Forchheim kämpft nun stärker um Touristen

15.10.2019, 06:00 Uhr
Forchheim kann nicht nur Bier, sondern auch Wein. Zumindest ausschenken und trinken. Bis in Forchheim (wieder) Wein angebaut wird, dürfte noch viel Wasser die Wiesent hinunterrauschen. Das hindert ja nicht daran, sich mit Wein als regionalem Genuss-Mittel zu profilieren wie hier beim Festival der Genüsse im Juli.

© Ralf Rödel / NN Forchheim kann nicht nur Bier, sondern auch Wein. Zumindest ausschenken und trinken. Bis in Forchheim (wieder) Wein angebaut wird, dürfte noch viel Wasser die Wiesent hinunterrauschen. Das hindert ja nicht daran, sich mit Wein als regionalem Genuss-Mittel zu profilieren wie hier beim Festival der Genüsse im Juli.

Wer sich in den letzten zwei Jahren tagsüber häufiger in der Altstadt aufgehalten hat und dabei mit offenen Augen unterwegs war, der hat es bereits bemerken können: In Forchheim laufen deutlich mehr Touristinnen und Touristen herum als dies früher der Fall war. Man erkennt sie vor allem daran, dass sie nicht sturen, nach unten gerichteten, sondern neugierigen, offenen Blickes durch die Straßen streifen, auf der Suche nach unverhüllten Sehenswürdigkeiten. Oft genug schieben sie ein bepacktes Fahrrad mit sich herum.

In der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses des Stadtrates hat der Leiter der Forchheimer Tourist-Info, Nico Cieslar, diese rein privaten und nicht repräsentativen Beobachtungen mit offiziellen Daten untermauert. Die Zahl der Übernachtungen, sagte er, lag in ganz 2018 bei rund 33 000, Ende Juli 2019 bereits bei knapp 29 000. Cieslar rechnet fürs Gesamtjahr 2019 mit bis zu 50 000 Übernachtungen, eine extreme Steigerung zu früheren Jahren, vor allem zurückzuführen auf das neue Hotel am Bahnhof.

Touristiker lieben Zahlen und Kategorien, so auch Nico Cieslar. Ein Tagestourist (keine Übernachtung) gibt im Schnitt 27 Euro am Ort aus. Bei 250 000 Tagestouristen kommt Forchheim auf einen Umsatz von 6,75 Millionen Euro. 33 000 Übernachtung zu je 140 Euro lassen sich zu 4,62 Mio Euro hochrechnen und 2500 Übernachtungen auf dem Wohnmobilstellplatz á 27 Euro entsprechen 92 500 Euro.

Über neue Formen der Social Media-Arbeit und -Ansprache habe die Stadt 2018 rund 70 000 Personen im Rahmen der Kampagne "Forchheim genießen" erreicht, über 200 000 Leute durch die Berichterstattung von Reise-Bloggern, die gezielt nach Forchheim eingeladen und hier betreut wurden.

Festival ausweiten

Forchheim kämpft nun stärker um Touristen

© Archivfoto: Ralf Rödel

Besonders erfolgreich sei auch das "Festival der Genüsse" in der Kaiserpfalz mit regionalen Produkten gewesen. Deswegen werde es 2020 auf drei Tage ausgeweitet und neben dem Pfalzinnenhof auch der Pfalzgraben einbezogen.

Zehn neue Gästeführer werden im März die neue, qualitativ höherwertige Schulung durchlaufen haben und als "Guides" für Touristen zur Verfügung stehen, so Cieslar. Über 80 Prozent der Forchheimer Gästeführer seien dann auch in der Lage, ausländische Touristen auf Englisch Forchheim näher zu bringen.

Ab 2020 wird Forchheim Mitglied der Arbeitsgemeinschaft "Die Fränkischen Städte" sein. Voraussetzung für die Aufnahme war das 2017 beschlossene und seitdem durchgezogene Tourismuskonzept. Die Arbeitsgemeinschaft schaltet gezielt gemeinsame Werbekampagnen für die Mitglieder im In- und Ausland.

