Forchheim: Ein ganzes Haus wird angehoben

8.10.2019, 17:54 Uhr
Forchheim: Ein ganzes Haus wird angehoben

© Roland Huber

Im Stiftungsausschuss des Stadtrates stellte der Tragwerksplaner Bernd Mittnacht aus Würzburg vor, was die Untersuchungen seines Büros ergeben haben. Es ist, kurz gesagt, verheerend. Das Gebäude ist in sich nach allen Richtungen verformt. Es neigt sich in Richtung Wiesent, über der es ja auch erbaut und mit (bröseligen) Sandsteinsäulen abgestützt ist. 50 Zentimeter beträgt die Höhen-Abweichung zwischen der Wiesentseite und der Seite zur Bamberger Straße. Frühere Generationen behalfen sich damit, Stufen einzubauen, um das innere Gefälle zu überwinden. Aber auch nach allen anderen Seiten geht das Haus auseinander, weil die Kräfte, die aufs Gebälk wirken, nicht richtig abgefangen werden.

Apropos Gebälk: Bei der letzten Sanierung von 1981 wurde dem Denkmal, dessen früheste Teile aus dem 14. Jahrhundert stammen, ein Korsett mit Stahlträgern verpasst, von oben bis unten. Die Träger sind dann mit Wänden verkleidet worden, so dass laut Mittnacht "rund 30 Zentimeter Raumverlust" in Kauf genommen wurden. Das damals einbetonierte, massive Treppenhaus ist so schwer und so ungünstig platziert, dass es einerseits die Last aller Decken abbekommt, andererseits drückt es derart aufs Tonnengewölbe im Keller, dass dieses von Rissen durchzogen ist.

Also: Das Treppenhaus wird ausgebaut, durch ein hölzernes ersetzt (einen Aufzug gibt es obendrauf), die Stahlträger verschwinden ebenfalls. Dafür werden tragende Balken, die über die Jahrhunderte ausgebaut wurden, erneuert und das ganze Gebäude angehoben und so "unterfüttert", dass die Ebenen wieder gerade sind. Die Stadträte staunten. Doch Bernd Mittnacht verwies auf verschiedene Gebäude wie etwa das Bayreuther Opernhaus, wo der Dachstuhl auf der ganzen Länge von 28 Metern angehoben und so wieder gerichtet wurde: "Das geht." Das Fachwerk ist an vielen Stellen total vermorscht, oft wurden nur notdürftig Bretter über schadhafte Stellen genagelt und farbig angemalt. PCB und Lindan wurden ebenfalls festgestellt, eine Folge der früher bedenkenlosen Anwendung von Holzschutzmitteln. Doch die Konzentration sei nicht so bedenklich wie im Dachstuhl des Rathauses.

Die Feinplanung für die Sanierung wird, nachdem der Ausschuss sich einstimmig dafür ausgesprochen hat, jetzt angegangen. Dann sollen im nächsten Herbst die Arbeiten ausgeschrieben werden, so dass im Frühjahr 2021 die Arbeiten beginnen könnten, sagte Sigrun Wagner vom städtischen Hochbauamt. Bis dahin will sie die Stadträte auf dem Laufenden halten, was die voraussichtlichen Kosten betrifft. Die erste, sehr grobe Schätzung liegt bei 3,3 bis 3,5 Millionen Euro. Bauherrin ist die Vereinigte Pfründnerstiftung. Sie rechnet damit, dass zwei Drittel der Kosten zu 100 Prozent gefördert werden: 60 Prozent von der Regierung, 40 Prozent von der Stadt. Das restliche Drittel müsste die Stiftung selbst aufbringen.

Konzept für neue Nutzung

Nach der Sanierung sollen Kirche und Alt-Spital wiederbelebt werden als "Treff der Generationen", so das Schlagwort einer eigens dazu eingerichteten Arbeitsgruppe. Ein "Miteinander von Jung und Alt" stellt sich die Arbeitsgruppe vor, "sowie Inklusion und Integration von Menschen mit Handicaps". Auch das sprach die Stadträte als Konzept sehr an.

Die Kirche bleibt Kirche. Wird sie aber profan genutzt, zum Beispiel für Konzerte, Vorträge oder Ähnliches, dann wird das Allerheiligste in einen Nebenraum gebracht. Das sagte Pfarrer Martin Emge in der Arbeitsgruppe zu. Der große Raum mit Fensterfront zur Wiesent, ehemals der Speisesaal des Spitals, soll unter anderem erneut als solcher genutzt werden. Eine kleine Küche und eine Theke werden eingebaut, dann, so Sigrun Wagner, könnte ein "Essensangebot für finanziell schlechter Gestellte" hier stattfinden, möglicherweise in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe, die Arbeitskräfte stellen könnte. Der Seniorenbeirat hat zugesagt, sich um die Organisation zu kümmern.

Im Obergeschoss sind Seminarräume geplant ("von allen zu nutzen, auch von externen Gruppen"), außerdem ein Büro und Nebenräume. Das Dachgeschoss hat zwei Ebenen. Hier soll es zwei große Wohnungen geben (113 und 128 Quadratmeter), die von der Stiftung frei vermietet werden sollen. Alle Aktivitäten stehen darüber hinaus in Verbindung mit dem neuen Katharinenspital und dem dortigen Quartiersmanagement. (Weiterer Beitrag zum Spital Seite 27)

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