Forchheim feiert den Auftakt des "KulturPuls"

24.2.2018, 17:23 Uhr
Die Ausstellung "Unterirdisch" im Kellergewölbe zeigt Werke regionaler Künstler.

© Anestis Aslanidis Die Ausstellung "Unterirdisch" im Kellergewölbe zeigt Werke regionaler Künstler.

Jetzt singen die Buckenhöfener auch noch - und nicht mal schlecht. Johannes Dornheim und Emmo Lochner von der "Buckenhofener Blasmusik" brachten dem KulturPuls ein Ständchen. Dafür ließen sie sogar von Trompete und Posaune ab.

Fast eine Woche lang hatten rund zwei Dutzend ehrenamtlicher Helfer nach Feierabend den Kolpingssaal so umgestaltet, dass er beim Betreten nicht mehr als solcher zu erkennen war. Kein diskreter Charme der 50-er Jahre mehr; dafür aufwendige Licht- und Tontechnik im Wert von rund 300.000 Euro, die Martin Wohlleib aus Neunkirchen am Brand mitgebracht hatte. Die vielen Scheinwerfer und Lautsprecher überforderten indes die jahrzehntealte Elektrik des Gebäudes, so dass die Stadtwerke Forchheim mit einem provisorischen Anschluss dafür sorgten, dass überhaupt das Licht anging.

Nachdenkliche Texte

Für den JTF-Vorsitzenden Ulrich "Ulli" Raab war es ein sichtlich bewegender Moment, dieses kulturelle Großereignis eröffnen zu dürfen. "Genug geredet." Ein zweiwöchiges Spektakel, das ohne zahllose Helfer vor, hinter und neben den Kulissen nicht möglich wäre. Wenn am Donnerstag beim "Franken Slam" die besten Dichter Nordbayerns aufeinandertreffen, dann wird Cris Ortega aus Erlangen nicht ans Mikrofon eilen. Dafür durfte der Poetry Slammer mit seinem nachdenklichen Text die Begeisterung für die junge Literatur wecken.

So wie Liedermacher Uwe Geisler aus Egloffstein mit seiner Band viele Zuhörer für seine anspruchsvollen deutschsprachigen Songs einnehmen konnte. Für den Moderator Lorenz Deutsch bot der Gala-Abend aber auch die Chance, als Techno-Teufelsgeiger die Zuhörer schwindelig zu spielen, um so auf die "Tante Emma Clubnight" hinzuweisen, die das Kolping-House zum Tanzschuppen mutieren lässt. Dann schlüpfte er aus seinem Frack und spielte mit seiner Kollegin Franziska Rachinsky vom Improvisationstheater "Holterdiepolter" aus Nürnberg originelle Sketche voll anarchischen Blödsinns.

Wertvolles Zigaretten-Solo

Der JTF-Chor "messa di voce" machte den Zuhörern mit einigen a capella-Stücken wie Bachs "Badinerie" Appetit auf die "Nacht der Chöre", in der dann auch der Liederverein Forchheim und der Männerchor Eintracht Reuth die Stimmbänder in Schwingung versetzen werden. Für die Hardrock-Legende "Insert Coin" fehlte ebenso die Zeit wie für das Figurentheater Regenbogen, den fränkischen Kabarettisten Bernd Regenauer, das Kammerorchester der Universität Bamberg oder die Anarcho-Clowns von "Gankino Circus". Sie alle kommen noch, um den KulturPuls zu spüren.

Zum Abschluss stellte Hubert Forscht seine neue CD "Alles wird gut" vor. Gemeinsam mit den "Megafonikern", die sich als "FO-Fighters" tarnten, sang und plauderte er über einsame Handwerker und deren Fleischverbrauch, weinte über einen zu Schrott gefahrenen Ford Capri und ließ es auf der Bühne qualmen. Und das wortwörtlich. Denn in seiner Hymne auf die Raucher hatten Alexandra Prechtel und Peter Lassner ein dreiminütiges, dramaturgisch ungewöhnlich wertvolles Zigaretten-Solo. Seine "musikverbalen Dienstleistungen", die der kabarettistische Vorarbeiter mit seinen Gehilfen Bernhard "Heizer" Lauger (Akkordeon), Simon Michael Schmitt (Schlagzeug), Norbert "Nobby" Pöschl und Christian Schönfelder (Gitarre), Reiner "Flatter" Hetterich (Bass) und Ralf "Banz" Heilmann (Piano), sowie Martina Voigt und Robert Hübschmann als Background-Chor anbot, versetzten den Kolpingsaal derart in Ekstase, dass man bei der Hardrock/Metal-Version von "Stadt ohne Mitleid" den altehrwürdigen Putz von der Decke rieseln zu hören glaubte.

Für Verärgerung an einem amüsanten und kurzweiligen Abend sorgte einzig die Abwesenheit der kompletten Stadtspitze. Weder Oberbürgermeister Uwe Kirschstein, noch Bürgermeister Franz Streit oder ein anderer Vertreter waren zum Auftakt des KulturPuls erschienen - und die Kulturbeauftragte Katja Browarzik war die ganze Woche schon krank gemeldet. "Das zeigt deutlich, welche Wertschätzung ehrenamtliche Kulturarbeit in dieser Stadt erfährt," kommentierte JTF-Helfer Claus Mainhardt.

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