Region hinaus immer mehr an Ansehen.

30 bis 40 Menschen arbeiten in den Hochzeiten für Bavaria. Neben den Fliegen stellt die Firma auch andere Köder her und vertreibt eine Spezialkleidung für Angler, die in Frankreich von der Firma L‘Esquimo hergestellt wird. Marga und Konrad Bischoff knüpfen Kontakte in die ganze Welt. Internationale Gäste, darunter auch Charles Ritz, kommen an Püttlach und Wiesent, um mit den Bischoffs zu angeln und zu fachsimpeln.

1963 steigt auch Tochter Inge Blank in die Firma ein, geht ihren Eltern zur Hand. Drei Jahre später stirbt Konrad Bischoff. Bis 1979 führt seine Frau Marga das Unternehmen alleine weiter, dann gibt sie es aus gesundheitlichen Gründen auf. Ein Pächter übernimmt die Firma, benennt sie bald daraufhin um und zieht mit ihr in die Bayreuther Gegend.

Die freie Zeit, die Marga Bischoff, nach dem Ende der Firma hat, nutzt sie, um ihren Hobbys nachzugehen. Nicht nur das Fliegenfischen ist ihre Leidenschaft, „sie war auch eine interessierte Botanikerin“, sagt Inge Blank. Marga Bischoff lebt zu diesem Zeitpunkt bereits in Ebermannstadt und sieht dort ihre drei Enkel – zwei Mädchen und einen Jungen – aufwachsen.

„Mit ihrem Charme konnte sie erreichen, was sie sonst vielleicht nicht erreicht hätte“, erinnert sich Inge Blank, die eine Edelobstbrennerei in Veilbronn führt, an ihre Mutter. Vor wenigen Tagen ist Marga Bischoff aus dem Leben geschieden. „Sie war ein ganz natürlicher, auf dem Boden gebliebener Mensch – und eine großartige Unternehmerin.“

Mehr über die Firma Bavaria und das Nachbau-Projekt von Thomas Doll im Internet unter www.bavaria-fliegen.de

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