Als "Goldene Bieridee 2019" wurde Forchheims "Walk of Beer" vom Bayerischen Brauerbund und vom Hotel- und Gaststättenverband ausgezeichnet.

Die neue Kreuzschifffahrtanlegestelle werde sich, sagte Nico Cieslar, wahrscheinlich erst ab 2021 so richtig bemerkbar machen. Grund: Die Reedereien planen sehr langfristig. Im November werde es eine Vorstellung des Schiffs-Reiseziels Forchheim vor "zahlreichen Reedereien" geben. Sehr viel Umsatz machen in den Worten des Forchheimer Tourismus-Chefs andere Städte mit dem Verkauf von Merchandising-Artikeln (also Souvenirs wie T-Shirts, Krüge etc.) übers Internet. Die Stadt will daher einen eigenen Online-Shop speziell zu diesem Zweck aufbauen.

Ab sofort soll auch das Thema "Geschichte erleben" stärker als bisher in den Mittelpunkt der touristischen Aktivitäten gerückt werden, vor allem in Bezug auf die Festung Forchheim. Im Auftrag des Heimatvereins wurde die Festungsanlage in ihrer ursprünglichen Ausdehnung vermessen, nun soll dazu ein Themenweg erarbeitet werden, sowohl online als auch analog vor Ort, mit grafischen und geschichtlichen Inhalten. Dazu kommt noch ein spezielles Beleuchtungskonzept.

Schließlich das Thema Radverkehr und Tourismus: "Die Beschilderung weist klare Defizite auf", so Cieslar. Radtouristen, die auf den Fernradwanderwegen am Kanal Forchheim erreichen, werden einfach nicht gut genug in die Stadt geleitet, sondern bleiben auf sich allein – und die freundliche Hilfe der Forchheimer – gestellt. Das müsse und werde sich ändern, nicht zuletzt mit Hilfe der neuen Fahrradbeauftragten und der Reaktivierung der AG Radverkehr sowie des Verkehrskonzeptes, dessen Erstellung gerade begonnen hat.

Die Stadträte im Hauptausschuss waren mit dem Gehörten sehr zufrieden und begrüßten die Pläne für die Zukunft. Albert Dorn (FW) wünschte sich, dass man in Forchheims Innenstadt "nach 18 Uhr", wenn "der Karnbaum geschlossen hat", auch noch eine Forelle oder einen Karpfen bekommen kann.

"Keine Fisch-Krise"

Udo Schönfelder, CSU-Kandidat für das Amt des OB, griff dies auf. Er möchte "in der Stadt mit zwei Forellen im Wappen keine Fisch-Krise" bekommen. "Mehr fränkische Küche" wäre ihm auch sehr recht.

Die FGL-Kandidatin fürs Stadtoberhaupt, Annette Prechtel, war mit Cieslars Arbeit auch sehr zufrieden. Ihr Hauptaugenmerk legte sie auf die Verbesserung des Radtourismus. Sie forderte Lade- und Aufpumpstationen an günstigen Stellen im Stadtgebiet. Die erste Ladestation für E-Bikes, sagte Cieslar, werde dieser Tage am Parkscheinautomaten in der Sattlertorstraße gegenüber dem Pfalzgraben installiert.

Manfred Hümmer (FW) forderte OB Uwe Kirschstein (SPD) auf, endlich die seit vielen Jahren versprochene Gestaltungssatzung für "unser Juwel", den Kellerwald vorzulegen, denn hier liege einerseits großes touristisches Potenzial, anderes vieles im Argen. Eine Gestaltungssatzung für die Altstadt wünscht sich darüber hinaus Thomas Werner (CSU): "Es kommt darauf an, dass die Altstadt ihren Charakter behält."

OB Kirschstein, Kandidat für die eigene Nachfolge, dankte Nico Cieslar "für das erfolgreiche Jahr" in Sachen Tourismus. Das angesprochene Beleuchtungskonzept für die Festungsmauer werde wahrscheinlich schon im Dezember vorgestellt.

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